Ein Meilenstein, wie immer man es auch sehen mag: Bundestag macht den umstrittenen Weg frei für staatliche Abgabe von künstlichem Heroin
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Nach jahrelangem Streit über die staatliche Abgabe von künstlichem Heroin (Diamorphin) an Abhängige in speziellen Einrichtungen unter staatlicher Aufsicht beschloss der Bundestag ohne Fraktionszwang am 28.05.2009 mit 349 Ja-Stimmen bei 198 Gegenstimmen und drei Enthaltungen den von der SPD initiierten Gesetzentwurf. Die Union lehnte ihn ab, die Opposition unterstützte ihn.
Voraussetzungen für die Teilnahme sind: Die Betroffenen müssen seit mindestens fünf Jahren opiatabhängig sein, mindestens zwei erfolglose Therapien hinter sich haben und mindestens 23 Jahre alt sein, um für die Abgabe im Frage kommen zu können. Dazu wird Diamorphin als verschreibungspflichtiges Betäubungsmittel eingestuft. Ein Unionsantrag, zunächst weitere Studien durchzuführen, kam nicht mehr zur Abstimmung.
Die SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann betonte, es gehe darum, schwerst Heroinabhängigen mit massiven Gesundheitsproblemen wieder eine Perspektive zu bieten. Während CDU-Experte Jens Spahn von bis zu 80.000 Betroffenen sprach, die nun Diamorphin bekommen würden, ging Reimann von 2.000 bis 3.000 aus. Von einem Ansturm könne keine Rede sein. Spahn kritisierte, dass sich auch viele Diamorphin-Empfänger noch weiter Heroin von der Straße beschafften. Zudem hätten auch Methadon-Empfänger zu 74 Prozent ihren Gesundheitszustand verbessern können. Demnach könnte die Verbesserung auch an der besseren psychosozialen Betreuung in den Modell-Einrichtungen gelegen haben und nicht an dem verabreichten Diamorphin. Der SPD warf Spahn «Koalitionsbruch» vor, da die Bündnispartner entgegen dem Koalitionsvertrag nicht gemeinsam abstimmten. Die SPD verwies darauf, dass es sich um eine ethische Frage handele, bei der der Fraktionszwang wegfalle.
Entwurf eines Gesetzes zur diamorphinen Substitutionsbehandlung BT-Drs. 16/11515