Entscheidung über Demjanjuk-Prozess voraussichtlich nicht vor Ende August
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Die Anklageschrift geht davon aus, dass der gebürtige Ukrainer 1940 von der Roten Armee eingezogen wurde und 1942 in deutsche Kriegsgefangenschaft geriet. Im Juli 1942 sei er von SS-Offizieren für die «Fremdvölkischen Wachmannschaften» ausgesucht worden und habe im Ausbildungslager Trawniki eine militärische Ausbildung erhalten. Daraus sei er mit dem niedrigsten Dienstgrad als «Wachmann» entlassen worden. Im März 1943 sei Demjanjuk in das Konzentrationslager Sobibor im heutigen Polen abkommandiert worden. Dort soll er dann bis zum September 1943 an der Ermordung von mindestens 27.900 Menschen beteiligt gewesen sein.
Demjanjuks Münchner Anwalt Günther Maull rechnet nicht vor Ende September mit einem Prozessbeginn. Andere Juristen vermuten bereits, es könne noch länger dauern. In jedem Fall zeichnet sich ein langer Prozess ab. Ein ärztliches Sachverständigengutachten attestierte Demjanjuk Anfang Juli zwar Verhandlungsfähigkeit. Es schränkte aber ein, dass gegen ihn je Prozesstag nicht länger als zweimal 90 Minuten verhandelt werden darf. Außerdem hat sich Demjanjuk bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert, so dass ein langwieriger Indizienprozess möglich ist.
Ergänzend aus meiner Sicht:
Mit der justiziellen Aufarbeitung des NS-Unrechts hat sich Deutschland lange schwer getan. Um so wichtiger sind solche Verfahren! Wer die Geschichte dieses Verfahrens etwas kennt, weiß, dass John Demjanuk nicht mit "Iwan, dem Schrecklichen" in Treblinka zu verwechseln ist. Demjanuk war zunächst Kriegsgefangener der deutschen Wehrmacht. Die ihm gebotene Chance, als Hilfswilliger der Wehrmacht eingesetzt zu werden, nutzte er. Seinen Dienst verrichtete er für die deutschen Besatzer. Mehr moralische und strafrechtliche Schuld als er tragen seine Vorgesetzten in Sobibor.