Politisches Wetterleuchten am Hindukusch oder Oberst Klein und das deutsche Strafrecht
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Im Krieg herrscht Kriegsrecht, das "Haager Recht", das in erster Linie dem Schutz der Soldaten dient, indem bestimmte Mittel und Methoden der Kriegsführung verboten sind, die als besonders grausam oder gefährlich gelten, aber auch die Zivilbevölkerung in bestimmten Situationen schützt, wenngleich militärische Einsätze unter bestimmten Voraussetzungen kriegsvölkerrechtlich zulässig sind, auch wenn dabei Zivilpersonen verletzt oder getötet werden.
Bei dem "Stabilisierungseinsatz" in Afghanistan gilt für deutsche Soldaten nicht das Kriegsrecht, sondern das deutsche Strafgesetzbuch, nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB auch dann, sofern die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt. So weit so gut.
Faktisch kann sich kein Staat heraussuchen, ob seine Soldaten sich in einem Krieg befinden oder nicht. Rechtlich kann man sich jedoch vor dem "Krieg" drücken etwa mit dem platten Argument, dass ja dann nach dem Grundgesetz die Befehlsgewalt auf die Kanzlerin überginge. Fest steht: Deutsche Soldaten befinden sich am Hindukusch in einem bewaffneten Konflikt mit den Taliban und die Politiker halten durch ein eng begrenztes Mandat daran fest, den Einsatz nicht zum "Krieg" eskalieren zu lassen.
Wir erinnern uns: Nachdem ein Zugführer an einem Kontrollpunkt in wenigen Sekunden zu entscheiden hatte, ob auf ein Fahrzeug in schneller Zufahrt zu feuern ist oder nicht, dauerten die die anschließenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Deutschland einige Monate. Nach Lage der Dinge muss auch Oberst Klein mit einem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren rechnen. Nur: Ist das in der Sache der richtige Maßstab, an dem die Schüsse am Hindukusch zu messen sind?
Grotesk wird es, wenn Regierungsstellen ihre Weigerung, von Krieg zu sprechen, mit Blick auf die politischen Konsequenzen damit begründen, dass andernfalls die Angehörigen der Soldaten nicht in den Genuss ihrer Lebensversicherung kämen!
Wie lange muss unser "Parlamentsheer" noch auf die ihm zustehende parlamentarische Fürsorge warten? Ach ja, es ist ja schon wieder Wahlkampf und wir erinnern uns ...