Zum Beginn des Demjanjuk-Prozesses in München
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Nicht nur organisatorisch misslang der Prozessauftakt leider völlig, sondern man ließ es auch an der notwendigen Sensibilität fehlen, zumal wenn die Journalisten in der "Demjanjuk Sammelstelle" (Änderung um 22:44 Uhr: richtig muss es heißen "Sammelzone" siehe meinen Beitrag unten) warten mussten. Als Angehöriger der Münchner Justiz hätte ich es mir, wie auch viele meiner Richterkolleginnen und -kollegen, ganz anders gewünscht. Jetzt kann ich nur hoffen, dass aus den Fehlern die notwendigen Lehren gezogen werden.
Aber auch der anstehende Prozess kann nicht zum Ruhm der deutschen Justiz beitragen. Nicht nur der bereits von der Verteidigung am ersten Prozesstag formulierte Vorwurf der "Doppelstandards" wird den Prozess begleiten (Warum Demjanjuk als einem ganz kleinen Rad in der Mordmaschinerie und nicht die anderen?), sondern auch die Frage, wie es die deutsche Justiz mit Naziverbrechen hielt und hält.
In der heutigen FAZ Nr. 279 zitiert der Journalist Friedrich Schmidt aus gutem Grund den emeritierten Strafrechtslehrer Christiaan F. Richter von der Universität Amsterdam mit den Worten: "Um Demjanjuk würde sich niemand kümmern, wäre an ihn nicht der Kilo hängen geblieben, er sei ´Iwan der Schreckliche` - der er nachweislich nicht ist." In den Köpfen vieler dürfte sich diese Verwechslung aber fest gesetzt haben.
Wichtig ist jetzt, wie vor den Augen der Weltöffentlichkeit dieser Prozess bei der Wahrheitssuche abäuft, dessen Beweisführung vor allem an einem mit Dienstausweis der SS hängt. Der Angeklagte will keine Angaben machen. Ausgang des Verfahrens offen.