Steueraffäre: Ist der von § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG erfasste Ankauf entwendeter Bankdaten "unbefugt" bzw. durch Notstand gerechtfertigt?
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Mit dieser Frage setzen sich heute in der FAZ auf der Seite "Staat und Recht" S. 6 die beiden Strafrechtsordinarien Prof. Dr. Klaus Lüderssen, Frankfurt a.M., und Prof. Dr. Kai Ambos, Göttingen, in zwei getrennten Beiträgen auseinander - mit unterschiedlichem Ergebnis,wie zu erwarten. Übereinstimmend sehen aber beide § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG (Text hier am Ende abgedruckt) als die einschlägige Strafnorm an.
Lüderssen sieht eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur eigennützigen Verwertung von Geschäftsgeheimnissen nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG für gegeben (alternativ Begünstigung, § 257 StGB, "Haushaltsuntreue", § 266 StGB, und unbefugtes Beschaffen personenbezogener Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, § 44 i.V.m. § 43 Abs. 2 Nr. 2 Bundesdatenschutzgesetz). Eine Rechtfertigung durch Notstand gemäß § 34 StGB lehnt er ab, weil es - um dem Gesetzesvorbehalt zu genügen - für den Staat an einer speziellen Ermächtigungsnorm fehle.
Dagegen erfolgt nach Ambos im Rahmen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG die Verwertung/Mitteilung nicht "ungefugt". Wegen des überwiegenden Interesses liege ein Fall des rechtfertigenden Notstands vor, so dass der staatliche Ankauf entwendeter Bankdaten nach dem UWG nicht strafbar sei. Rechtfertigender Notstand werde "zwar im vorliegenden Fall mit dem Argument abgelehnt, dass § 34 kein allgemeines Unrechtsverhinderungsrecht darstellt, doch ist das nicht überzeugend. Denn § 34 liegt der allgemeine Gedanke einer Abwägung und des überwiegenden Interesses zu Grunde, der jedenfalls dann fruchtbar gemacht werden kann, wenn damit nicht vorrangige strafprozessuale Ermächtigungsgrundlagen umgangen werden."
Persönlich halte ich es mit Lüderssen. Im Bereich der gesamten staatlichen Eingriffsverwaltung ist es m.E. ausgeschlossen, gesetzlich beschränkte Eingriffserlaubnisse - auch wenn generalklausartig formuliert - durch ungebundene Notstandsrechtfertigung zu substituieren. Die Güterabwägung im Rahmen des rechtfertigenden Notstands läuft darauf hinaus, dass der Zweck die Mittel heiligt. Beim Ankauf entwendeter Bankdaten - insoweit hat Ambos recht - ist es schon fraglich, ob die von den Banken geltend gemachten Rechtsgüter hier überhaupt Schutz verdienen, wenn sich die Banken faktisch an der Steuerhinterziehung beteiligen. Auch geht es präventiv um den Schutz des deutschen Steueraufkommens. Zu einer solchen Güterabwägung kommt man jedoch m.E. nicht. Geht es um Handlungen, deren Vornahme in die alleinige Kompetenz der Staatsorgane fällt, vermag § 34 StGB nicht die erforderliche spezielle Sondererlaubnis zu ersetzen. Da heiligt der Zweck nicht die Mittel (wie sich auch am uneingeschränkten Verbot der Folter zeigt, mag auch eine Güterabwägung einen anderen Weg zeigen).
§ 17 UWG (Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen)
1) Wer als eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihr im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, mitteilt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen,
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1.sich ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis durch
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a)Anwendung technischer Mittel,
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b)Herstellung einer verkörperten Wiedergabe des Geheimnisses oder
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c)Wegnahme einer Sache, in der das Geheimnis verkörpert ist,
unbefugt verschafft oder sichert oder
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2.ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das er durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Mitteilungen oder durch eine eigene oder fremde Handlung nach Nummer 1 erlangt oder sich sonst unbefugt verschafft oder gesichert hat, unbefugt verwertet oder jemandem mitteilt.
(4) 1In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. 2Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
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1.gewerbsmäßig handelt,
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2.bei der Mitteilung weiß, dass das Geheimnis im Ausland verwertet werden soll, oder
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3.eine Verwertung nach Absatz 2 Nr. 2 im Ausland selbst vornimmt.
(5) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
(6) § 5 Nr. 7 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.