Richtervorbehalt bei Blutprobenentnahme: Weg damit!
Gespeichert von Carsten Krumm am
...so lautete vor 1 1/2 Jahren mein (oft kritisierter) Aufsatz in ZRP 2009, 71. Nun wird z.B. hier, hier und hier von der geplanten Neuregelung berichtet. Geplant ist u.a. § 81a Abs. 2 StPO wie folgt zu ergänzen:
Einer richterlichen Anordnung bedarf es nicht in den Fällen der §§ 315a und 315c bis 316 des Strafgesetzbuchs, wenn eine Blutprobenentnahme dem Nachweis von Alkohol, Betäubungsmitteln oder Medikamenten im Blut dienen soll. § 98 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
M.E. hätte man die Anordnungskompetenz für Blutprobenentnahmen gleich komplett freigeben sollen, da nur neue Probleme zu erwarten sind. Was, wenn der anordnende Beamte sich zunächst nur eine andere Straftat vorstellt. Gibt es dann ein Beweisverwertungsverbot - ganz oder nur teilweise (im Hinblick auf die nicht im Gesetz erwähnten Straftaten)?
Zudem ist der Vollrausch in dem Straftatenkatalog nicht enthalten...
Und dann ist mir nicht klar: Warum sollte etwa nach einer gefährlichen Körperverletzung unter Alkoholeinfluss oder einem Kapitaldelikt eine richterliche Anordnung für die Blutprobenentnahme i.d.R. erforderlich sein, nach § 316 StGB jedoch nicht?
Nachtrag: Blogleser Thomas Berthold (Danke!!!) hat mir kurz nochmals den Gesetzesantrag zugemailt, aus dem ich eine Sequenz einfüge:
"...Die Sicherstellung effektiver Strafverfolgung ist ein wichtiger verfassungsrechtlicher Grundsatz. Eine effektive Strafverfolgung insbesondere von alkoholisierten oder unter Betäubungsmitteleinfluss stehenden Fahrzeugführern erfordert eine möglichst umgehende Entscheidung über die Entnahme einer Blutprobe. Verzögerungen bei der Blutentnahme vermindern wegen des schnellen Abbaus der Alkohol- bzw. Wirkstoffkonzentration im Blut die Genauigkeit der Feststellung. Zeitliche Verzögerungen bei der Blutentnahme können auch durch Rückrechnung nicht kompensiert werden, denn bei jeder Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration auf den Tatzeitpunkt muss zugunsten des Beschuldigten von zwar theoretisch vorkommenden, aber der Realität regelmäßig nicht entsprechenden Abbauwerten ausgegangen werden. Mit der Einholung einer richterlichen Anordnung ist stets eine gewisse zeitliche Verzögerung verbunden, selbst wenn der Richter - was bei Blutprobenentnahmen regelmäßig der Fall ist - ohne Vorlage der Ermittlungsakten allein aufgrund der ihm telefonisch mitgeteilter Informationen des Polizeibeamten vor Ort und des entsprechenden Antrags der Staatsanwaltschaft entscheidet. Die derzeitige Rechtslage kann mithin dazu führen, dass eine Blutalkoholkonzentration angenommen werden muss, die den Straftäter einer Sanktionierung entzieht, oder eine Straftat folgenlos bleibt, weil die Blutalkohol- oder Wirkstoffkonzentration zum Tatzeitpunkt nicht mehr festgestellt werden kann. Die Beurteilung der Frage, wann und durch wen die Entnahme einer Blutprobe unter dem Gesichtspunkt der Gefahr im Verzug angeordnet werden darf, ist zudem mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Unterschiedliche Auslegungen des Gesetzes haben hier zu Unschärfen und Anwendungsschwierigkeiten geführt, die zur Folge haben können, dass angesichts der Rechtsunsicherheiten von der erforderlichen Anordnung einer Blutprobenentnahme abgesehen wird. Von unter Alkohol- oder Betäubungsmitteleinfluss stehenden Fahrzeugführern gehen erhebliche Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs und andere Verkehrsteilnehmer aus. Der Einfluss von berauschenden Mitteln in Form von Alkohol, Betäubungsmitteln oder Medikamenten stellt im Straßenverkehr eine der Hauptursachen für Verkehrsunfälle mit schweren Folgen dar. Fahrten unter Alkohol- Betäubungsmittel- oder Medikamenteneinfluss müssen deshalb im Interesse der Verkehrssicherheit effektiv geahndet werden können. Das ist nach derzeitiger Rechtslage aus den dargestellten Gründen nicht sicher gewährleistet. Durch die derzeitige Rechtslage wird – das zentrale Anliegen des Strafverfahrens - in rechtsstaatlich nicht gebotener Weise erschwert...."