Juristen oder Kriegsverbrecher?
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Immerhin steckt im Kern der Berufsbezeichnung des Juristen noch ein Bezug zur Gerechtigkeit, beim Lawyer steckt Law drin. Dies scheint aber, betrachtet man zwei Meldungen aus den USA, die in dieser Woche bekannt wurden, bei den dortigen dem Militär dienenden Juristen, aus dem Blick geraten zu sein.
Erste Meldung (Quelle): In einem durch wikileaks bekannt gewordenen Dokument wird auf die Frage der Apache-Hubschrauber-Besatzung, ob man auf zwei Männer, die sich ergeben wollten, schießen dürfe, geantwortet:
"Lawyer states they cannot surrender to aircraft and are still valid targets."
Dies widerspricht Art. 23 der Haager Landkriegsordnung von 1907, der sich die USA vor 100 Jahren angeschlossen haben.
Zweite Meldung (Quelle): Der seit acht Jahren in Guantanamo inhaftierte Omar Khadr hat ein umfassendes Geständnis abgelegt, um im Gegenzug eine zeitliche Freiheitsstrafe zu erhalten, deren Rest er (möglicherweise) in seinem Heimatland Kanada absolvieren darf. Hintergrund: Der Vorsitzende des Militärtribunals hat die mittels (von den Vernehmungsbeamten nicht bestrittenem) Druck durch Schlafentzug und sonstige Maßnahmen erzielten selbstbelastenden Angaben des damals noch jugendlichen Gefangenen als Beweismittel zugelassen. Khadrs Verteidigung blieb offenbar nichts anderes übrig, als durch Deal eine mildere Strafe zu erreichen (die soll nach ersten Meldungen wohl weitere acht Jahre betragen). Es hätte ihm ansonsten lebenslang gedroht. Khadrs Tat: Als er durch amerikanischen Beschuss schon schwer verletzt war, soll er eine Handgranate geworfen haben, mit der ein US-amerikanischer Sanitäter getötet wurde. In der Lesart der US-Militärjustiz ist diese Tat deshalb ein "Kriegsverbrechen", weil Khadr kein regulärer Soldat gewesen sei.
"U.S. government is saying that the killing of a combatant openly on the battlefield is a war crime when committed by an irregular combatant. It's a novel legal argument: Merely engaging in battle as an insurgent rather than as a member of a regular army has never made such battlefield conduct a war crime." (Quelle)
Erstmalig wird damit ein Minderjähriger wegen Kriegsverbrechen verurteilt - dieses Verdienst darf sich Obama an die Brust heften, gleich neben den Orden für die versprochene (aber nicht eingehaltene) Schließung von Guantanamo, wo immer noch 174 Gefangene (Quelle) ohne Gerichtsverfahren "schmoren".
Zweierlei Maß: Der "Lawyer", der bequem in der Leitzentrale sitzt und von dort aus mal eben die rechtswidrige Tötung von sich ergebenden Gegnern "genehmigt".
Der fanatisierte Jugendliche, der in einer Kampfhandlung den Sanitäter tötet - von ihm wird ein Geständnis erpresst und er wird verurteilt.