Keine Wiederaufnahme trotz Verstoßes gegen EMRK im Falle des gekündigten Kirchenmusikers
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Über die kontrovers diskutierten Urteile des EGMR in Sachen Schüth und Obst ist an dieser Stelle (Blog-Beitrag vom 23.9.2010) bereits berichtet worden. Mit dem Fall Schüth hatte sich jetzt erneut das LAG Düsseldorf (Urteil vom 4.5.2011 - 7 Sa 1427/10, Pressemitteilung vom 4.5.2010) zu befassen. Zur Erinnerung: Herr Schüth war seit dem Jahre 1983 bei der beklagten katholischen Kirchengemeinde als Kirchenmusiker tätig. Diese kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31.3.1998 mit der Begründung, der noch verheiratete Kläger unterhalte nach Trennung von seiner Ehefrau eine außereheliche Beziehung. Die Ehe des Klägers wurde im August 1998 geschieden. Die Kündigungsschutzklage des Kirchenmusikers hatte vor dem LAG Düsseldorf keinen Erfolg. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zum BAG blieb im Jahr 2000 ebenso ohne Erfolg wie dessen Verfassungsbeschwerde im Jahr 2002. Auf die Individualbeschwerde des Klägers vom 11.01.2003 zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschied dieser am 23.9.2010, dass Artikel 8 der EMRK, nämlich das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, verletzt sei. Die von Herrn Schüth erhobene Restitutionsklage blieb jedoch vor dem LAG Düsseldorf erfolglos. Die Wiederaufnahme des ursprünglichen Kündigungsschutzverfahrens hielt das LAG für nicht zulässig. Zwar sähe § 580 Nr. 8 ZPO als Wiederaufnahmegrund für ein nach nationalem Recht rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren die Feststellung der Verletzung der EMRK durch den EGMR vor. Dieser neu eingeführte Restitutionsgrund habe für den Kläger jedoch nicht zur Anwendung kommen können, weil er aufgrund der Übergangsvorschrift des § 35 EGZPO nicht auf Verfahren anzuwenden sei, die vor dem 31.12.2006 rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Dies sei vorliegend der Fall. Unabhängig davon habe der Kläger die Frist des § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO von fünf Jahren für die Erhebung der Restitutionsklage nicht eingehalten. Das LAG hat die Revision zum BAG zugelassen. Das letzte Wort ist also auch nach nunmehr über 13 Jahren immer noch nicht gesprochen.
Zum Thema passt der Hinweis auf einen Antrag der Fraktion „Die Linke“, der die Grundrechte (Schutz vor Entlassung, Streikrecht) der Beschäftigten von kirchlichen Einrichtungen stärken soll (BT-Drs. 17/5523).