Update zur Beschneidungsdebatte – Wie der Gesetzgeber den Normbruch verhindern kann!
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Die Entscheidung des LG Köln NJW 2012, 2128 führte auch hier im Blog zu einer intensiven Diskussion über die Frage der Strafbarkeit einer Beschneidung (zum aktuellen Stand der Diskussion BeckOK-StGB/Eschelbach § 223 Rn. 9, 35. 1 ff). Nun hat in einem Beschluss das OLG Hamm vom 30.8.2013 –3 UF 133/13 – es einer Mutter aus Kenia untersagt, entsprechend den kulturellen Riten ihres Heimatlandes ihren sechs Jahre alten Sohn beschneiden zu lassen (näher dazu im Blog bereits DirAG Burschel): Die Eltern und der Arzt müssten den Eingriff vorher mit dem Kind „in einer seinem Alter und Entwicklungsstand entsprechenden Art“ besprechen. Außerdem sei die Einwilligung der Eltern nur wirksam, wenn sie vorher umfassend über die Beschneidung aufgeklärt worden sein.
Den rechtlichen Hintergrund dieser Entscheidung bildet der im Zuge der erregt geführten öffentlichen Diskussion neu ins Familienrecht eingefügte § 1631 d BGB (Beschneidung des männlichen Kinds):
(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.
(2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.
Die wohl erste Entscheidung zu dieser Bestimmung respektiert zwar die religiösen Riten, es beachtet aber auch das Recht des Kindes. Je älter das Kind ist, das beschnitten werden soll, umso mehr muss dessen eigener Wille ermittelt und berücksichtigt werden.
Warum ich diese Entscheidung auch für das Strafrecht ausgewählt habe? Das Strafrecht tritt erst mit dem Normbruch auf dem Plan. Wie die vorliegende Umsetzung des § 1631 d BGB zeigt, ist es ein Glücksfall, wenn es dem Gesetzgeber gelingt, dass es gar nicht zu dem Normbruch kommt!