Krank zum Personalgespräch?
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Ein Arbeitnehmer, der arbeitsunfähig erkrankt ist, muss nicht arbeiten, kann also zu Hause oder im Krankenhaus seine Krankheit auskurieren bis seine Arbeitsfähigkeit wieder hergestellt ist. Darf er gleichwohl – vor allem bei länger andauernder Erkrankung vom Arbeitgeber zu einem Personalgespräch einbestellt werden? Mit dieser Frage hatte sich kürzlich das BAG (Urteil vom 2. November 2016 - 10 AZR 596/15 -, PM 59/16) auseinanderzusetzen. Ausgangspunkt ist die gesicherte Erkenntnis, dass der Arbeitgeber aufgrund seine Direktionsrechts (§ 106 GewO) ein Gespräch über die Erbringung und die Qualität der Arbeitsleistung anberaumen kann und der Arbeitnehmer zur Teilnahme verpflichtet ist (BAG 23.6.2009 – 2 AZR 606/08, NZA 2009, 1011). Eine andere Beurteilung greift nach Ansicht des BAG jedoch Platz, wenn das Personalgespräch in die Zeit der Erkrankung des Arbeitnehmers fällt. Da der erkrankte Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen müsse, sei er grundsätzlich auch nicht verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen oder sonstige, mit seiner Hauptleistung unmittelbar zusammenhängende Nebenpflichten zu erfüllen. Allerdings gelte dies nicht ausnahmslos. So sei es während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber nicht schlechthin untersagt, mit dem erkrankten Arbeitnehmer in einem zeitlich angemessenen Umfang in Kontakt zu treten, um mit ihm im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Möglichkeiten der weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern. Voraussetzung sei, dass der Arbeitgeber hierfür ein berechtigtes Interesse aufzeige. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer sei jedoch nicht verpflichtet, hierzu auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, es sei denn, dies ist ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und der Arbeitnehmer ist dazu gesundheitlich in der Lage. Im konkret entschiedenen Fall konnte der für die Unverzichtbarkeit des Erscheinens im Betrieb darlegungs- und beweispflichtige Arbeitgeber solche Gründe nicht aufzeigen. Folglich war der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, der Anordnung, im Betrieb zu einem Personalgespräch zu erscheinen, nachkommen. Die deswegen ausgesprochene Abmahnung war daher zu Unrecht erfolgt, weshalb der klagende Arbeitnehmer ihre Entfernung aus der Personalakte verlangen konnte.