BAG zu diskriminierenden Stellenausschreibungen
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Das BAG (Urteil vom 26.1.2017, 8 AZR 73/16) hat in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung seine neu konturierte Rechtsprechung zur Diskriminierung bei der Einstellung fortentwickelt. Es zeigt sich dabei, dass es insbesondere auf die sorgfältige Auslegung der Stellenausschreibung ankommt.
Im jetzt entschiedenen Fall ging es um einen bereits mehrfach in Erscheinung getretenen Kläger. Gleichwohl wird die Thematik des Missbrauchs in diesem Urteil allerdings nicht aufgegriffen. Vielmehr scheitert die Klage aus anderen Gründen.
Der Sachverhalt ist schnell dargestellt. Der Kläger, ein 1953 geborener, promovierter Rechtsanwalt bewarb sich bei einem Prüfungsverband im Sinne des Genossenschaftsgesetzes auf eine im September 2012 in der NJW veröffentlichte Stellenanzeige, die auszugsweise folgenden Inhalt hatte:
„Zum nächstmöglichen Zeitpunkt können Sie uns innerhalb unseres Beratungsdienstes im Bereich Recht als
Referent/in Recht
unterstützen.
Ihr Aufgabengebiet umfasst die rechtliche Beratung und Betreuung unserer Mitglieder in fast allen Bereichen des Bürgerlichen Rechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts, des Wettbewerbs- sowie des Bank- und Aufsichtsrechts. Hierbei beantworten Sie konkret eingehende Anfragen und fertigen gutachterliche Stellungnahmen an. Ein weiterer Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit liegt in dem Monitoring der deutschen und europäischen Gesetzgebung auf den für unsere Mitgliedsunternehmen relevanten Rechtsgebieten sowie der Analyse von etwaigen Auswirkungen auf deren Geschäftsbetrieb.
Für diese Aufgabe suchen wir eine/n Volljuristin/en mit mindestens einem Prädikatsexamen, und ersten einschlägigen Berufserfahrungen. Aber auch Berufsanfänger, die in den genannten Rechtsgebieten ihre Interessenschwerpunkte wiedererkennen, sind willkommen; mindestens gute Kenntnisse der englischen Sprache sind jedoch in jedem Fall notwendig.“
Nachdem der Kläger eine Absage erhalten hatte, machte er Ansprüche auf Entschädigung in Höhe von 10.000,- Euro und auf Schadensersatz in Höhe von 50.000,- Euro geltend.
Das BAG gelangt in letzter Instanz zu dem Ergebnis, dass die Beklagte die Stelle nicht entgegen § 11 AGG unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ausgeschrieben habe und die Stellenausschreibung bereits deshalb nicht geeignet sei, die Vermutung iSv. § 22 AGG zu begründen. Die Stellenausschreibung enthalte zwar mit der Formulierung „erste Berufserfahrung“ und „Berufsanfänger“ Begriffe, die mittelbar iSv. § 3 Abs. 2 AGG mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter“ verknüpft sein könnten. Dies sei insbesondere anzunehmen, wenn damit signalisiert werde, lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter/innen zu haben, weil dadurch Personen mit längerer Berufserfahrung, die typischerweise ein höheres Lebensalter aufweisen, ausgeschlossen würden. Die Auslegung der Stellenausschreibung ergäbe jedoch, dass der Beklagte nicht Personen eines bestimmten Lebensalters ansprechen und andere ausschließen wollte. Der Beklagte habe nicht „eine/n Volljuristin/en“ mit „erster Berufserfahrung“ als solcher oder als „Berufsanfänger“ an sich gesucht. Vielmehr sollten die Bewerber bzw. die Bewerberinnen entweder erste „einschlägige“ Berufserfahrungen haben oder als Berufsanfänger „in den genannten Rechtsgebieten ihre Interessenschwerpunkte wiedererkennen“. Dabei beziehe sich sowohl der Begriff „einschlägig“ als auch die Formulierung „in den genannten Rechtsgebieten“ auf die Passage in der Stellenausschreibung, in der das Aufgabengebiet der Stelle beschrieben ist, nämlich die rechtliche Beratung und Betreuung der Mitglieder des Beklagten in fast allen Bereichen des Bürgerlichen Rechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts, des Wettbewerbs- sowie des Bank- und Aufsichtsrechts. Damit sei die Stellenausschreibung des Beklagten dahin zu verstehen, dass dieser „eine/n Volljuristin/en“ suchte, die bzw. der entweder erste Berufserfahrungen in den genannten Rechtsgebieten oder eine erste nähere Befassung mit diesen Rechtsgebieten aufweisen konnte. Die Anforderung bereits vorhandener erster einschlägiger Berufserfahrung in den genannten Rechtsgebieten sei altersunabhängig; insbesondere sei es weder so, dass die berufliche juristische Tätigkeit typischerweise in den genannten Rechtsgebieten - insbesondere im Handels- und Gesellschaftsrecht, im Wettbewerbs- sowie im Bank- und Aufsichtsrecht - begonnen, noch dass sie in den genannten Rechtsgebieten typischerweise in einem bestimmten Alter ausgeübt wird. Entsprechende Berufserfahrungen könnten mithin in jedem Alter gemacht werden. Soweit darüber hinaus mit der Stellenausschreibung auch Berufsanfänger angesprochen würden, die naturgemäß noch keine entsprechende Berufserfahrung aufweisen könnten, liege darin allenfalls eine Öffnung des Bewerbungsverfahrens auch für Jüngere und damit keine Benachteiligung Älterer.