Werbung für Schwangerschaftsabbruch: Jetzt erlaubt?
Gespeichert von Dr. Sylvia Kaufhold am
Gem. § 219a Abs. 1 StGB macht sich strafbar, „wer öffentlich ... seines Vermögensvorteils wegen … eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs … anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt“. Dieses sogen. Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche wurde bekanntlich zuletzt einer Gießener Allgemeinärztin zum Verhängnis, die deshalb vom AG bzw. LG Gießen zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Im Revisionsverfahren vor dem OLG Frankfurt a.M. kann sie nach der Meistbegünstigungsklausel (§ 2 Abs. 3 StGB) nun auf einen Freispruch hoffen. Oder doch nicht?
Gem. § 219a Abs. 2 und 3 StGB galt und gilt das Werbeverbot nicht in der Kommunikation gegenüber Ärzten und Beratungsstellen sowie im medizinischen Fachhandel, denn irgendwie müssen die involvierten Personen ja an die für erlaubte Schwangerschaftsabbrüche benötigten Informationen und Mittel kommen. Jetzt soll auch die Außendarstellung der Ärzte selbst in diese „Privilegierung“ einbezogen werden. Seit wenigen Tagen gilt eine weitere, im Gesetzgebungsverfahren hochumstrittene Ausnahme vom Werbeverbot, die mit umfangreichen Änderungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) einhergeht (zum Ganzen Frommel, JM 4/2019, 165; Kubiciel, ZRP 2018, 13). Nicht nur der DAV hatte sich demgegenüber mit guten Gründen für eine völlige Streichung von § 219a StGB oder zumindest der Worte „anbietet, ankündigt“ eingesetzt.
Gem. § 219a Abs. 4 StGB n.F. gilt es u.a. nicht (mehr) als strafbare Werbung, wenn „Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen … auf die Tatsache hinweisen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 bis 3 vornehmen“ (im Original ohne Fettdruck). Vordergründig werden damit neutrale Informationen über Abtreibungen in gleicher Weise erlaubt wie dies für jede andere ärztliche Leistung standesrechtlich seit langem anerkannt ist. Wie bei Anwälten ist es eben keine „Werbung“ im eigentlichen Sinne, wenn das eigene Leistungsspektrum, wie heute insbesondere im Internet üblich, sachlich und informativ beschrieben wird. Dabei versteht es sich eigentlich von selbst, dass keine verbotenen oder gar für beide Seiten strafbare Leistungen „beworben“ werden. Das muss man nicht eigens dazu sagen, zumal über die zum Abbruch angewandten Methoden weiterhin nichts ausgesagt werden darf.
Allerdings: Wie sonst ist die ausdückliche Einschränkung bei der Neuregelung zu verstehen, dass das Werbeverbot (nur) für gem. § 218a Absatz 1 bis 3 StGB straffreie Abtreibungen gilt? Und was ist mit dem ärztlichen Pflichtenkatalog gem. § 214c StGB, der hier keine Erwähnung findet? Der Gesetzesbegründung ist, außer der Wiederholung des Gesetzestextes, nur zu entnehmen, dass Informationen über „zugelassene Schwangerschaftsabbrüche“ ihrerseits straffrei bleiben sein sollen. Demgegenüber verbot § 219a StGB nach bisheriger Lesart jede Differenzierung zwischen legalen und illegalen Eingriffen. Der Gießener Ärztin dürfte die Neuregelung somit nicht zu Gute kommen. Denn sie führte und führt auf ihrer Homepage schlicht „Schwangerschaftsabbruch“ als Teil ihres Leistungsspektrums auf. Oder ist dieser Hinweis so auszulegen, dass sie als approbierte Ärztin – selbstverständlich – nur „zugelassene“, nicht aber strafbare Abtreibungen vornimmt?
Womit wir wieder bei der Ausgangsfrage wären. Rechtssicherheit geht anders. Aber vielleicht können die Strafrechtsexperten hier im Forum die Frage ja beantworten.