Datenübermittlung an Inkassounternehmen ohne Einwilligung des Betroffenen
Gespeichert von Prof. Dr. Katrin Blasek, LL.M. am
Wer privat krankenversichert ist oder Leistungen in Anspruch nimmt, die die GKV nicht zahlt, kennt das: Erstmal den Arzt von der Schweigepflicht entbinden und einer Übermittlung der Daten an ein Abrechnungsunternehmen zustimmen, das dann die Forderung auch abrechnen und geltend machen soll. Erst dann wird behandelt.
Offenbar gehen in der Praxis viele davon aus, dass zwar die Datenverarbeitung bzgl. der Behandlung durch den Arzt ohne Einwilligung möglich ist (Rechtsgrundlage Vertrag, Art. 9 Abs. 2 lit. h DSGVO), nicht aber deren Übermittlung zu Abrechnungszwecken an Dritte. Wohl auch deswegen, weil bei menschlichen Patienten die besonders sensiblen Gesundheitsdaten (Art. 9 Abs. 1 DSGVO) im Spiel sind.
Dem Urteil des VG Mainz vom 20.03.20 (BeckRS 2020, 5397) lag nun ein etwas anders gelagerter Fall zugrunde. Trotzdem könnte es für das Verständnis von Art. 6 Abs. 1 lit. b bzw. Art. 9 Abs. 2 lit. h DSGVO wichtige Weichen stellen. Es ging um die Behandlung eines Tieres und der Tierarzt trat – nachdem der Tierhalter die Rechnung nicht beglichen hatte - die Forderung an ein Inkassounternehmen ab. Tierarzt und Inkassounternehmen hatten einen „Abrechnungsvertrag“ geschlossen. Die zuständige Aufsichtsbehörde ist der Meinung, dass die Datenübermittlung nicht zur Erfüllung des Behandlungsvertrags erforderlich gewesen sei. Der Tierarzt hätte sich also eine Einwilligung vom Tierhalter holen müssen.
Die Kernfrage war also, braucht es eine Einwilligung des Betroffenen oder war die Datenübermittlung anderweitig legitimiert. Das VG Mainz meint, dass die Datenübermittlung für die Vertragserfüllung erforderlich war und will an Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO „keine zu strengen Anforderungen“ stellen: „es reiche, wenn die Datenverarbeitung objektiv sinnvoll im Hinblick auf den Vertragszweck“ sei. Auch müssten „der Vertragspartner (Tierarzt) des Betroffenen (Tierhalter) und der die Daten verarbeitenden Verantwortliche (Inkassounternehmen) nicht personenidentisch sein“. Jedenfalls sei die „Datenübermittlung auch gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO rechtmäßig“, wobei die Interessenabwägung zugunsten des Tierarztes ausfalle (berechtigtes Interesse an der Zuhilfenahme Dritter zur Forderungsdurchsetzung) und keine überwiegenden Interessen des Tierhalters entgegenstünden.
Bislang herrschte in der Literatur und offensichtlich auch bei Aufsichtsbehörden eher die Meinung vor, dass die Rechtsgrundlagen in Art. 6 Abs. 1 lit. b-f DSGVO eng auszulegen seien. Damit sollte einer Umgehung von Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO bzw. einer Aushöhlung des Anwendungsbereichs der Einwilligung vorgebeugt werden.