LAG Baden-Württemberg: Kündigung einer Polizeiärztin ist wirksam
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Vor dem LAG Baden-Württemberg wurde am 2.2.2022 eine Kündigungsschutzklage einer beim Präsidium Technik, Logistik, Service der Polizei des Landes Baden-Württemberg angestellten Ärztin verhandelt. Die Klägerin ist seit 2019 im polizeiärztlichen Dienst in Lahr in Teilzeit beschäftigt. Die Klägerin veröffentlichte in einer kostenfrei erscheinenden Sonntagszeitung im Raum Offenburg unter ihrem Namen folgende Kleinanzeige (der Name der Klägerin ist entfernt worden):
Infektionsschutzgesetz = Ermächtigungsgesetz
Zwangsimpfung
Wegnehmen der Kinder
Schutzlos in der eigenen Wohnung
Geschlossene Grenzen
Arbeitsverbot
Gefängnis
Wir, die Bürger von Deutschland,
sollen alle unsere Rechte verlieren.
Wir müssen Widerstand leisten.
18.11.2020, 14-17.00 Uhr
Bundestag Berlin
Es geht wirklich um Alles!
An diesem Tag hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates das „Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“, das u.a. das Infektionsschutzgesetz (IfSG) geändert hat, beschlossen. Am selben Tag war eine hiergegen gerichtete Demonstration in Berlin vor dem Bundestag angemeldet.
Das Land Baden-Württemberg begründet die ordentliche Kündigung vom 10.02.2021 insbesondere mit der mangelnden Eignung der Klägerin für die Tätigkeit als Polizeiärztin. Im Übrigen habe die im öffentlichen Dienst beschäftigte Klägerin mit ihrem Verhalten arbeitsvertragliche Pflichten verletzt. Zu den Treuepflichten gehöre es, den Staat, die Verfassung und staatliche Organe nicht verächtlich zu machen. Die Überzeugung der Klägerin sei nicht durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt.
Ebenso wie bereits die Vorinstanz, das Arbeitsgericht Freiburg (Az. 5 Ca 64/21), bestätigt das LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 2.2.2022 - 10 Sa 66/21, PM vom 2.2.2022) die Wirksamkeit der Kündigung. Es ist der Auffassung, die Klägerin habe in einer Anzeige die Änderung des Infektionsschutzgesetzes vom 18.11.2020 mit dem „Ermächtigungsgesetz“ vom 23. März 1933 gleichgesetzt. Hierdurch habe sie gegen ihre Rücksichtnahmepflicht auf die Interessen des beklagten Landes verstoßen, insbesondere gegen die Pflicht, sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen (§ 3 Abs. 1 S. 2 TvÖD).