LAG Köln: Absender trägt Beweislast für Zugang einer E-Mail
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Den Absender einer E-Mail trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die E-Mail dem Empfänger zugegangen ist. Ihm kommt keine Beweiserleichterung zu Gute, wenn er nach dem Versenden keine Meldung über die Unzustellbarkeit der E-Mail erhält.
Das hat das LAG Köln zutreffend entschieden.
Die beklagte Fluggesellschaft hatte dem Kläger ein Darlehen zur Finanzierung einer Fortbildung gewährt. In dem Darlehensvertrag verzichtete die Beklagte auf die Rückzahlung für den Fall, dass sie dem Kläger aus betrieblichen Gründen innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung der Fortbildung keine Übernahme in ein Cockpit-Arbeitsverhältnis angeboten haben sollte.
Die Beklagte behauptet, ein solches Angebot am letzten Tag der Frist per E-Mail übersandt zu haben, und verweist auf ihr Postausgangs- und Posteingangskonto, wonach die E-Mail verschickt worden sei und sie daraufhin keine Meldung der Unzustellbarkeit bekommen habe. Der Kläger will die E-Mail erst drei Tage später erhalten haben.
Zwar haben die Parteien anschließend auf der Grundlage des arbeitgeberseitigen Angebots ein Arbeitsverhältnis vereinbart. Die Beklagte hielt aber vom Arbeitsentgelt monatlich 500 Euro für die Tilgung des Darlehens ein. Sie habe das Vertragsangebot rechtzeitig unterbreitet und könne sich hinsichtlich des fristgerechten Zugangs der E-Mail auf den Beweis des ersten Anscheins berufen.
Das Arbeitsgericht hat der Lohnzahlungsklage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb beim LAG Köln ohne Erfolg:
Ausgehend vom Gesetzeswortlaut des § 130 BGB muss die abgegebene Willenserklärung unter Abwesenden dem Empfänger zugehen. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn die Willenserklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gerät, dass dieser nach allgemeinen Umständen von ihr Kenntnis erlangen kann. Nach dem Versenden einer E-Mail wird die Nachricht auf einem Server eingehen. Dies ist jedoch nicht gewiss. Wie auch bei einfacher Post ist es technisch möglich, dass die Nachricht nicht ankommt. Das Risiko kann nicht dem Empfänger aufgebürdet werden. Der Versender wählt die Art der Übermittlung der Willenserklärung und damit das Risiko, dass die Nachricht nicht ankommt. Zudem hat der Versender die Möglichkeit, vorzubeugen. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, hat der Versender über die Optionsverwaltung eines E-Mail-Programms die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern.
LAG Köln, Urt. vom 11.1.2022 - 4 Sa 315/21, BeckRS 2022, 1700