BGH: Verwenden eines stilisierten Keltenkreuzes ist strafbar

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 16.11.2008

Das öffentliche Verwenden eines stilisierten Keltenkreuzes, also der Darstellung eines gleichschenkligen Balkankreuzes, um dessen Schnittpunkt ein Ring gelegt ist, erfüllt auch dann grundsätzlich den Straftatbestand des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86a StGB, wenn das Symbol isoliert, also ohne konkreten Hinweis auf die verbotene Organisation öffentlich verwendet wird. Dies hat der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3. Strafsenat des BGH im Rahmen eines Vorlageverfahrens mit Beschluss vom 1.10.2008 entschieden (Az 3 StR 164/08 - die Entscheidung liegt noch nicht gedruckt vor). Das stilisierte Keltenkreuz wurde von der verbotenen verfassungsfeindlichen "Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit" (VSBD/PdA) als Embleme benutzt.

Ausnahmen gelten allerdings in Fortführung der Rechtsprechung des BGH zur verfassungskonformen Auslegung des § 86a StGB dann, wenn die äußeren Umstände der Verwendung des Symbols eindeutig ergeben, dass der Schutzzweck der Norm nicht tangiert ist (näher zu den Tatbestandseinschränkungen BeckOKStGB/Ellbogen § 86a Rn 9 ff). Dies sei der Fall, wenn das Symbol offenkundig in einem unverfänglichen Zusammenhang gebracht wird.

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14 Kommentare

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Sehr geehrter Herr Mosch,

gerade habe ich nochmals den von Herrn Zosel, unserem Blog Manager, gesetzten Link überprüft. Bei mir funktioniert`s. Es müsste also auch bei Ihnen klappen. Vielleicht war es nur ein vorübergehendes Problem.

Freundliche Grüsse
Bernd von Heintschel-Heinegg

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Mich interessiert sehr, wie es sich mit einem nicht gleichschenkligen Keltenkreuz verhält. Wenn also der senkrecht stehende Balken nach unten hin länger ist, als die drei anderen Schenkel des Kreuzes.

Ist die Darstellung dann schon nicht mehr von der aktuellen Entscheidung des BGH betroffen?

Bei mir funktioniert der Link von Herrn Zosel leider ebenfalls nicht.

Mit freundlichen Grüßen,
J. A. W.

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Sehr geehrter Herr Wrede,

nun hoffe ich, dass der neue Link wie bei mir auch bei Ihnen funktioniert. In diesem Bereich verfüge ich leider über keinerlei Erfahrungen. Mit Blick auf die BGH-Entscheidung würde ich aber meinen, dass sie Ihre Frage nicht beantwortet. Ich könnte mir vorstellen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz, die erfassungsschutzämter der Länder oder auch die Landeskriminalämter weiterhelfen können.

Mit freundlichen Grüßen
Bernd von Heintschel-Heinegg

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Sehr geehrter Herr Wrede,

bei dem stilisierten Keltenkreuz handelt es sich um das Symbol der verbotenen Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit (VSBD/PdA). Das Verbot des Verwendens derartiger Symbole folgt nach dem Urteil des BGH auch dann, wenn es isoliert verwendet wird, aus § 86a I Nr. 1 StGB.
Ein nicht gleichschenkligen Keltenkreuz könnte dem verbotenen Symbol zum verwechseln ähnlich sehen und damit gemäß § 86a II StGB strafbar sein. Im o.g. Urteil des BGH vom 1.10.2008 ist bereits der Hinweis aufgenommen, dass auch zum verwechseln ähnliche Symbole, von diesem Urteil erfasst werden.
Ein Vergleich lässt sich im Übrigen mit einem Hakenkreuz mit zu kurzen Querbalken ziehen, dieses wurde bereits für strafbar erklärt (BGH MDR 1986, 177).
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Ellbogen

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Hallo,

ich möchte mich auf diesem wege mal erkundigen wie es sich mit §86a StGb verhält: Habe in einem Auktionshaus EINE Münze mit dem Symbol der damaligen Zeit angeboten und auch verkauft. Das war 2007. Seit diesem Zeitpunkt wird gegen mich Ermittelt, Hausdurchsuchung usw.

Ich dachte immer Münzen und Briefmarken, die damals offizielles Zahlungsmittel ware, dürfe man Handeln?!

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Sehr geerhter Herr Tichai,

der Verkauf von Münzen und Militaria aus der Zeit des Dritten Reiches fällt in den Tatbestand des § 86a StGB, wenn diese Objekte verbotene Kennzeichen tragen. Da Münzen dieser Zeit regelmäßig ein Hakenkreuzemblem hatten, ist der Tatbestand des § 86a StGB durch die öfentliche Auktion erfüllt, wenn dieses Kennzeichen bei der Auktion deutlich wahrnehmbar war.

Allerdings erkennt die Rechtsprechung Ausnahmen an, wenn es sich um Fälle sogenannter Sozialadäquanz handelt. Vgl. hierzu die Kommentierung im Beck OK § 86a, Rn. 12:

"Nach BGHSt 31, 383 = NJW 1983, 2268 greift § 86a Abs 3 StGB aber nur ein, wenn die Tathandlung den Schutzzweck nicht verletzt (vgl Rautenberg GA 2003, 623, 627). Die kommerzielle Verbreitung von zB NS-Kennzeichen an originalgetreuen Flugzeugmodellen fällt daher nicht unter § 86a Abs 3 StGB (BGHSt 28, 394; Bonefeld DRiZ 1993, 430, 434; zur Verwendung an originalgetreuen Modellen, die öffentlich zur Schau gestellt werden: OLG München NStZ-RR 2005, 371).
Der antiquarische Handel mit Büchern aus der NS-Zeit hingegen ist zulässig (BGHSt 29, 84 oder Versteigerung im Fachhandel, BayObLG NStZ 1983, 120 - krit zum Problem der Abgrenzung von zulässigem und unzulässigem sozialadäquaten Gebrauch Fischer StGB § 86a Rn 22). Das private Sammeln von Militaria und im gewissen Umfang der dabei betriebene Tauschhandel sind regelmäßig als sozialadäquat tatbestandslos (BT-Drs 10/1286, S 7)."

Bei der Versteigerung von Militaria wurde allerdings darauf hingewiesen, dass diese nur tatbestandslos sei, wenn die Besucher "seriöse Kunden" seien, BGHSt 31, 384; Bonefeld, DRiZ 1993, 435.

Wenn es sich in Ihrem Fall also um eine allgemein zugängliche Auktion gehandelt hat, zu der nicht nur ausgewiesenes Fachpublikum Zugang hatte, greift der Tatbestandsausschluss folglich nicht.   

 

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Da ich bei dieser Spezialmaterie über keine Erfahrung verfüge, werde ich wiederum Herrn Dr. Ellbogen um eine Stellungnahme bitten. Im BeckOK StGB kommentiert er den § 86a und schreibt in Rn. 1 und 2 folgendes:

>> In § 86a Abs 2 S 1 StGB wird das Tatobjekt Kennzeichen näher umschrieben, wobei es auf eine gewisse (heutige) Bekanntheit dieser nicht ankommt (BGHSt 47, 354, 360). Kennzeichen sind insbesondere: Fahnen – zB die Hakenkreuzflagge, nicht jedoch die Reichskriegsflagge, da diese auf keine konkrete Organisation hinweist (Bonefeld DRiZ 1993, 430, 431); Abzeichen, wie das Mitgliedsabzeichen der NSDAP; die Armdreiecke der HJ bzw des BDM (BGHSt 47, 354; Dahm DRiZ 2001, 404, 406; aA BayObLG NStZ 1999, 190); Hoheitszeichen oder Orden, welche das Hakenkreuz (zu diesem BGHSt, 23, 64, 78; 28, 394, 395 f), als das Symbol der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft, enthalten (siehe auch Wilhelm DRiZ 1994, 339 f); Uniformstücke sind erfasst, soweit sie eine Identifikation mit einer verbotenen Organisation zulassen, wie das Braunhemd oder das FDJ-Hemd ( Fischer StGB § 86a Rn 7); Parolen wie „Sieg Heil“ (OLG Düsseldorf MDR 1991, 174); und Grußformen wie der „Hitlergruß“ (BayObLG NStZ 2003, 89); „Heil Hitler“ (OLG Celle NJW 1970, 2257, 2258 – nicht jedoch die in rechtsradikalen Kreisen dafür gebrauchte Abkürzung „88“, Schönke/Schröder/Stree/Sternberg-Lieben StGB § 86a Rn 2 ) oder in Briefen die Floskel „mit deutschem Gruß“, wenn erkennbar ist, dass der nationalsozialistische Sprachgebrauch gemeint ist (BGHSt 27, 1). Die Nachahmung der von Hitler selbst benutzten Grußform (Anheben des abgewinkelten rechten Arms) fällt nicht hierunter (BayObLG NStZ-RR 2003, 233).

Die in § 86a Abs 2 S 1 StGB gemachte Aufzählung ist nicht abschließend („namentlich“), daher kommen als Kennzeichen auch sonstige optische oder akustische Symbole in Betracht, zB Lieder wie das Horst-Wessel-Lied (BGH MDR 1965, 923) oder „Es zittern die morschen Knochen“ (OLG Celle NJW 1991, 1497). Bei diesen genügt grundsätzlich das Abspielen der Melodie (BayObLG NJW 1990, 2006), eine Textverfremdung schließt den Tatbestand nicht aus (OLG Oldenburg NJW 1988, 351). Auch Fotografien bzw Abbildungen können ein Kennzeichen darstellen, zB ikonenhafte Porträt-Darstellungen Adolf Hitlers (BGH MDR 1965, 923; OLG München NStZ 2007, 97), nicht jedoch Fotos von Rudolf Hess, da diese erst nach 1945 zu Symbolen von Rechtsradikalen wurden (OLG Rostock NStZ 2002, 320; Bartels/Kollorz NStZ 2002, 298). <<

Demnach können auch Münzen unter den Tatbestand fallen.

Nach der Entscheidung des BGH von 2007 hätte man glauben können, dass sich die Verfahren gegen Menschen, die derartige Symbole aus offenkundiger Gegnerschaft zum Nationalsozialismus "verwenden", der Vergangenheit angehören. Dem ist leider nicht so: Am 18.05.09 wurde die Anklage der StA Dresden vom 30.05.07(!) zugelassen, in der es um einen Aufkleber gegen einen Großen Zapfenstreich der Bundeswehr in Dresden im Herbst 2006 geht. Auf dem Aufkleber sind unter der Überschrift "Vergangenheit und Gegenwart - Wider die Militarisierung des Alltags" mehrere Helme aus unterschiedlichen Epochen abgebildet, u.a. einer mit einer SS-"Doppelsigrune". In dem Blog http://den-zapfen-streichen.blogspot.com wird das Strafverfahren dokumentiert.

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