Revolutionäres aus Essen

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 16.09.2009

Gemäß § 1579 Nr. 2 BGB kann ein Unterhaltsanspruch versagt, herabgesetzt oder zeitlich befristet werden, wenn der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt.

Zurückgehend auf BGH FamRZ 1999, 487 wurde bislang ein Mindestdauer von zwei bis drei Jahren gefordert, um von einer solchen verfestigten Gemeinschaft zu sprechen.

Anders nun das AG Essen in einer Entscheidung vom 11.03.2009 (NJW 2009, 2460): Angesichts der geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse und der Unterhaltsreform könne von einer verfestigten Lebensgemeinschaft bereits nach einem Jahr ausgegangen werden. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft sei in vielen Fällen kein probeweises Zusammenleben mehr und münde eben nicht in einer späteren Eheschließung, sondern sei eine auf Dauer angelegte Lebensform.

Nach § 7 III a Nr. 1 SGB II wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinader zu tragen und füreinander einzustehen nach einem Jahr des Zusammenlebens vermutet. Dieser Rechtsgedanke sei - so das AG Essen - auf § 1579 Nr. 2 BGB zu übertragen.

Man darf gespannt sein, ob sich andere Familiengerichte und insbesondere der BGH diesen Gedankengängen aus Essen anschließen werden.

 

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2 Kommentare

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Wenn das im Familienrecht schon als "revolutionär" bezeichnet wird, sagt das eigentlich schon alles.

Eine Beziehung mit einer Dauer von einem Jahr ist natürlich schon verfestigt, es gibt genug Ehen, die nichtmal so lange halten.

Darüberhinaus halte ich eine Beziehung auch mit einer Dauer von unter einem Jahr verfestigt, sobald die Partner zusammenziehen.

Der Ex-Partner wohnt mit einem neuen Partner zusammen und der vorherige Partner muss auch noch Unterhalt bezahlen. Zumindest mit meinem Rechtsempfinden ist das nicht in Einklang zu bringen.

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Hopper schrieb:

Gemäß § 1579 Nr. 2 BGB kann ein Unterhaltsanspruch versagt, herabgesetzt oder zeitlich befristet werden, wenn der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt.

Zurückgehend auf BGH FamRZ 1999, 487 wurde bislang ein Mindestdauer von zwei bis drei Jahren gefordert, um von einer solchen verfestigten Gemeinschaft zu sprechen.

Anders nun das AG Essen in einer Entscheidung vom 11.03.2009 (NJW 2009, 2460): Angesichts der geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse und der Unterhaltsreform könne von einer verfestigten Lebensgemeinschaft bereits nach einem Jahr ausgegangen werden. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft sei in vielen Fällen kein probeweises Zusammenleben mehr und münde eben nicht in einer späteren Eheschließung, sondern sei eine auf Dauer angelegte Lebensform.

Nach § 7 III a Nr. 1 SGB II wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinader zu tragen und füreinander einzustehen nach einem Jahr des Zusammenlebens vermutet. Dieser Rechtsgedanke sei - so das AG Essen - auf § 1579 Nr. 2 BGB zu übertragen.

Man darf gespannt sein, ob sich andere Familiengerichte und insbesondere der BGH diesen Gedankengängen aus Essen anschließen werden.

 

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