So langsam kommt das Völkerstrafgesetzbuch in der Praxis an: Ruandischer Rebellenführer Ignace Murwanashyaka bleibt weiter in Haft

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 31.07.2010

Das bereits am 30. Juni 2002 in Kraft getretene deutsche Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) kam die Aufgabe zu, das deutsche materielle Strafrecht an das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs anzupassen. Die fehlende Umsetzung dieses Gesetzes in der Strafrechtspraxis wurde in den vergangenen Jahren immer wieder kritisiert. Aber das scheint sich nun langsam zu ändern.

Der Bundesgerichtshof hat am 22.07.2010 (Az. AK 3/10) angeordnet, dass der 47-jährige ruandische Rebellenführer Ignace Murwanashyaka weiter in deutscher Untersuchungshaft verbleibt. Er ist dringend verdächtig, als Präsident der Hutu-Miliz FDLR für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere Kriegsverbrechen im Osten des Kongo verantwortlich zu sein . Er soll die Gräueltaten der FDLR in den Bürgerkriegsgebieten der Demokratischen Republik Kongo im Jahr 2009 von Deutschland aus gesteuert haben.

Der in Mannheim lebende Murwanashyaka wurde 2001 zum Präsidenten der paramilitärischen Milizen-Organisation «Forces Démocratiques de Libération du Rwanda» (FDLR) gewählt. Die Kämpfer verübten in den Bürgerkriegsgebieten eine «Vielzahl von gewaltsamen Übergriffen bis hin zu Massakern, bei denen ganze Dörfer vernichtet und zahlreiche Menschen getötet wurden», heißt es in dem Beschluss des Ermittlungsrichters am BGH. Auch sexuelle Gewalt gegen die einheimische Zivilbevölkerung sei als Teil der Kampfstrategie der FDLR angewendet worden.

Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler habe gewusst, «dass die Kämpfer der FDLR als Mittel des Kampfes und der Disziplinierung der Zivilbevölkerung auch Vergewaltigungen, Brandschatzungen, Plünderungen sowie Entführungen einsetzten und selbst vor Tötungen nicht zurückschreckten». Aufgrund seiner «unumschränkten Befehls- und Verfügungsgewalt» hätte er die Möglichkeit gehabt, die Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung zu verhindern. Deshalb sei Murwanashyaka als militärischer Befehlshaber im Sinne des Völkerstrafgesetzbuchs für die Verbrechen verantwortlich.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen