Anwaltliche Fehler im Familienrecht - und wie man sie vermeidet (VI)

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 16.12.2011

 

Die volljährige Tochter macht gegen ihren Vater Unterhaltsansprüche geltend und verlangt von ihm – zunächst außergerichtlich – Auskunft über sein Einkommen.

 

1. Fehler: Die Auskunft wird nicht erteilt.

 

Gemäß § 1605 I BGB schulden Verwandte in gerader Linie einander Auskunft, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Der Auskunftsanspruch besteht nur dann nicht, wenn sich ein Zahlungsanpruch unter keinen Umständen ergeben kann.

 

Die Tochter verfolgt daher ihren Anspruch gerichtlich im Wege eines Stufenantrages.

 

2. Fehler: Die Auskunft (Stufe 1) wird nicht erteilt und es wird Antragsabweisung beantragt.

Siehe oben.

Selbst wenn sich später herausstellen sollte, dass der Vater nicht leistungsfähig ist, hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Denn es gilt § 243 FamFG:

 

Abweichend von den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenverteilung entscheidet das Gericht in Unterhaltssachen nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Es hat hierbei insbesondere zu berücksichtigen:

......

 

2.

den Umstand, dass ein Beteiligter vor Beginn des Verfahrens einer Aufforderung des Gegners zur Erteilung der Auskunft und Vorlage von Belegen über das Einkommen nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist, es sei denn, dass eine Verpflichtung hierzu nicht bestand,

Durch Teilbeschluss des FamG wird der Vater zur Auskunftserteilung verpflichtet, insbesondere soll er auch durch Vorlage von Steuerbescheiden Auskunft über Steuerrückzahlungen erteilen..

3. Fehler: Er legt gegen diesen Beschluss Beschwerde ein.

Die Beschwerde ist bereits unzulässig, da regelmäßig der Beschwerdewert von über 600 € nicht erreicht wird.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich der nach freiem Ermessen festzusetzende Beschwerdewert für das Rechtsmittel des Auskunftsverpflichteten nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist im Wesentlichen darauf abzustellen, welchen Aufwand an Zeit und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert und ob der Auskunftsverpflichtete ein schützenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten.

 

Anhaltspunkte dafür, dass die bloße Zusammenstellung, darauf aufbauende Auskunft und die Vorlage der im Tenor des angefochtenen Urteils genannten Unterlagen einen höheren Aufwand als 300,00 € erfordern, sind ebenso wenig ersichtlich wie ein messbares Geheimhaltungsinteresse des Antragsgegners.

Hinsichtlich der titulierten Auskunft zu Steuerrückzahlungen ist der angefochtene Teilbeschluss dahin zu verstehen, dass mit der Auskunft die Steuererstattungen anzugeben sind, die sich aus den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2008 und 2009 ergeben. Denn mit diesen Bescheiden soll die geschuldete Auskunft gerade belegt werden, was keinen Sinn machen würde, wenn insoweit eine andere Auskunft geschuldet wäre. Eine Aufteilung der Steuerrückzahlungen entsprechend § 270 AO auf den Antragsgegner einerseits und dessen Ehefrau andererseits schuldet jener nach dem angefochtenen Titel nicht; eine solche Verpflichtung ist jedenfalls nicht hinreichend bestimmt tituliert.

 

Das nach Ansicht des Antragsgegners aus dem informationellen Selbstbestimmungsrecht seiner Ehefrau folgende Geheimhaltungsinteresse vermag keine erhebliche zusätzliche Beschwer zu begründen. Insoweit gilt nichts anderes als in den Fällen, in denen der Schuldner zu einer im Dritteigentum stehenden Sache verurteilt wird. Auch dort erhöht das Interesse des Eigentümers nicht die Beschwer des Schuldners. Zudem stellen Drittbeziehungen keinen aus dem Auskunftstitel fließenden Nachteil des Auskunftsverpflichteten dar und bleiben deshalb als reine Fernwirkung nicht nur für den Verfahrensgegenstand und die daran zu orientierende Bemessung des Verfahrenswerts, sondern gleichermaßen für die Beschwer außer Betracht. Einer Antwort auf die Frage, ob die Ehefrau des Antragsgegners ein berechtigtes Interesse an der Zurückhaltung der ihre Person betreffenden, sich aus den Steuerbescheiden ergebenden Daten hat, obgleich sie sich damit einverstanden erklärt hat, dass sie zusammen mit dem auskunftsverpflichteten Antragsgegner veranlagt wird, bedarf es an dieser Stelle nicht.

so zuletzt OLG Düsseldorf v. 08.12.2011 - 1 UF 51/11

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