CURIA locuta - causa obscura
von , veröffentlicht am 19.12.2017Strafrecht ist Eingriffsrecht, d.h. der Bürger sollte leicht verstehen, wann sein Verhalten auf das Schwert Justitias trifft. Der Urteilsspruch der Richter in der Rechtssache C-42/17 umfasst in der italienischen Verfahrenssprache 148 Wörter, 1.020 Zeichen (mit Leerzeichen) bzw. 873 Buchstaben - und kommt im letzten Absatz mit einem einzigen Punkt aus, nämlich den am Ende. Nun sind die EuGH-Urteile nicht gerade für ihre Lesbarkeit bekannt, hier haben sich die Luxemburger Richter aber übertroffen: nicht nur mit der Länge ihres Urteilsspruchs, sondern auch mit der Unbestimmtheit ihrer Aussage.
In dem entschiedenen Fall ging es um einen eine Steuerhinterziehung in Italien: nach dem nationalen Umsatzsteuerrecht war die Umsatzsteuerschuld bereits verjährt. Der EuGH entschied, dass auch die finanziellen Interessen der Europäischen Union in schweren Betrugsfällen geschützt werden müssten. Somit dürften die nationalen Richter die nationalen Regeln nicht anwenden, sondern die bei schwerem Betrug härteren europäischen Regeln.
Doch dann kommt die Einschränkung aus Luxemburg: "es sei denn". Wann führt die "mangelnde Bestimmtheit der anwendbaren [europäischen] Rechtsnorm" zu einem Rückfall ins nationale Recht? Nota bene! Wir reden hier über das (harmonisierte) europäische Umsatzsteuerrecht, wo schon die deutsche Version in der Bundesrepublik Deutschland und in der Republik Österreich bereits in Begrifflichkeiten von einander abweicht. Wir reden dabei nicht nur von "Jänner" vs. "Januar" - ganz zu schweigen von inhaltlichen Abweichungen bei den Regelungen.
Die zweite Ausnahmevorschrift vom Vorrang des europäischen Rechts kennt jeder, der einmal Jura (dD), pardon: Jus (öD), studiert hat: nulla poena sine lege praevia.
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