"Blitz-Scheidung" - geht nur für "Mausi"

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 01.07.2018
"oe24" (Zeitung aus Österreich) und Cover Kappler/Kappler, Handbuch Patchworkfamilie

Ein wenig Wiener Gesellschaftskunde: "Mausi", mit bürgerlichem Namen: Christina Lugner, die vierte, inzwischen Ex-Frau von Richard Siegfried Lugner, einem österreichischen Schauspieler, Sänger, Geschäftsmann, ehemaligem Politiker, ehemaligem Bauunternehmer und Projektentwickler (daher sein Spitzname "Mörtel").
Der Society-Meldung von "oe24" vom 29. Juni entnehmen wir, dass Christiana Lugner Jahre lang still und heimlich verheiratet waren ("wir wollten unsere Privatsphäre wahren"), sich jetzt aber scheiden ließen ("Wir haben uns im Laufe der Jahre einfach auseinandergelebt und waren vielleicht auch zu verschieden"). Bereits zwei Stunden später saßen die frisch geschiedene "Mausi" und ihr vorhergehender Ehemann in einem Wiener "Szene-Restaurant", in der Presse abgebildet mit Weingläsern. Denn: "Baumeister Richard Lugner liebt es, für seine Frauen und Freundinnen zu sorgen." (oe24 v. 29. Juni 2018, S. 33). Die Scheidung war laut Pressebericht "eine Blitz-Scheidung, die erst kurz davor eingereicht wurde."

Im Leben abseits der Wiener Prominenz geht es in der Regel mit weniger Glamour und Großzügigkeit zu. Das deutsche Recht ist immer noch zu sehr am Leitbild der traditionellen Familie orientiert:

(biologischer=rechtlicher) Vater+(biologische=rechtliche) Mutter, beide verheiratet, dazu mit Kindern, die bei Vater und Mutter wohnen und mit beiden verwandt sind.

Doch die soziologische Realität in diesem, unseren Lande wird immer mehr eine andere: Familienformen werden immer vielfältiger, es gibt mehr Patchworkfamilien mit unterschiedlichen Konstellationen mit biologischen, rechtlichen und sozialen Elternteilen und dazu gehörigen Kindern.  Nachdem die gesetzgeberische Realität aber am traditionellen Familienbild orientiert ist, heißt das für Patchworkfamilien, die für sie passende Konstellation juristisch zu schaffen.

Ein Beispiel aus Koss, in: Kappler/Kappler, Handbuch Patchworkfamilie, 2. Aufl. 2018, § 7, Rz. 5: Ehegatten oder Lebenspartner müssen sich über den Übergang des Familienheims keine Gedanken machen. Denn die Übertragung ist sowohl von der SchenkSt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG) als auch von der ErbSt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG) befreit. Es ist also unerheblich, ob einer der beiden das Familienheim zum Alleineigentum oder beide zum Miteigentum erwerben. Patchwork-Partner müssen dagegen entsprechende vertragliche Gestaltungen wählen, um die regelmäßig wesentlich niedrigeren Freibeträge auszugleichen.

Die Anwaltschaft ist da schon weiter als Gesetzgeber. Eine Münchener Kanzlei bietet beispielsweise an: "ABENDSEMINAR: Intelligente und einvernehmliche Scheidung ... Themen: 'Unterhalt, Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich und Immobilien - sinnvolle Paketlösungen'" (SZ v. 30. Juni/1. Juli 2018). Um die Zielrichtung des Abends auch noch deutlich zu machen, wird als Veranstalter ein "Verein für Humane Trennung und Scheidung" genannt - und dazu passend eine weitere Kleinanzeige darunter: "Pensionierter Professor sucht Frau mit Haus ..."

Zurück nach Wien: Für die Habsburger galt noch in Distichon-Form:

Bélla geránt alii, tu félix Áustria nube.
Nám quae Márs aliis, dát tibi díva Venus.

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