BGH: Zu Schadensersatzansprüchen von Dritten bei Verletzung von Buchführungspflichten

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 01.03.2019

Der BGH hat mit Urteil vom 11. Dezember 2018 (II ZR 455/17, BeckRS 2018, 38904) entschieden, dass § 283b Abs. 1 Nr. 3 lit. a) StGB kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist. Nach dieser Vorschrift wird bestraft, wer „entgegen dem Handelsrecht Bilanzen so aufstellt, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird“.

Bislang war die Frage höchstrichterlich offengelassenen worden, ob § 283b Abs. 1 Nr. 3 lit. a) StGB als Schutzgesetz anzusehen ist, wenn ein Dritter im Vertrauen auf die ihm übermittelten, unzulänglichen Finanzzahlen zur Gewährung eines Kredits an die Gesellschaft veranlasst wird und dann ausfällt, weil die Gesellschaft entgegen dem buchmäßig dargestellten Bild nicht kreditwürdig war (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1994 - II ZR 16/93).

Der BGH hat sich nun – entgegen der überwiegenden Meinung in der Literatur – gegen die Schutzgesetzqualität dieser Vorschrift ausgesprochen. Zur Begründung führt der Senat aus, dass das in § 283b Abs. 1 Nr. 3 lit. a) StGB enthaltene Verbot nicht hinreichend konkret sei. Ein Verbot sei nur dann als Schutzgesetz geeignet, wenn (i) das geschützte Interesse, (ii) die Art der Verletzung und (iii) der Kreis der geschützten Personen hinreichend bestimmt seien. Eine solche Konkretisierung des Personenkreises lasse sich bei einer Verletzung der Buchführungspflicht im Hinblick auf die Gläubiger im Fall des § 283b Abs. 1 StGB nicht bejahen. Denn es sei – anders als bei einem Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht – unmöglich festzustellen, von welchem Augenblick an die mangelhafte Aufstellung der Bilanz zu einem allgemeinen Gläubigerschaden geführt habe. Zudem müsse der Personenkreis von vornherein durch die Norm geschützt sein. Ein späterer Zurechnungszusammenhang sei dagegen unzureichend.

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