OVG Berlin-Brandenburg: Zur Dauer der Prüffrist im investitionskontrollrechtlichen Prüfverfahren („Siltronic“)

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 25.02.2022

Das OVG Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom 31. Januar 2022 (OVG 1 S 10/22) zum einstweiligen Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Erteilung einer außenwirtschaftsrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 58 Abs. 1 AWV sowie zur Hemmung der Freigabefiktion des § 58a Abs. 2 AWV Stellung genommen.

Unbedenklichkeitsbescheinigung ist Vollzugsbedingung der öffentlichen Übernahme

Ausgangspunkt war das im Dezember 2020 veröffentlichte Übernahmeangebot einer deutschen Tochtergesellschaft des taiwanesischen Unternehmens GlobalWafers an die Aktionäre der Siltronic AG, die Wafer für die Halbleiterindustrie produziert. Das Übernahmeangebot stand unter verschiedenen Vollzugsbedingungen, die bis zum 31. Januar 2022 (dem „Long Stop Date“) zu erfüllen waren, u. a. die Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das Bundeswirtschaftsministerium ("BMWK") nach § 58 Abs. 1 AWV. Bei der Prüfung muss das BMWK bestimmte Fristen einhalten, nach deren Ablauf die Freigabe als erteilt gilt (§ 58a Abs. 2 AWV).

GlobalWafers beantragte nun kurz vor Ablauf des Long Stop Date bei Gericht die Feststellung des Eintritts der Genehmigungsfiktion. Der Senat bestätigt hier den abweisenden Beschluss der Vorinstanz (VG Berlin, Beschluss vom 27. Januar 2022, 4 L 111/22).

Hemmung der Prüfungsfrist durch jede nachträgliche Anforderung von Unterlagen

Der Senat stellt fest, dass das BMWK während der laufenden Prüfungsfrist jederzeit und mehrmals Auskünfte und Unterlagen gemäß § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG nachfordern darf. Durch jede Nachforderung werde dabei die viermonatige Prüfungsfrist des § 14a Abs. 1 Nr. 2 AWG gemäß § 14a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 AWG erneut gehemmt.

Keine Anwendbarkeit des § 58a AWV auf vor dem 1. Mai 2021 abgeschlossene Verträge

Zudem vertritt der Senat die Ansicht, dass der erst am 1. Mai 2021 in Kraft getretene (strengere) § 58a AWV vorliegend nicht anwendbar sei. Zur Begründung verweist er auf die Übergangsvorschrift des § 82a Satz 1 AWV, der eine Anwendung erstmals auf ab dem 1. Mai 2021 abgeschlossene Verträge vorsieht, wobei die Unterzeichnung des Erwerbsvertrags gemeint sei. Bei Übernahmeangeboten komme es gemäß § 82a Satz 2 AWV auf den initialisierenden Veröffentlichungszeitpunkt der Abgabe des Angebots an.

Zur Feststellung der Fiktionswirkung durch einstweilige Anordnung

Letztlich führt das OVG aus, dass die begehrte Feststellung der Fiktionswirkung auch im Wege einer einstweiligen Anordnung ausgesprochen werden kann. Dann handele es sich jedoch um eine echte Vorwegnahme der Hauptsache, da nur die vollständigen Rechtswirkungen der Fiktion die Wirksamkeit des Erwerbs vor Ablauf des Long Stop Date bewirken können. 

 

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