Der unwirksame Rücktritt vom Bauträgervertrag durch den Bauträger - zu OLG Brandenburg, Urt. v. 5.7.2023, 4 U 105/22

von Dr. Michael Selk, veröffentlicht am 21.07.2023

Bauträgerrecht ist komplex und kompliziert. Ein Grund ist, dass eine Vielzahl von ohnehin nicht immer leicht verständlichen Vorschriften angewendet werden muss, neben der MaBV oft auch das WEG und die unübersichtlichen Verweisungsvorschriften im Verbraucherbauvertrag/Bauträgervertragsrecht des BGB. Ferner ist es haftungsträchtig genug, insbesondere für Erbwerber/innen. Eine fristlose Kündigung des Vertrags durch die Erwerberseite im Falle des Verzugs des Bauträgers lässt das BGB seit dem 1.1.2018 nicht mehr zu - ein mittlerweile unstreitiges Redaktionsversehen des Gesetzgebers, welches er unverständlicherweise nicht korrigiert. Ein Rücktritt vom Vertrag durch Erwerber/in im Falle des Baustillstands wäre ein "Eigentor", da dann die einzige Sicherheit, die Verbraucher/in hat, sich erledigt: die Vormerkung im Grundbuch würde gelöscht werden, das bereits gezahlte Geld gehört ggf. irgendwann nur der Insolvenzmasse.

Umgekehrt aber ist es dem Bauträger generell sehr wohl möglich, unter bestimmten Voraussetzungen vom Vertrag zurückzutreten - und danach das Objekt zu einem höheren Preis anderen Interessenten anzubieten. Dies ist in den Jahren öfter geschehen - der Markt gab es her - und Bauträger haben davon durchaus Gebrauch gemacht. 

Einen solchen Fall musste auch das OLG Brandenburg entscheiden. Der Kläger hatte wegen einer später vom Senat zu Recht festgestellten Mängelproblematik jedenfalls eine der nach der MaBV fälligen Rate nicht vollständig bezahlt, so dass der Bauträger den Rücktritt vom Vertrag erklärte. Der Kläger klagte auf Feststellung, dass der Bauträgervertrag nicht durch die Rücktrittserklärung des Bauträgers beendet worden war. Immerhin waren vom Kaufpreis in Höhe von 2.351.000 Euro noch 189.500 Euro offen. Der Kläger hatte sich auf ein Leistungsverweigerungsrecht wegen zu geringer Wohnfläche berufen.

Der Senat stellt fest, dass eine Rate über 162.100 Euro zu Recht nicht bezahlt worden war, da die das Leistungsverweigerungsrecht betreffende Summe sich auf 189.500 Euro bezog, also den Einbehalt überstieg. Dieses Leistungsverweigerungsrecht gem. § 320 BGB hatte also der Kläger zu Recht ausgeübt. Der von der Beklagten gem. § 323 I BGB erklärte Rücktritt sei daher ins Leere gegangen, da kein Zahlungsverzug vorlag.

Es lohnt sich, die Entscheidung auch aus anderen Gründen nachzulesen. Der Senat beschäftigt sich insbesondere auch mit der Frage, welche Anforderungen an die gem. § 3 I 1 Nr. 4 MaBV als allgemeine Fälligkeitsvoraussetzung notwendige Erteilung der Baugenehmigung zu stellen sind. Hier schließt sich der Senat der ganz überwiegenden Ansicht an, dass es auf die Bestandskraft der Baugenehmigung nicht ankomme (mit der Folge, dass ein etwaiger erfolgreicher Nachbarwiderspruch dazu führt, dass ein Bauherr entgegen den gesetzlichen Schutzvorschriften massiv in Vorleistung tritt und das Insolvenzrisiko erheblich erhöht ist - dieses Problem ist m.E. ungelöst). 

Abseits von der Entscheidung des OLG Brandenburg bleibt die Praxis aufgefordert, die Regeln der MaBV strikter zu beachten als es leider oft (nicht) geschieht. Formulierungen wie "Der Käufer ist zur Abnahme verpflichtet" (ohne weitere Erläuterung - hier wird suggeriert, dass ein Käufer auch bei dem Vorliegen von wesentlichen Mängeln abnehmen muss) dürften ebenso unwirksam sein wie "Bei Bezugsfertigkeit und Übergabe ist die letzte Kaufpreisrate von .... Prozent vollständig zu zahlen" (§ 307 I, II BGB). Diese oder ähnliche Klauseln - mit denen sich das OLG nicht befassen musste - tauchen immer wieder so oder ähnlich in den notariellen Verträgen (oder sogar in Formularbüchern!)  auf. Notarinnen und Notare sind gehalten, hier strikt insbesondere auf die MaBV-Konformität der Klauseln zu achten.

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