Rezension: Der neue "Hentschel"...
Gespeichert von Carsten Krumm am
...heißt jetzt in seiner vor wenigen Tagen ausgelieferten 40. Auflage Hentschel/König/Dauer. Glücklicherweise habe ich ihn auch schnell auf meinem Schreibtisch vorgefunden, so dass ich über das schnelle Medium des Blogs hoffe, der erste Rezensionsverfasser zu sein. Vorab: Das hohe Niveau der Vorauflagen wird gehalten und gar noch ein gutes Stück angehoben - das Werk ist topaktuell und an vielen Stellen deutlich erweitert worden. Neukommentierte Stellen fügen sich nahtlos in bestehende Textpassagen ein. Man kann dem Werk daher nur Anerkennung zollen!
Aber dieser pauschale gute Eindruck soll für die Blogleser natürlich an dieser Stelle nicht alles sein. Daher will ich gerne etwas tiefer "graben": Mich interessieren natürlich weniger die zivilrechtlichen Erörterungen des Kommentars als vielmehr die Straf- und OWi-Kommentierungen. Diese sind komplett auf dem Stand der aktuellen Rechtsprechung. Sowohl Peter König als Hauptautor des für mich wichtigeren Straf- und OWi-Bereichs als auch Peter Dauer haben hier ganze Arbeit geleistet. Alle Erörterungen sind klar verständlich und zeugen von höchster Kenntnis der Materie.
Für die Blogleser will ich hier anhand vierer Stichproben einen näheren Einblick ermöglichen:
- Hervorragend dargestellt sind das aktuelle Problem der (systematischen) Verletzung des Richtervorbehaltes des § 81 Abs. 2 StPO bei Blutprobenentnahmen. König, der auch sonst in der Regel in der Kommentierung der herrschenden Rechtsprechung folgt ist hier (wie wohl mittlerweile alle Oberlandesgerichte) der Ansicht, dass in keinem Falle ein Verwertungsverbot anzunehmen ist. Ein wenig erstaunt es jedoch, dass er sich gar der Meinung anschließt, es liege bei der Feststellung der BAK im Rahmen von Trunkenheitsfahrten stets Gefahr in Verzug vor. Hier sind sich selbst die Oberlandesgerichte nicht einig. In der Praxis spielt dies jedoch wohl auch gar keine Rolle.
- Auch die derzeit im Bereich des OWi-Verfahrens höchst umstrittene Frage der Vollstreckung mehrerer Fahrverbote wird von König in allen Facetten dargestellt. König ist hier für die umstrittenen sog. "Mischfälle" der Ansicht, für diese gelte § 25 Abs. 2a S. 2 StVG. Auch hierzu kann man im Blog Näheres lesen.
- Die seit der letzten Auflage hinzugekommene Vorschrift des § 24c StVG (Alkoholverbot für Fahranfänger) ist sehr ausführlich kommentiert - hier findet sich alles, was in der Praxis von Relevanz sein wird.
- Von derzeit hoher Bedeutung und hohem Interesse sind natürlich die bereits häufig im Blog aufgetauchten Fragen des Führerscheintourismus. Auch hier enthält "der Hentschel" eine von Peter Dauer verfasste ausführliche Darstellung, die den derzeitigen Stand der Rechtsprechung wiedergibt.
Kurz und gut: Ich bin von dem "neuen" Hentschel/König/Dauer rundherum begeistert.
Zusatz:
Für kritische Blogleser, die hier einmal wieder einen "Werbeblog" wittern sei angemerkt, dass meine Ansichten zur Fahrerlaubnisentziehung und zum Fahrverbot in der Kommenterung von Peter König äußerst scharf kritisiert werden. So war bereits in der vergangenen Auflage zu § 69a StGB in Rn. 6 zu lesen, ich habe in NZV 2006, 234 verkannt, dass der Zweifelssatz "in dubio" der Prognoseentscheidung, die im Rahmen des § 69a StGB zu reffen ist nicht zugänglich ist. In den Erörterungen zu der Frage, ob nach Absolvieren von Nachschulungsmaßnahmen ggf. von einem Regelfahrverbot nach § 25 StVG abgesehen werden kann findet sich gar der folgende Satz:
"...entgegen Krumm...SVR 2008, 257 ist das OWi-Recht nicht vom Erziehungsgedanken geprägt, sondern stellt stellt, wie u.a. die BKatV eindrucksvoll erweist maßgebend auf das Tatbild ab..."
König kritisiert in diesem Zusammenhang auch "entlarvende amtsrichterliche Verteidigungstipps" (damit werde wohl ich gemeint, wie etwa in dem genannten SVR-Beitrag oder in Anwaltsstrategien bei drohendem Fahrverbot, NJW 2007, 257 ff.). Ich nehme solche Kritik sportlich, zumal ich mich in guter Gesellschaft befinde: In der Gesetzesbegründung, die sich auch im Hentschel/König/Dauer findet heißt es etwa, dass das Fahrverbot ein "eindringliches Erziehungsmittel" ist. Dies hat das BVerfG in NJW 1969, 1624 auch so gesehen:
"...Das Fahrverbot des § 25 StVG hat nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion... "