Aus der SVR: Vorsatz beim Abstandsverstoß?
Gespeichert von Carsten Krumm am
Eine durchaus interessanten Frage: Kann bei besonders straken Abstandsverstößen von Vorsatz ausgegangen werden? Das OLG Bamberg, Beschluss vom 20. 10. 2010 - 3 Ss OWi 1704/10 = = = SVR 2011, 76 hat dies verneint. Hier meine Ausführungen in der Besprechung in der SVR ausschittsweise:
Sachverhalt:
Der Betroffene befuhr als Fahrzeugführer eines Pkw die BAB, wobei er bei einer Geschwindigkeit von 126 km/h zum vorausfahrenden Fahrzeug einen Abstand von nur 17,85 Metern und damit von weniger als 3/10 des halben Tachowertes einhielt. Das AG verurteilte den Betroffenen wegen vorsätzlicher Nichteinhaltung des Mindestabstandes von einem vorausfahrenden Fahrzeug zu einer Geldbuße von 160 € und setzte gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat fest. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung materiellen Rechts gerügt hat, führte zu einer Abänderung der Schuldform.
Entscheidung des Gerichts:
Der Schuldspruch konnte keinen Bestand haben, soweit das AG von einer (bedingt) vorsätzlichen Verwirklichung des Abstandsverstoßes ausgeht. Denn das AG hat die Annahme eines Tatvorsatzes des vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbundenen, seine Fahrereigenschaft einräumenden Betroffenen hier allein mit dem Ausmaß der Abstandsunterschreitung begründet, ohne sich mit den alle Vorsatzformen charakterisierenden immanenten kognitiven und voluntativen Vorsatzelementen auseinander zu setzen. Die Ansicht des AG führte letztlich dazu, dass in vergleichbaren Fällen immer Vorsatz anzunehmen wäre, wenn auch ab einer gewissen Gefährdungsgrenze ein (bedingt) vorsätzliches Verhalten in der Tat nahe liegen wird.
Eine Zurückverweisung hielt das OLG nicht notwendig, sondern hat gem. § OWIG § 79 Abs. OWIG § 79 Absatz 6 OWiG eine eigene Sachentscheidung getroffen. Insbesondere war es dem OLG nicht erkennbar, dass erhebliche Feststellungen zur subjektiven Tatseite getroffen werden können, welche die Annahme einer vorsätzlichen Begehungsweise hinreichend rechtfertigen könnten.