Todesfall nach Brechmittel-Einsatz in Bremen: BGH hebt Freispruch des angeklagten Polizeiarztes zum zweiten Mal auf
Gespeichert von Dr. Jörn Patzak am
Der BGH hat heute erneut ein freisprechendes Urteil gegen einen Polizeiarzt, nach dessen Brechmittel-Einsatz ein vermeintlicher Drogendealer verstorben war, aufgehoben.
Der Arzt hatte im Auftrag der Polizei im Dezember 2004 in Bremen dem Beschuldigten das Brechmittel „Ipecacuanha“ verabreicht, damit dieser verschluckte Drogenbehälter wieder ausscheidet. Hierdurch konnten tatsächlich mehrere Bubbles mit insgesamt ca. 0,5 Gramm Kokain sichergestellt werden. Der Beschuldigte fiel infolge des Zwangsmitteleinsatzes ins Koma und verstarb einige Tage später.
Der Arzt ist im Jahr 2008 zunächst vom Landgericht Bremen vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen worden. Der BGH hob dieses Urteil am 29.4.2010 (5 StR 18/10) auf und verwies die Sache an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts Bremen zurück (s. dazu den Blog-Beitrag von Prof. Dr. Müller vom 30.04.2010). Auch hier wurde der Arzt im Juni 2011 freigesprochen (Blog-Beitrag von Prof. Dr. Müller vom 15.06.2011), wieder ohne Erfolg.
Der BGH ist der Ansicht, dass die Fortsetzung der Exploration durch den Arzt, nachdem es zuvor zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschuldigten gekommen war, eine rechtswidrige vorsätzliche Körperverletzung darstelle. Der Tod des Beschuldigten sei durch die Maßnahmen des Arztes mitverursacht worden. Die von der Vorinstanz festgestellte zusätzliche Todesursache durch einen Herzfehler des Beschuldigten stelle die Vorhersehbarkeit des Todeseintritts nicht in Frage (zur Begründung im Einzelnen s. die Pressemitteilung des BGH vom heutigen Tag).