Die Mär von der Kündigungsfrist
Gespeichert von Dr. Klaus Lützenkirchen am
Die Frist des § 573c BGB hat bei der Vermieterkündigung den Zweck, dem Mieter ausreichend Gelegenheit zu geben, neuen Wohnraum zu finden. Je länger er in sein Umfeld eingebunden ist, um so stärker sind seine sozialen Kontakte. Deshalb verlängert sich die Kündigungsfrist nach fünf und acht Jahren um drei Monate.
Nach herrschender Meinung muss der Vermieter neun Monate warten, bis er eine Räumungsklage erheben darf. Denn solange der Mieter der Kündigung nicht widerspricht, soll eine Besorgnis i.S.v. § 259 ZPO nicht bestehen. Diese Situation soll der Vermieter auch nicht durch eine Aufforderung, sich zur Kündigung zu erklären, „verbessern“ können, weil kein Anspruch bestehen soll, vor Ablauf der Frist zu erklären, ob die Kündigung akzeptiert wird (z.B. AG Hersbruck v. 23.8.2012 – 3 C 461/12,; AG Berlin-Charlottenburg v. 21.4.1989 – 13 T 179/8; AG Köln v. 12.5.1976 – 154 C 3915/75; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 11. Aufl., § 546 BGB Rz. 128).
Diese Meinung ist nicht haltbar. Eine Rechtsprechung, die den Mieter zum Vertragsbruch verleitet, ist unzulässig (BGH v. 9.7.2003 – VIII ZR 311/02). Das ist hier der Fall:
Bei begründeter Kündigung endet der Mietvertrag. Mit Ablauf der Kündigungsfrist tritt Verzug ein und der Mieter macht sich schadensersatzpflichtig, wenn er nicht auszieht. Erverhält sich vertragswidrig.
Die Kündigungsfrist hat den Zweck, dem Mieter ausreichend Gelegenheit zur Wohnungssuche zu geben und nicht die Wohndauer im Mietobjekt zu verlängern.
Antwortet er auf eine Anfrage nicht, ist die Besorgnis, dass er sich der rechtzeitigen Erfüllung entziehen wird, begründet. Schon aus § 241 Abs. 2 BGB ergibt sich insoweit eine Pflicht zu antworten. Denn der Vermieter hat von Anfang an ein Interesse daran zu erfahren, ob der Mieter bei Mietende auszieht. Er muss z.B. seinen eigenen Umzug organisieren, einen Nachmieter finden oder eine Planung realisieren, indem der (millionenschwere) Aufträge an Handwerker erteilt. Der Mieter muss, wenn er bei der kurzen Kündigungsfrist die Kündigung für begründet hält, nach einem Monat Widerspruch nach § 574 BGB erheben. Das Gesetz sieht also selbst eine Frist vor, die es dem Mieter erlaubt, zu einer Bewertung der Kündigung zu kommen.
Die Gefahr, dass eine Erklärung als Anerkenntnis zu werten ist (so: Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 11. Aufl., § 546 BGB Rz. 128), ist unbeachtlich. Abgesehen davon, dass auch der Mieter bei seiner Rechtsausübung rechtlichen Rat in Anspruch nehmen kann, besteht kein schützenswertes Interesse, seine Antwort zurück zu halten, weil bis zum Ablauf der Kündigungsfrist die Einsicht kommen könnte, die unwirksame Kündigung zu akzeptieren.
Im Übrigen wird bei langer Kündigungsfrist dem Mieter die vom Gesetz eingeräumte Dauer zur Wohnungssuche nicht genommen, da eine Verurteilung allenfalls zum Ablauf der der Kündigungsfrist verlangt werden kann.
Daher besteht die Besorgnis i.S.d. § 259 ZPO, wenn der Mieter zu der Aufforderung des Vermieters, sich zum Auszug bei Ablauf der Kündigungsfrist zu erklären, schweigt (LG Bonn v. 17.10.2013 – 6 S 33/13).