Zuschrift eines Bloglesers: RA Andreas Philipps zur Beharrlichkeit nach § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV
Gespeichert von Carsten Krumm am
Ganz besonders freue ich mich immer über Zuschriften von Bloglesern. Hier eine solche von RA Philipps, der mit der Veröffentlichung einverstanden war (auch an alle anderen Blogleser: Nur Mut - schicken Sie mir was!).
Sehr geehrter Herr Krumm,
betreffend die vorgenannte Vorschrift beschäftigt mich bereits seit Jahren die für den Betroffenen ungünstige Regelung, wonach die Jahresfrist erst ab der Rechtskraft der Erstentscheidung anlaufen soll.
In einem aktuell in Bearbeitung befindlichen Fall hängt hiervon Entscheidendes ab.
Die Ersttat war am 13.06.2013. Rechtskräftig wurde hierüber am 08.02.2014 befunden.
Die Zweittat war am 01.10.2014.
Die übrigen Voraussetzungen des § 4 Abs. 2, Satz 2 BKatV liegen vor. Es droht ein Regelfahrverbot.
Die Regelung in § 4 Abs. 2 BKatV erscheint mir im Hinblick auf Art. 3 GG bedenklich. Derjenige Verkehrsteilnehmer, der sich gegen den Bußgeldbescheid nicht zur Wehr setzt, kommt zeitlich früher in den Genuss des Anlaufs der Jahresfrist. Derjenige, der sich gegen den Bußgeldbescheid zur Wehr setzt und von seinem "guten Recht" Gebrauch macht, wird darauf verwiesen, dass für ihn die Jahresfrist später zu laufen beginnt.
Da Sanktionen tatbezogen und nicht vom Verlauf eines Rechtsmittelverfahrens abhängig sein sollen, sehe ich keine diese Ungleichbehandlung rechtfertigende Gründe. Gerade im Hinblick auf das rechtsstaatlich erforderliche Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) scheint mir diese Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen.
In allen mir zur Verfügung stehenden Entscheidungen und Literaturstellen finde ich hierzu nichts. Alle Ausführungen, die ich hierzu gefunden habe, auch die in Ihrem Werk, beschränken sich auf die mehr oder weniger wörtliche Wiedergabe des Textes des § 4 Abs. 4 BKatV.
Mir stellt sich die Frage, ob hier kein Problem besteht und ich nur ein Problem zu sehen glaube oder ob das Problem nur nicht gesehen wird.
Sollte § 4 Abs. 2 BKatV aus vorstehenden Gründen in der in der Verordnung niedergelegten Fassung wegen Grundgesetzwidrigkeit nicht anwendbar sein, würde nur der Regelfall wegfallen. Einzelfallbezogen könnte gleichwohl ein beharrlicher Pflichtenverstoß gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 BKatV gegeben sein. Dieser wäre jedoch dann positiv festzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Philipps
Rechtsanwalt
Zum Beharrlichkeitsfahrverbot empfehle ich natürlich: