Sehr spät, aber immerhin: Nationalsozialistische Urteile wegen Kriegsverrats sollen aufgehoben werden
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Lange hat es gedauert, aber jetzt liegt doch endlich ein Gesetzentwurf vor: Urteile wegen Kriegsverrats sollen in das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege aufgenommen werden. Dies sieht der «Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege» einer fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppe (BT-Drs. 16/13405) vor. Die Abgeordneten der Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD begründen ihre Initiative damit, dass der unter der NS-Herrschaft 1934 erweiterte und verschärfte Straftatbestand des Kriegsverrats zu unbestimmt sei, um rechtstaatlichen Grundsätzen zu genügen.
Im Zuge der so genannten Verratsnovelle vom April 1934 sei für den Straftatbestand als alleinige Strafandrohung die Todesstrafe eingeführt worden, so die Abgeordneten. Die fehlende rechtsstaatliche Bestimmtheit der Strafvorschriften des Kriegsverrats werde durch neuere Untersuchungen zur Urteilspraxis belegt. Sie zeigten, dass Soldaten - und auch Zivilisten - für ganz unterschiedliche Handlungen wegen Kriegsverrats zum Tode verurteilt worden seien. Darunter fielen politischer Widerstand, Hilfe für verfolge Juden oder Unbotmäßigkeiten gegenüber Vorgesetzten. Der unbestimmte Tatbestand des Kriegsverrats habe sich als Instrument der NS-Justiz erwiesen, um nahezu jedwedes politisch missliebiges abweichendes Verhalten als «Verrat» brandmarken und mit dem Tode bestrafen zu können.