Trotz überraschenden Leichenfunds: LG Landshut lehnt Wiederaufnahme in Neuburger Totschlagsfall ab
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Das LG Landshut ist im Neuburger Fall Rudi Rupp offenbar der Argumentation der Staatsanwaltschaft gefolgt (Quelle). Es lehnt eine Wiederaufnahme des Verfahrens ab. Ich hatte schon im Juni diesen Fall zum Anlass eines Beitrags genommen, hier noch einmal kurz die Hintergründe:Rudi Rupp soll 2001 von seiner Frau, seinen Töchtern und dem Verlobten der einen Tochter umgebracht worden sein. Aufgrund (noch im Prozess widerrufener) Geständnisse wurde eine Version des Tatgeschehens im Jahr 2005 Urteilsgrundlage, die inzwischen durch eindeutige neu "aufgetauchte" Tatsachen auf eklatante Weise widerlegt wurde: Dem Bauer wurde nicht mit einem Hammer der Schädel eingeschlagen und seine Leiche auch nicht zerstückelt den Hunden oder Schweinen zum Fraß vorgeworfen, wie das Gericht im Urteil annahm, sein Mercedes wurde auch nicht in der Schrottpresse beseitigt (wovon das Gericht aufgrund einer auf fragwürdige Weise erlangten Zeugenaussage ausging). Vielmehr wurde der Leichnam im Mercedes Jahre nach der Verurteilung in diesem März aus der Donau geborgen (Bericht auf Spiegel-Online)
Die beiden Töchter haben inzwischen mehrjährige Jugendstrafen (wegen Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen) verbüßt, die Mutter saß bis letzte Woche im Strafvollzug (wie jetzt noch der damalige Verlobte der Tochter).
Die Staatsanwaltschaft argumentierte, auch diese neuen Tatsachen müssten nicht zu einem Freispruch führen, weshalb eine Wiederaufnahme nicht zulässig sei. Dies hat das LG Landshut übernommen - eine angesichts einer BVerfG-Entscheidung ( BverfG - 2 BvR 93/07 -, dazu Frau Dr. Ertan in ihren Kommentaren zum früheren Beitrag) wenig nachvollziehbare Entscheidung. Denn die Version, nach der die Verurteilten doch verantwortlich sind, ist jedenfalls eine derart vom Urteil abweichende Version, dass sie eben nicht ordnungsgemäß als aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft wurde. Gegen diese neue Version konnten sich die Verurteilten auch nicht verteidigen.
Selbst wenn es also stimmt, dass sie für den Tod des Bauern verantwortlich sind, dann ist dies eben noch nicht in einem Strafprozess ohne vernünftige Zweifel zur Überzeugung des Tatgerichts festgestellt worden. Denn gerade die Überzeugung des Gerichts ist durch den Fund des Mercedes mit der Leiche förmlich "zerbröselt". Und es fragt sich auch, wie die Beschuldigten eine übereinstimmende, aber nachweisbar falsche Tatversion "gestehen" konnten. Ihr widerrufenes "Geständnis" dürfte wohl als Urteilsgrundlage ausscheiden.
Hier ein Ausschnitt aus der mündlichen Urteilsbegründung im damaligen Prozess (nach dem Bericht von Horst Richter aus dem donaukurier vom 14.05.2005) "Bewiesen sei die schreckliche Tat durch die vielen Aussagen nicht nur der Angeklagten, sondern auch der Zeugen. Alles zusammengefasst, ergebe sich „ein deutliches und im wesentlichen übereinstimmendes Bild, so dass an der Wahrheit nicht zu zweifeln ist“, so der Vorsitzende. Dass die grausigen Schilderungen von den Angeklagten ausgedacht worden seien, „kann wohl niemand ernsthaft glauben“.
Das LG Landshut hat womöglich mit seiner Entscheidung verkannt, dass auch das Vertrauen in eine unparteiische Polizei und Strafjustiz auf dem Spiel steht.
Beschwerde zum OLG München ist bereits eingelegt (Bericht Merkur-Online).