Dioxin in Lebensmitteln - mehr Kontrolle oder höhere Strafen?
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Neben den Sorgen, die nun mit jedem Frühstücksei verbunden sind, fragt sich angesichts der Dioxin-Affäre, mit welchen Maßnahmen man solche Szenarien künftig vermeiden kann:
Sehr schnell kommt dazu der Vorschlag: Höhere Strafen. In der Tat scheint die Höchststrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe angesichts der möglichen und tatsächlichen Schäden eher gering. Indes: Die Forderung nach höheren Strafen ist vor allem eines: billig. Eine Höchststrafe von - sagen wir - fünf Jahren wird auch kaum helfen, künftige Skandale dieser Art zu vermeiden, und dies aus zwei Gründen:
1. Eine unterschiedliche Strafandrohung (drei oder fünf Jahre) ist viel zu abstrakt, um von Tätern in ihre Überlegungen einbezogen zu werden etwa in der Weise, dass ein solches Delikt begangen wird, wenn "nur" drei Jahre zu erwarten wären, aber nicht mehr, wenn man fünf Jahre riskieren müsste. Allein diese Überlegung erscheint absurd. Die höhere Strafe ist demnach allenfalls ein Blitzableiter für legitime öffentliche Empörung.
2. Die Strafandrohung kann als nahezu unwirksam angesehen werden, wenn die potentiellen Täter keine effektive Kontrolle zu befürchten haben. Und dies scheint hier der Fall: Sucht man nach veröffentlichten Strafurteilen, die den Vorwurf des §§ 17, 58 LFGB (bzw. vor 2005 die entspr. Vorschriften des LMBG a.F.) enthalten, ist die Suche fast vergeblich. Zugegeben, dies ist nur ein Indiz für eine wenig effektive Kontrolltätigkeit. Ein anderes Indiz für die Art und Weise der Kontrolle ist der konkrete Sachverhalt: Als besonders skandalös wird es jetzt bezeichnet, dass die Hersteller/Vertreiber des vergifteten Futtermittels ihre Kenntnis einer höheren Dioxin-Belastung bei einer behördlichen Kontrolle nicht vorgelegt hätten. Aber ist nicht der eigentliche Skandal, dass und wie weit sich die Behörde auf die Angaben der von ihr Kontrollierten verlässt bzw. mangels Nachprüfungsmöglichkeit verlassen muss? Jedenfalls: Wenn eine effektive Kontrolle sowieso nicht möglich ist, braucht man über das Strafmaß nicht zu sprechen.
Dies scheint jetzt auch die Ministerin so zu sehen: Jedenfalls kündigt sie - noch etwas unkonkret - effektivere Kontrollen an (Quelle). Allerdings wird dies - anders als die Erhöhung der Strafandrohung - Geld kosten.