Wer einmal kifft, dem glaubt man nicht...
Gespeichert von Carsten Krumm am
...wenn er (unsubstantiiert) Erstkonsum behauptet:
Demgegenüber geht der Senat in Übereinstimmung mit weiteren Obergerichten, ... in ständiger Spruchpraxis davon aus, dass die Verkehrsteilnahme unter dem Einfluss des Betäubungsmittels es grundsätzlich rechtfertigt, auf eine mehr als einmalige, gleichsam experimentelle Cannabisaufnahme zu schließen, wenn der auffällig gewordene Fahrerlaubnisinhaber einen solchen Vorgang zwar geltend macht, die Umstände des behaupteten Erstkonsums aber nicht konkret und glaubhaft darlegt. .... Die zuletzt genannte Rechtsprechung, die sich das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss zu eigen gemacht hat, beruht auf der Überlegung, dass es ausgesprochen unwahrscheinlich ist, dass ein mit den Wirkungen der Droge noch völlig unerfahrener Erstkonsument zum einen bereits wenige Stunden nach dem Konsum wieder ein Kraftfahrzeug führt und er zum anderen dann auch noch trotz der geringen Dichte der polizeilichen Verkehrsüberwachung in eine Verkehrskontrolle gerät. Dies wiederum berechtigt zu der Erwartung, dass er sich ausdrücklich auf einen für ihn günstigen Erstkonsum beruft und zu den Einzelheiten der fraglichen Drogeneinnahme glaubhaft erklärt. Tut er es wider Erwarten nicht, erscheint es daher zulässig, hieraus für ihn nachteilige Schlüsse zu ziehen. .... An dieser Sichtweise ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens festzuhalten. Sie führt, anders als der Antragsteller meint, nicht zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zu seinen Ungunsten. Vielmehr handelt es sich um einen Akt der Beweiswürdigung. Das Verwaltungsverfahren kennt ebenso wie der Verwaltungsprozess grundsätzlich keine Behauptungslast und Beweisführungspflicht (formelle oder subjektive Beweislast). Behörden und Verwaltungsgerichte ermitteln den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW bzw. § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO). Indes sollen die Beteiligten bei der Sachaufklärung gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG NRW mitwirken bzw. sind hierzu nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO heranzuziehen. Da die in diesem Rahmen geregelte Mitwirkung an der Ermittlung des Sachverhalts nicht mit Zwang durchgesetzt werden kann, sondern bloß eine Obliegenheit der Beteiligten betrifft, sind sie im Ausgangspunkt zwar frei, selbst darüber zu entscheiden, ob sie ihre Mitwirkung verweigern wollen oder nicht. Unterlässt es ein Beteiligter aber ohne zureichenden Grund, seinen Teil zur Sachaufklärung beizutragen, obwohl ihm das ohne Weiteres möglich und zumutbar ist und er sich der Erheblichkeit der in Rede stehenden Umstände bewusst sein muss, kann dieses Verhalten je nach den Gegebenheiten des Falles bei der Beweiswürdigung zu seinen Lasten berücksichtigt werden.... So verhält es sich regelmäßig, wenn sich ein nach Cannabisgenuss verkehrsauffällig gewordener Fahrerlaubnisinhaber zu der Frage der Konsumhäufigkeit nicht oder nur unzulänglich äußert. Aus den genannten Gründen ist es erheblichen tatsächlichen Zweifeln ausgesetzt, dass einer Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr unter dem fahrerlaubnisrechtlich relevanten Einfluss von Cannabis ein Erstkonsum zugrundeliegt. Die Unwahrscheinlichkeit einer derartigen Sachverhaltsgestaltung rechtfertigt es, dem Betroffenen eine gesteigerte Mitwirkungsverantwortung aufzuerlegen, zumal er selbst durch sein Verhalten Fahren unter Drogeneinwirkung den entscheidenden Anlass gegeben hat, seine Konsumgewohnheiten im Vorfeld der Fahrt zu hinterfragen. Zugleich wird ein Cannabiserstkonsument, sollte es sich tatsächlich um einen solchen handeln, in aller Regel unschwer in der Lage sein, substantiiert darzulegen, wie es zu dem maßgeblichen Konsum gekommen ist und warum er sich schon kurz nach dem Konsumende wieder an das Steuer eines Kraftfahrzeugs gesetzt hat.
OVG Münster: Beschluss vom 12.03.2012 - 16 B 1294/11
zur Drogenfahrt im Straf- und OWi-Recht: Fahrerlaubnis und Alkohol, 5. Auf. 2010, Rn. 130 ff. und Rn. 395 ff.
Aus der Ratgeberliteratur zur nach Cannabiskonsum drohender MPU: Lenhart/Ziegler