Dritter Anlauf: Tötung durch Brechmitteleinsatz vor dem LG Bremen
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Nach zweimaliger Aufhebung von (zum Teil juristisch völlig unhaltbar begründeten) Freisprüchen steht nun ein Bremer Polizeiarzt erneut vor dem Bremer Landgericht um sich wegen Körperverletzung mit Todesfolge bzw. fahrlässiger Tötung im Jahr 2004 zu verantworten. Siehe dazu die früheren Blog-Beiträge:
Fahrlässige Tötung durch Brechmitteleinsatz
BGH gegen LG Bremen: Urteilsgründe im Fall des tödlichen Brechmitteleinsatzes veröffentlicht
Erstmals war er bereit zu dem Fall auszusagen. Laut taz-Bericht verwickelte er sich in Widersprüche.
Einerseits habe er die zwangsweise Exkorporation "ungern" durchgeführt und habe es bedauert, dass der Notarzt ihm das Weitermachen "erlaubt" habe. Den habe er auch gar nicht selbst gerufen, sondern einer der Polizeibeamten.
Die taz (Bericht von Simone Schnase):
Die gemeinsam mit dem Notarzt eingetroffenen Sanitäter stellten bei Condé indes kalte Hände, flache Atmung und verkleinerte Pupillen fest und verabreichten ihm Sauerstoff. Er könne sich das nicht erklären, so V., er habe nichts dergleichen festgestellt und regelmäßig Condés Pupillen untersucht. Später ergänzte er allerdings, die Pupillen wegen des schlechten Lichts im Exporporations-Raum nicht richtig erkannt zu haben, „und außerdem hat Condé ständig die Augen zugemacht.“
Mehrfach fragte die Vorsitzende Richterin, warum V. mit der Brechmittelvergabe nicht aufgehört habe: „Sie wollten das nach eigenen Angaben doch gar nicht tun – die vom Notarzt tatsächlich festgestellte, schlechte Sauerstoffversorgung hätte Ihnen doch genug Grund gegeben, damit aufzuhören.“ Er habe, so V., einfach keinen Anlass dafür gehabt; nachdem Condé Sauerstoff erhalten habe, sei es ihm ja wieder gut gegangen. „Ich wollte nicht tricksen, um aufhören zu können.“
Eine mehr als merkwürdige Antwort: "Ich wollte nicht tricksen, um aufhören zu können." Unter welchem Druck stand denn der Angeklagte, dass er es (wem gegenüber eigentlich) als "Trick" aufgefasst hätte, wenn er die - ohnehin zu diesem Zeitpunkt in der Medizin als sehr umstritten angesehene - zwangsweise Exkorporation aus medizinischen Gründen abgebrochen hätte?