Legal Tech im Sommersemester 2020
Gespeichert von Martin Fries am
Am kommenden Montag beginnt an den Universitäten die Vorlesungszeit des Sommersemesters 2020. Infolge der Covid-19-Pandemie läuft die Lehre vorerst komplett digital. Digital ist dabei manchmal nicht nur die Verpackung, sondern auch der Inhalt: Veranstaltungen zu den Folgen der Digitalisierung für das Recht und die Rechtspflege sind inzwischen nicht mehr die Ausnahme, sondern vielerorts an der Tagesordnung.
Neues in Hamburg, Potsdam, Marburg und Göttingen
Dieses Legal Tech hat sich also im Lehrprogramm der Fakultäten tatsächlich einigermaßen festgesetzt. Wer im Online-Vorlesungsverzeichnis seiner Uni nach den Begriffen „digital“ und „legal tech“ sucht, kann ein Lied davon singen. Wer die aktuellen Lehrangebote mit denjenigen der letzten Semester (WiSe 2018/19, SoSe 2019, WiSe 2019/20) vergleicht, findet manch einen Kurs, der schon zum wiederholten Male stattfindet, aber auch einige neue Veranstaltungen. Dazu zählen etwa der Online-Workshop Rechtsinformatik und Legal Tech an der Uni Potsdam, das Seminar zur Digitalisierung von Verträgen an der Uni Hamburg, das Unternehmensgründungs-Seminar LegalTech in der Corona-Krise an der Uni Marburg und meine Vorlesung zu Rechtsfragen der Digitalisierung im Zivil- und Zivilverfahrensrecht an der Uni Göttingen. Und es tut sich noch mehr an den Hochschulen: Zum einen ergänzen viele Studierende die Lehrangebote durch eigene Veranstaltungsimpulse, zum anderen beginnen die ersten Fakultäten mit der Planung spezieller Legal-Tech-Studiengänge.
Legal-Tech-Initiativen aus der Mitte des Hörsaals
Zunächst zu den Studierendeninitiativen im Bereich Legal Tech: Deren Zahl ist über den vergangenen Winter weiter angewachsen. Wo Recht und Digitalisierung im Semesterprogramm stehen, haben die Studierenden häufig ihre Finger im Spiel. Hier sind sie, gereiht von alt nach jung:
- Munich Legal Tech (gegründet im September 2017)
- Legal Tech Lab Frankfurt am Main (gegründet im Dezember 2017)
- recode.law in Münster (gegründet im Juni 2018)
- Tübingen Legal Tech (gegründet im September 2018)
- Legal Tech Lab Cologne (gegründet im März 2019)
- eLegal Göttingen (gegründet im April 2019)
- Forum Legal Tech von ELSA Passau (gegründet im April 2019)
- Osnabrücker Legal Tech Forum (gegründet im Juli 2019)
- Legal Tech Community Mannheim (gegründet im März 2020)
- Just Legal Tech, Gießen (gegründet im Oktober 2020)
Das Profil der einzelnen Initiativen ist durchaus unterschiedlich. Teilweise suchen die Studierenden einen engen Schulterschluss mit der Fakultät oder einzelnen Professorinnen, teilweise agieren sie sehr autark und folgen eher unternehmerischen Strategien. Entsprechend groß ist die Bandbreite der von ihnen organisierten Veranstaltungen: Zum Teil sind sie eng verzahnt mit der Lehre der Fakultät, nicht selten laden die Initiativen aber auch Praktiker ein oder stellen Kanzlei-Events auf die Beine. Jenseits solcher Veranstaltungen kümmern sich die Initiativen vor allem um den Aufbau von Wissensressourcen zur Digitalisierung der juristischen Arbeit. Besonders bekannt geworden sind hier die Interview-Podcasts Talking Legal Tech aus Köln und Legal Tech Pioneers aus Münster.
Neue Studiengänge im Bereich Legal Tech
Während die Initiativen der Studierenden vor allem auf eine Bereicherung des klassischen Jurastudiums zielen, haben die ersten Fakultäten die Einrichtung separater Legal-Tech-Studiengänge angestoßen. Die ersten Vorläufer dazu stammen aus dem hohen Norden, wo die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder und die Bucerius Law School 2020 bereits zum wiederholten Male mehrtägige bzw. mehrwöchige Legal Tech Summer Schools anbieten. Eigene Legal-Tech-Studiengänge soll es nun ab Herbst 2020 an zwei bayerischen Unis geben: Die Universität Passau bietet unter der Leitung von Michael Beurskens einen 8-semestrigen Bachelor of Laws (LL.B.) in Legal Tech an, der sich bei Bedarf mit dem klassischen Jurastudium kombinieren lässt; die Universität Regensburg wendet sich demgegenüber mit ihrem Masterstudiengang LL.M. Legal Tech unter der Leitung von Frank Maschmann an Praktiker mit zumindest ersten Berufserfahrungen, die sich im Bereich Recht und Digitalisierung weiterbilden möchten. Wird das Schule machen? Man darf damit rechnen, dass in den kommenden Jahren weitere Universitäten ihr Lehrprogramm in diese Richtung ausbauen werden. Dass die klassische Rechtslehre dabei nicht vernachlässigt werden sollte, versteht sich von selbst.