Kürzung der Gewerberaummiete in Coronazeiten - der Gesetzgeber will reagieren! - Update!
Gespeichert von Dr. Michael Selk am
Als Ergebnis der Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Länderchefinnen und Länderchefs vom 13.12.2020 ist nun als Beschluss u.a. heute veröffentlicht:
"Für Gewerbemiet- und Pachtverhältnisse, die von staatlichen Covid-19 Maßnahmen betroffen sind, wird gesetzlich vermutet, dass erhebliche (Nutzungs-)Beschränkungen in Folge der Covid-19 Pandemie eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage darstellen können. Damit werden Verhandlungen zwischen Gewerbemietern bzw. Pächtern und Eigentümern vereinfacht."
Auch wenn der erste Satz noch nicht der vermutlich ins EGBGB aufzunehmende Normtext sein wird, scheint klar zu sein, dass der Gesetzgeber nun erfreulicherweise endlich auf die Folgen der Pandemie für Gewerbemieter/innen reagiert. Voraussetzungen sind erhebliche Beschränkungen der Nutzung der Geschäftsräume: dies wird nicht nur bei einer Schließung der Fall sein, sondern auch bei einer etwaigen erheblichen Einschränkung der Verkaufsfläche.
Eine wohl widerlegbare Vermutung der Störung der Geschäftsgrundlage des § 313 BGB soll verankert werden. Über die mögliche Widerlegung der Vermutung werden dann die Gerichte entscheiden müssen. Ebenso ist die Höhe der Kürzung der Miete als Folge des § 313 BGB offenbar noch nicht geregelt: die h.M. geht bislang von einer Kürzung der Miete um 50% aus.
Unklar ist auch, ab wann die Regelung greifen soll. Mit einer Rückwirkung auch auf die Zeit von März bis Mai 2020 ist nicht zu rechnen. Aber angesichts des "Gaststättenlockdowns" ab Anfang November 2020 wird man regeln müssen, ob nicht schon für diese Branchen (incl. Fitnessstudios usw) eine Störung der Geschäftsgrundlage rückwirkend zu bejahen ist. Sollte der Gesetzgeber dazu schweigen, so wird man aus der Norm jedenfalls entsprechende Schlüsse im Rahmen der Auslegung auch für die Vergangenheit ziehen können.
Diese gesetzliche Wertung hat dann auch Vorrang vor etwaigen Minderungsmöglichkeiten (Kürzung der Miete auf Null?!!) und dürfte insofern als lex specialis vorgehen. - ( nein, s. update unten)
Etwas kurz greift schließlich der Hinweis auf die Vereinfachung der Verhandlung zwischen Gewerbemieter bzw. Pächter und Eigentümer (Zwischenmiete? Untermiete?), aber auch das darf man nicht zu wörtlich nehmen.
Insofern bleibt die endgültige Gesetzesformulierung abzuwarten; in den nächsten Tagen wissen wir mehr. Für bereits anhängige Streitigkeiten ist die anstehende Wertung des Gesetzgebers durchaus zu berücksichtigen.
UPDATE:
Der Gesetzgeber hat schnell reagiert, die Regelung lautet in Art. 240 § 7 EGBGB :
"Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19 Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 I BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat."
Für Pachtverträge gilt die Regelung entsprechend.
Voraussetzung ist also ein Umstand, der "zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist". Ob als dann, wenn ein Vertragszweck (zB "zum Zwecke des Betriebs eines Restaurants") nicht ausdrücklich genannt wird, für die Parteien aber bei Abschluss klar war, diese Voraussetzung vorliegt, wird man eher bezweifeln können. "Mit erheblicher Einschränkung" verwendbar wird sicherlich diskutiert werden müssen schon in den Fällen, in denen ein Geschäft zwar geöffnet haben durfte, aber aufgrund der Pandemie massive Umsatzeinbußen - wegen Kundenrückgangs - zu verzeichnen sind. Vermutet wird dann der Tatbestand des Eingriffs in die Geschäftsgrundlage - zur Rechtsfolge sagt der Gesetzgeber nichts. Die h.M. geht bislang von einer Kürzung um 50% als Regelfall aus.
Das Verhältnis zu einer möglichen Mietminderung wird nicht geregelt - in der Gesetzesbegründung (BT Drucks 19/25322, S.21f) findet man aber den ausdrücklichen Hinweis, dass die Minderung durch die gesetzliche Regelung nicht ausgeschlossen wird, also keine Sperrwirkung entfaltet wird.
Immerhin verbessert der Gesetzgeber so die Verhandlungsposition des Mieters. Die Regelung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft und soll auch für bereits abgeschlossene Sachverhalte gelten, die aber rechtskräftig noch nicht entschieden sind. Dies eröffnet den Parteien des Mietvertrags durchaus Perspektiven auch für die letzten Monate.