"Hände weg vom Grundgesetz" fodert der DAV-Präsident auf dem 60. Deutschen Anwaltstag - oder: Kennen Sie den § 160a StPO?

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 27.05.2009

Anlässlich des 60. Deutschen Anwaltstags forderte der Deutsche Anwaltverein (DAV) mit Blick auf den 60. Geburtstag des Grundgesetzes die Politik auf, das Grundgesetz stärker zu achten und in seinen Werten zu erhalten. In diesem Zusammenhang kritisiert der DAV auch die neuen Regelungen beim Zeugnisverweigerungsrecht (§ 160 a StPO) und das BKA-Gesetz.

«Hände weg vom Grundgesetz», so der Präsident des DAV Hartmut Kilger auf der Zentralveranstaltung des Deutschen Anwaltstags am 21.05.2009. Die Verfassung sei die Basis für die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit. Bei aller Güterabwägung zwischen «Sicherheit» und «Freiheit» dürfe der Kern der die individuelle Freiheit schützenden Grundrechte nicht angetastet werden. «Sicherheit kann es ohne Freiheit und Recht nicht geben», so Kilger. Zu Recht stünde nicht nur das BKA-Gesetz, sondern auch der neue § 160a StPO auf dem Prüfstand vor dem BVerfG. Die Anwaltschaft in seiner Gesamtheit nicht unter den absoluten Schutz als Berufsgeheimnisträger zu stellen, untergrabe das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant und greife massiv in die Privatsphäre der Bürger ein. Bei dem Schutz der Berufsgeheimnisträger vor staatlichen Ermittlungsmaßnahmen handele es sich nicht um ein Privileg, sondern um den Schutz der Persönlichkeitsrechte von Bürgern, Mandanten, Patienten und Informanten. Es gehe um deren Vertrauen darauf, sich bestimmten Menschen rückhaltlos und unzensiert anvertrauen zu können. Die Gesellschaft und der demokratisch verfasste Rechtsstaat seien auf solche Freiräume angewiesen.

 

 

§ 160a StPO (Ermittlungsmaßnahme  bei Zeugnisverweigerungsrecht):

  (1) 1Eine Ermittlungsmaßnahme, die sich gegen eine in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 genannte Person richtet und voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würde, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte, ist unzulässig. 2Dennoch erlangte Erkenntnisse dürfen nicht verwendet werden. 3Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. 4Die Tatsache ihrer Erlangung und der Löschung der Aufzeichnungen ist aktenkundig zu machen. 5Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend, wenn durch eine Ermittlungsmaßnahme, die sich nicht gegen eine in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 genannte Person richtet, von einer dort genannten Person Erkenntnisse erlangt werden, über die sie das Zeugnis verweigern dürfte.

  (2) 1Soweit durch eine Ermittlungsmaßnahme eine in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 3b oder Nr. 5 genannte Person betroffen wäre und dadurch voraussichtlich Erkenntnisse erlangt würden, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte, ist dies im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit besonders zu berücksichtigen; betrifft das Verfahren keine Straftat von erheblicher Bedeutung, ist in der Regel nicht von einem Überwiegen des Strafverfolgungsinteresses auszugehen. 2Soweit geboten, ist die Maßnahme zu unterlassen oder, soweit dies nach der Art der Maßnahme möglich ist, zu beschränken. 3Für die Verwertung von Erkenntnissen zu Beweiszwecken gilt Satz 1 entsprechend.

  (3) Die Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, soweit die in § 53a Genannten das Zeugnis verweigern dürften.

  (4) 1Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass die zeugnisverweigerungsberechtigte Person an der Tat oder an einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beteiligt ist. 2Ist die Tat nur auf Antrag oder nur mit Ermächtigung verfolgbar, ist Satz 1 in den Fällen des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 anzuwenden, sobald und soweit der Strafantrag gestellt oder die Ermächtigung erteilt ist.

  (5) Die §§ 97 und 100c Abs. 6 bleiben unberührt.

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