Beginnt am nächsten Donnerstag die Strafverhandlung wegen des größten Falls von Börsenbetrug im Nachkriegsdeutschland?

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 06.01.2012

Es könnte sein, dass am kommenden Donnerstag vor dem LG München I der größte Fall von Börsenbetrug in Nachkriegsdeutschland beginnt, dem im Zuge der derzeitigen Finanzkrise besondere Aufmerksamkeit zukommt.

Mittels von Strohleuten und Journalisten sollen die vier Angeklagten Aktien sowie Optionen hierauf gekauft und die Kurse durch gezielte Empfehlungen hoch- bzw. heruntergetrieben haben, um dann ihre eigenen Papiere sehr gewinnbringend zu verkaufen (Einzelheiten im Bericht von Joachim Jahn in faz.net, der auch in der heutigen FAZ auf S. 13 abgedruckt ist).

Wie die Verfahren auch ausgehen, so ist es bestürzend, wie mühelos in großen Ausmaß Privatanleger mit dubiosen Aktien und ähnlichen Finanztiteln um Millionen gebracht werden können. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft sollen die Angeklagten weit mehr als 10 Millionen € verdient haben. Der Branche tut es im Übrigen nicht gut, dass auch Funktionäre eines Verbands von Kapitalanlegern in das Verfahren verwickelt sein sollen.

Den Prozess will ich hier im Blog begleiten. Vielleicht haben Sie noch viel bessere Informationen als sie mir derzeit zur Verfügung stehen. 

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5 Kommentare

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Ich finde es viel bestürzender, wie mühelos in großem Ausmaß Privatanlegern mit Hilfe staatlicher "Riester"-Förderung nahezu renditelose Geldanlagen zur Altersversorgung aufgeschwatzt werden. Wer zahlt denn die "staatliche" Förderung - wenn er sie überhaupt beantragt - am Ende? Der Steuerzahler, also der Anleger selbst!

Gegenüber diesen Milliardenschäden fallen die paar Millionen, um die sich ein paar Zocker erleichtert haben, wirklich nicht ins Gewicht. Wer in marktenge Aktien und Optionen investiert, der weiß was er tut bzw. unterschreibt zumindest dies gegenüber dem depotführenden Institut.

Und so lange selbst die elementarsten Grundlagen von Wirtschaft und Finanzwesen nicht in der Schule gelehrt werden (als da wären Angebot und Nachfrage, Gewinnstreben und dass es keine neutralen, also objektiven Marktteilnehmer gibt, selbst wenn sie vom "guten Kollegen" empfohlen werden), so lange werden auch weiterhin ökonomisch ungebildete Bürger ihr Geld im grauen/graugrünen Kapitalmarkt verlieren - Stichworte Bauherren- und später Erwerbermodell, atypisch stille Beteiligung (Göttinger Gruppe, Langenbahn KG usw.), Zertifikate (Lehman Bros.) und andere Investments ohne Einlagensicherung, Emittentenrisiko (Solar Millennium  etc.) etc.pp.

Update: zum Riester-Flop heute eine Reportage in der ARD 22.45-23.30 "Das Riester-Dilemma"

Es ging alles sehr schnell: Im Prozess um manipulierte Aktienkurse war gestern der erste Angeklagte geständig. Als Herausgeber eines Börsenbriefs habe er vor allem Aktien zum Kauf empfohlen, die er selbst besessen habe, um danach seine Aktien - wie zumeist geschehen - mit Gewinn zu verkaufen. Anderen Aktionären  hingegen entstand ein finanzieller Schaden dadurch, weil die Kurse bald wieder abstürzten.

 

Im Gegenzug für das Geständnis hat das Gericht dem Angeklagten eine Bewährungsstrafe von nicht mehr zwei Jahren wegen Marktmanipulation in Aussicht gestellt. Das Urteil soll am kommenden Dienstag verkündet werden.

 

Der Prozess gegen einen weiteren Herausgeber des Börsenbriefs sowie zwei ehemalige Funktionäre der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) beginnt Ende Januar. Diese drei Angeklagten sitzen seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft (Bericht aus der SZ). 

Im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH zur Steuerhinterziehung, wonach eine Bewährungsstrafe bei einem Millionenschaden in der Regel nicht in Betracht kommen sollte, finde ich eine Bewährungsstrafe im vorliegenden Fall fragwürdig. Mit solch einem Strafmaß muß üblicherweise schon dann gerechnet werden, wenn lediglich fünf- oder sechsstellige Schadenssumme im Raum stehen.

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Hans schrieb:

Im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH zur Steuerhinterziehung, wonach eine Bewährungsstrafe bei einem Millionenschaden in der Regel nicht in Betracht kommen sollte

das ist doch überhaupt nicht vergleichbar!

1. Steuerhinzerziehung schädigt die Gemeinschaft unmittelbar, nicht nur Individuen.

2. Nur weil einige mit den Tipps Millionen verdient haben, heißt das noch lange nicht, dass andere genauso hohe Verluste erlitten haben. Wenn sie vernünftig gehandelt haben (z.B. Papiere nach 5% Verlust abstoßen), dürften sich die Verluste in Grenzen gehalten haben. Es ist sogar möglich, dass niemand Verluste erlitten hat.

3. Wer durch die Kursmanipulationen geschädigt wurde, hat einen zivilrechtlichen Anspruch gegen die Täter. Das Strafrecht ist nicht dazu da, diesen Anspruch durch hohe Strafen zu ersetzen. Bei einem naturgemäß asozialen Delikt wie Steuerhinterziehung ist das anders.

4. wenn Sie den Artikel gelesen hätten, wäre Ihnen das nicht entgangen: "Sein kleiner Kompagnon, der Kaufmann, machte zwischendurch mit den "gepushten" Aktien mal 20 000 Euro Gewinn, verlor aber auch einiges und zahlte am Ende sogar 50 000 Euro drauf, wie Anwalt Kleinert vorrechnet. Inzwischen aber sieht die Gewinn- und Verlustrechnung ganz anders aus. Das Gericht will es nach einer früheren Untersuchungshaft nun bei einer Freiheitsstrafe auf Bewährung zu belassen." Um den ging es hier, der Millionengewinner Bosler kommt erst noch vor Gericht - sparen Sie sich den Schaum vor dem Mund für diesen auf ;-)

Ergänzend zu meinem obigen Beitrag vom 13. d.M..

Erwartungsgemäß ist am vergangenen Donnerstag der frühere Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) Christoph Öfele (hier: Berichterstattung in WELT ONLINE) zu einer Freiheitstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Man darf gespannt sein, wie es nun weitergeht.

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