Seit wann lebt man getrennt, wenn man nie zuammengelebt hat?

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 30.01.2012
Rechtsgebiete: ScheidungFamilienrecht13|6547 Aufrufe

Die Beteiligten hatten 2010 geheiratet. Jetzt steht die Scheidung an.

Ich frage, seit wann die Beteiligten getrennt leben.

Sie: Wir haben nie zusammengelebt. Zum Zeitpunkt der Heirat hatten wir getrennte Wohnungen. Wir wollten uns eine gemeinsame Wohnung suchen. Dazu ist es aber nicht mehr gekommen.

Frage nach dem letzten ehelichen Verkehr:

Sie: Nach der Hochzeit gar nicht mehr.

Er bestätigt ihre Angaben.

Keine Kinder. Kein Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs. -> Scheidung

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13 Kommentare

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§ 1564
Scheidung durch richterliche Entscheidung

Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten geschieden werden.

 

Diese gesetzgeberische Grundentscheidung entspricht dem Schutzzweck des Art. 6 I GG. Sie schließt eine „Privatscheidung“ oder ein „Abmelden beim Standesamt“ o.ä. aus. Die „Gerichtsscheidung“ ist in fast allen Staaten der Welt die Norm. Eine Änderung in D würde erhebliche Probleme mit der Anerkennung deutscher (Privat-)Scheidungen im Ausland mit sich bringen.

 

Der Anwaltszwang (auf Seiten des Antragstellers) ist anlässlich der FGG-Reform heftig diskutiert worden. Im Ursprungsentwurf war geplant, die Anwaltspflicht aufzuheben, wenn

  • keine Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind und
  • alle Folgesachen notariell geregelt sind.

 

Dies hat sich im Gesetzgebungsverfahren nicht durch gesetzt.

 

Quote:

 

Der Anwaltszwang (auf Seiten des Antragstellers) ist anlässlich der FGG-Reform heftig diskutiert worden. Im Ursprungsentwurf war geplant, die Anwaltspflicht aufzuheben, wenn

  • keine Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind und
  • alle Folgesachen notariell geregelt sind.

 

Dies hat sich im Gesetzgebungsverfahren nicht durch gesetzt.

 

Mal angenommen:

Beide Ehepartner sind Anwälte - ist eine Selbstvertretung möglich ?

 

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Hopper schrieb:

Der Anwaltszwang (auf Seiten des Antragstellers) ist anlässlich der FGG-Reform heftig diskutiert worden. Im Ursprungsentwurf war geplant, die Anwaltspflicht aufzuheben, wenn

  • keine Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind und
  • alle Folgesachen notariell geregelt sind.

 

Dies hat sich im Gesetzgebungsverfahren nicht durch gesetzt.

Sicher unter reger Anteilnahme und Mitwirkung der von den Mindereinnahmen betroffenen Anwaltschaft.

Diejenigen, die diesen warmen Geldregen zu bezahlen haben wurden aber sicher nicht zu dieser Diskusison eingeladen.

 

Und da sich auf Seiten des Gesetzgebers auch ein extremer Überhang an Juristen tummelt, gehen nur kostensteigernde Anträge durch, wie z.B. die neu geschaffene Anwaltspflicht in allen Unterhaltssachen.

Sowas nennt sich dann Gewaltenteilung.

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Guy Fawkes schrieb:

Diejenigen, die diesen warmen Geldregen zu bezahlen haben wurden aber sicher nicht zu dieser Diskusison eingeladen.

 

Doch. Die Bundesländer, die über die VKH die Kosten zu tragen haben, haben mitdiskutiert und schließlich zugestimmt.

Wie groß ist denn der Anteil der VKH an dem Gesamtaufkommen des Scheidungsrechts?

Wie groß der Anteil der Rechtsanwälte in den Landeskammern?

Schließlich entscheiden auch die Landesparlamente nicht über ihr eigenes Geld, sondern über das des Steuerzahlers.

Ausser natürlich die Anwälte im Landtag.

Eine Zustimmung bedeutet auch für sie und ihre Kollegen einen Einkommenszuwachs. Egal ob auf Kosten der aktiv oder passiv scheidenden oder des Steuerzahlers.

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Da könnte man doch gleich mal eine themenbezogene, wenn auch eher nicht juristische, Frage einbringen, vielleicht weiß ein Praktiker da ja mehr dazu. Die Lösung einer Ehe ist ja aufgrund verschiedener Grundlagen möglich. Aufhebung, Nichtigkeit, Tod eines Partners und eben der Scheidung.

Wieso lautet jedoch der offizielle Text in der Literatur bei dem Lösungsgrund Scheidung: "Scheidung durch richterliche Entscheidung"?

Das es sich aus der Überschrift des Paragraphen ergibt, ist ja erstmal klar. Aber auch die muß ja irgendwie entstanden sein. Gibt es andere Scheidungsformen, die wirksam eine Ehe lösen können? Ist es ein Überbleibsel alter Gesetzgebung, die noch weitere Scheidungsformen vorsah, aber im Rahmen von Änderungen oder Modernisierungen auf der Strecke blieb? Oder hat es noch ganz andere Gründe?

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... und ich hatte gehofft, dass die Frage nach dem "letzten ehelichen Verkehr" im familienrechtlichen Kuriositätenkabinett gelandet wäre.

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@sic!

Die Urfassung des § 1564 BGB (Inkraftgetreten am 01.01.1900) lautete:

[1] Die Ehe kann aus den in den §§ 1565 bis 1569 bestimmten Gründen geschieden werden. [2] Die Scheidung erfolgt durch Urtheil. [3] Die Auflösung der Ehe tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein.

Ausgeschlossen waren damit Privatscheidungen (Familienrat o.ä.), kirchliche Scheidungen oder Scheidungen durch eine Verwaltungsbehörde

Einziger Scheidungsgrund ist jetzt das Scheitern der Ehe (§ 1565).

 

Wie groß ist denn der Anteil der VKH an dem Gesamtaufkommen des Scheidungsrechts?

In hiesigen Gefilden ca. 80 - 90%

Ich bin mir nicht sicher, ob der Anwaltszwang im Interesse der Anwaltschaft liegt. Von mir aus könnte er, nicht nur im Familienrecht, gänzlich abgeschafft werden. PKH-/VKH-Fälle sind finanziell nicht sonderlich attraktiv (die darauf angewiesene Mandantschaft gelegentlich auch nicht [* Büro lüft *]). Im übrigen gewinnt es sich ohne einen Anwalt auf der anderen Seite in der Regel leichter.

 

Abgesehen von der Meinung des Gesetzgebers interessierte mich aber die Ansicht von Richtern. Ist der Anwaltszwang aus richterlicher Sicht sinnvoll? Bringt er mehr Struktur in den Vortrag der Parteien? Erleichtert er den Gerichten die Tatsachenaufklärung und Rechtsfindung? Entlastet er die Gerichte, z.B. weil völlig aussichtslose Anträge durch Anwälte nicht  (oder sagen wir besser: weniger) eingereicht werden als durch die Parteien selbst, in Verfahren, in denen kein Anwaltszwang herrscht?

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Ich habe am LG (Anwaltszwang) und am AG allgemeine Zivilsachen (kein Anwaltszwang) und Familiensachen (teilweise Anwaltszwang) bearbeitet bzw. bearbeite sie noch.

In vielen Fällen habe ich den Anwaltszwang als eine Wohltat für den rechtssuchenden Bürger empfunden. Das Zivilrecht, zumal das BGB, ist eine hochabstrakte Materie (z.B.: Abstraktionsprinzip) mit einem für den Laien kaum verständlichen Fachvokabular (Eigentum- Besitz; Vererben – Vermachen; Leihwagen – Mietwagen um nur einige Beispiele zu nennen).

Der juristische Laie ist ohne anwaltliche Hilfe –wenn das Prinzip der Amtsermittlung nicht gilt und die Gegenseite anwaltlich vertreten ist – schnell hoffnungslos verloren. Die richterliche Hinweispflicht allein kann hier keine Abhilfe schaffen, denn der Richter gerät dann sehr schnell an die Grenze der Befangenheit. Noch heute ist heftig umstritten, ob der Richter befangen ist, der dem Beklagten den Tipp gibt, dass die geltend gemachte Forderung verjährt ist.

 

Gerade in Familiensachen, in denen die Emotionen – verständlicherweise – hochkochen, ist es die anwaltliche Vertretung, die nicht zur Sache gehörenden Vortrag filtert (filtern sollte).

 

Auch den (vermeintlich) einverständlichen Scheidungen, bei denen nur die Antragstellerseite anwaltlich vertreten ist, stehe ich kritisch gegenüber. Hier kann ich nur jedem raten, einen zweiten Anwalt beizuziehen und einen Blick auf die Sache werfen zulassen.

 

Welcher juristische Laie weiß, dass

  • die privatschriftliche Zustimmung zum Scheidungsantrag der Gegenseite erbrechtlich ganz andere Folgen auslöst als ein bloßes Schweigen
  • der Scheidungsantrag in der Beschwerde ohne Zustimmung des anwaltlich nicht vertreten Gegners zurückgenommen werden kann
  • die Bezugsberechtigung einer Kapitallebensversicherung sich durch die Rechtskraft der Scheidung nicht automatisch ändert

 

Naja, eine Ehe ist da ja noch harmlos, wenn man bedenkt, dass man eine Unterhaltsverpflichtung schon durch einfachen Realakt eingehen kann...  ;)

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