Fall Mollath – wie geht es weiter?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 29.11.2012

ACHTUNG: Wegen der aktuellen Entwicklung ist der ursprüngliche Text nicht mehr ganz aktuell. Am Ende dieses Beitrags (nach unten scrollen!)  finden Sie aber Updates vom 30.11., vom 01.12., vom 06.12., vom 13.12.,  vom 14.12., vom 19.12.2012, vom 07.01.2013, vom 4.2.2013 und vom 20.02.2013

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Nachdem Ministerpräsident Horst Seehofer der bayerischen Justiz eine Prüfung der Unterbringungsvoraussetzungen empfohlen hat und die Staatsanwaltschaft eine entsprechende Anregung (im Rahmen des § 67 e StGB) an das zuständige Gericht angekündigt hat, meinen manche Beobachter und Unterstützer Herrn Mollaths, die Freilassung Herrn Mollaths stehe unmittelbar bevor. Andere meinen, es handele sich dabei nur um "vorgetäuschte Aufklärung". Beides trifft meines Erachtens nicht zu. Die Überprüfung bietet derzeit zumindest eine Chance, dass Herr Mollath freikommt. Eine Wiederaufnahme wird dadurch nicht ausgeschlossen.

Ich möchte im Folgenden die juristischen Konsequenzen in diesem Stadium versuchen darzustellen. Vorauszuschicken ist, dass ich kein Wahrsager bin und deshalb auch nicht in der Lage, gerichtliche Entscheidungen vorherzusagen. Es geht mir nur darum, die möglichen Entscheidungsoptionen und ihre Voraussetzungen darzustellen.

Die Überprüfung nach § 67e StGB ist keine Wiederaufnahme des Verfahrens (dazu unten), sondern ein Vorgang, der im Gesetz vorgesehen ist – „jederzeit“ kann das Gericht, aus welchem Anlass auch immer, eine Überprüfung der Unterbringungsvoraussetzungen vornehmen und nach § 67d Abs. 6 StGB entscheiden.

Die Überprüfung beinhaltet einerseits psychiatrische Fragen

a) das (weitere) Vorhandensein einer der in § 20 StGB aufgeführten Störungen bzw. Krankheiten,

sowie

b) die (weitere) Gefährlichkeit für die Allgemeinheit durch Wahrscheinlichkeit erheblicher Straftaten, wenn der Patient aus dem Vollzug entlassen wird

andererseits eine juristische Frage:

c) die Verhältnismäßigkeit der (weiteren) Unterbringung in Relation zu den begangenen und zu erwartenden Taten und zum angenommenen Risiko des Rückfalls.

Alle drei Fragen a), b) und c) müssen kumulativ positiv erfüllt sein, also mit JA beantwortet werden. Wenn nur einer der Punkte fehlt, wird man Herrn Mollath freilassen müssen.

Die Beurteilung von a) erfordert ein psychiatrisches Gutachten. Selbst wenn man Diagnose-Fehler der bisherigen Gutachten feststellt - was die Diagnose einer wahnhaften Störung betrifft - resultiert daraus noch nicht, dass gar keine Störung i.S. des § 20 StGB vorliegt. Eine Beurteilung wird prinzipiell eine Exploration des Herrn Mollath notwendig machen, also seine Mitwirkung. Natürlich kann man verstehen, wenn sich jemand, der sich zu Unrecht als psychiatrischer Fall eingestuft sieht, nunmehr einer weiteren Untersuchung misstrauisch gegenüber steht (siehe jetzt hier). Aber um Punkt a) zu beurteilen, wird man Herrn Mollath nicht guten Gewissens raten können, sich nicht untersuchen zu lassen.

Auch die Beurteilung von b) erfordert grds. ein psychiatrisches Gutachten. Nach den Informationen, die mir vorliegen, steht zwar die Gefährlichkeitsprognose im Gutachten aus dem letzten Jahr auf schwachen Füßen. Schon die wahrscheinliche Begehung weiterer Straftaten wird eher mit Vermutungen begründet. Und der Gutachter hat dann in der Verhandlung ohne weitere Gründe anzuführen aus der Wahrscheinlichkeit eine „hohe“ Wahrscheinlichkeit gemacht – angeblich habe er sich in der Formulierung geirrt. Für eine solch hohe Wahrscheinlichkeit hat er aber im schriftlichen Gutachten keine schlüssigen Argumente genannt. Allerdings ist für die Freilassung positiv eine Wahrscheinlichkeit dafür erforderlich, dass der Untergebrachte keine (erheblichen) rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Praktisch wird in der jetzigen Situation die Unterbringung des Herrn Mollath wohl nur beendet, wenn ein psychiatrisches Gutachten die Wahrscheinlichkeit weiterer erheblicher Straftaten verneint.

Schließlich Punkt c): Die Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung (§ 62 StGB) ist eine juristische Frage, die auch ohne Gutachten beantwortet werden kann. Die Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Proportionalität hängt stark mit der Unterbringungsdauer zusammen. Das Gericht kann durchaus zu dem Ergebnis kommen, was noch im letzten Jahr verhältnismäßig gewesen sei, sei es nach einem weiteren Jahr der Unterbringung nicht mehr. Aber auch dies ist eher eine theoretische Option. Praktisch wird das Gericht wohl nur dann zu diesem Ergebnis kommen, wenn das psychiatrische Gutachten signalisiert, dass auch die gegenüberliegende Seite der Proportion, nämlich die angenommene Gefährdung der Allgemeinheit nach neuerer Einschätzung nicht mehr gegeben ist oder nicht mehr so stark ins Gewicht fällt. Zu berücksichtigen ist auch, dass Herr Mollath bei einer Freilassung unter Führungsaufsicht stehen wird.

Weder das Ergebnis eines neuen Gutachtens noch die gerichtliche Entscheidung lässt sich derzeit  vorhersagen, auch nicht, wie schnell eine solche Überprüfung zum Abschluss kommen wird. Allerdings hat die öffentliche Aufmerksamkeit meiner Einschätzung nach immerhin bewirkt, dass man nicht mehr befürchten muss, dass routinemäßig bisherige Entscheidungen bestätigt werden.

 

Herrn Mollaths Interesse, das wird aus seinen Stellungnahmen deutlich, geht wesentlich weiter: Er möchte die Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung, also die Beseitigung des Urteils, aufgrund dessen er untergebracht wurde, erreichen. Das wird auch in aktuellen Kommentaren als Ziel geäußert. Da die Unterbringung auf einem rechtskräftigen Urteil beruht, ist dies nur durch eine Wiederaufnahme gem. §§ 359 ff. StPO möglich. Dazu muss ein Antrag gestellt werden, der formal die Voraussetzungen des § 366 StPO (!) erfüllt und insbesondere ein Wiederaufnahmegrund nach § 359 StPO genannt sein. Ein Wiederaufnahmeverfahren ist alles andere als einfach zu führen. Ob die bisherigen „Zweifel“ am Urteil Wiederaufnahmegründe i. S. des § 359 Nr.1 oder Nr. 5 StPO darstellen, kann ich derzeit nicht abschließend beurteilen.

Eine Überprüfung nach § 67 e StGB und eine Wiederaufnahme nach § 359 StPO sind völlig unabhängig voneinander. Das eine schließt das andere weder ein noch aus.

Der frühere Beitrag zum Fall Mollath inkl. sehr umfangreicher Diskussion in den Kommentaren  findet sich hier.

Ein lesenswerter Blog-Beitrag von Oliver Garcia  im de legibus-blog sei verlinkt. 

Bericht von Conny Neumann  in SPON

 

UPDATE 30.11.2012:

Das kommt wirklich überraschend (SZ). Offenbar soll jetzt sogar auf Anregung von Frau Merk (Justizministerin Bayern) von der Staatsanwaltschaft ein Wiederaufnahmeverfahren beantragt werden. Damit vollzieht die Ministerin eine 180-Grad-Kehre und setzt sich, könnte man fast sagen, an die Spitze der Bewegung zur Freilassung von Herrn Mollath. Das bedeutet für das oben Gesagte: Das Wiederaufnahmeverfahren, das möglicherweise mit jetzt bekannt gewordenen Tatsachen begründet wird, wird wesentlich schneller in die Gänge kommen als ich noch gestern vermutet habe. Wenn das Wiederaufnahmeverfahren erfolgreich ist, wird (im zweiten Schritt) eine neue Tatsacheninstanz klären müssen, ob Mollath überhaupt die Straftaten begangen hat, die man ihm vorgeworfen hat.  Ohne (erhebliche) Straftat(en) kommt eine Unterbringung ohnehin nicht in Betracht, so dass dafür eine psychiatrische Untersuchung nicht erforderlich wäre.

Weiter zu bedenken: In der Sache Mollath ist derzeit noch ein Beschwerdeverfahren vor dem OLG Bamberg anhängig und eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG. In beiden Verfahren könnte die (einstweilige) Freilassung recht schnell verfügt werden, wenn sich Anhaltspunkte dafür verdichten, dass die Unterbringungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen (bzw. nie vorgelegen haben). Was man nicht vergessen sollte: Herr Mollath hat eine engagierte Verteidigerin, die zwar kaum einmal in der Presse erwähnt wird, aber sicher viel zu dieser Entwicklung beigetragen hat, ohne sich persönlich in den Vordergrund zu spielen (ich weiß nicht, ob ich ihren Namen nennen darf).

 

UPDATE 01.12.2012:

In einer neuen Stellungnahme wendet sich der Bayrische Richterverein gegen Angriffe auf die Justiz, betont deren Unabhängigkeit und fordert eine Rückkehr zur Sachlichkeit. Etwas nachdenklich macht mich eine Passage, wonach "keine Rede davon sein" könne, dass das Verfahren erst durch mediale oder politische Aufmerksamkeit in Bewegung gebracht worden sei. Das ist wohl eine komplett andere Realitätswahrnehmung als die meisten Menschen in Bayern haben. Nach meiner Einschätzung wären die jährlichen Überprüfungen der Unterbringungsvoraussetzungen bei Herrn Mollath noch einige Jahre routinemäßig behandelt worden, wenn der Fall nicht in der Öffentlichkeit diskutiert worden wäre. Die Augen vor der Realität  zu verschließen, zugleich aber eine Rückkehr zur Sachlichkeit zu fordern, erscheint mir - diplomatisch ausgedrückt -  ein etwas ungeschickter Versuch, Vertrauen in die Justiz zurückzugewinnen.

 

Eine äußerst lesenswerte, gehaltvolle und sehr plausible Analyse des Falls Mollath hat Gabriele Wolff verfasst - hier verlinkt

 

UPDATE 06.12.2012:

Ein neuer Beitrag, den ich auf LTO veröffentlicht habe, befasst sich mit den Chancen der Wiederaufnahme und mit der Revisisonsentscheidung des BGH. Allgemeiner zur Kritik der BGH-Revisionsentscheidungspraxis v.a. des 1. Senats vgl. Gisela Friedrichsen auf LTO und den Beitrag des Kollegen  v. Heintschel-Heinegg hier im Beck-Blog.

 

UPDATE 13.12.2012:

Beate Lakotta hat auf Spiegel Online "Zweifel an der Opferrolle" Mollaths zusammengestellt. Nach ihren Recherchen ist jedenfalls an der von einigen nach der Stern-Reportage aufgestellten These, das ärztliche Attest sei inhaltlich falsch oder gefälscht, nichts dran. Auch die Angaben Mollaths zur Schwarzgeldaffäre seien nicht belastbar - die angekündigten Belege habe er nie vorgelegt. Die psychiatrischen Gutachten seien zudem nachvollziehbar, da Mollath  merkwürdiges Verhalten gezeigt habe und insbesondere seine schriftlichen Äußerungen für eine wahnhafte Störung sprächen.

In der Wirklichkeit gibt es in der Regel nicht nur schwarz/weiß, sondern viel grau. Die Rechercheergebnisse von Lakotta im Spiegel und im Artikel in der heutigen "Zeit" (noch nicht online) überraschen mich daher nicht. Sie zeigen auf, dass Herr Mollath durchaus auch Symptome der ihm attestierten wahnhaften Störung aufgewiesen hat. Wer kein Psychiater ist und Herrn Mollath nicht kennt (wie ich z.B.) muss sehr vorsichtig sein mit eigenen Diagnosen (egal in welcher Richtung). Ich meine auch, diese Vorsicht gewahrt zu haben: Nur weil ein Gutachten in einigen Punkten nicht überzeugt, muss das Ergebnis nicht falsch sein. Und ein Komplott der Psychiatrie gegen Herrn Mollath gibt es sicher nicht. Aber selbst wenn eine wahnhafte Störung richtig diagnostiziert wurde, ist noch zu beachten:. § 63 StGB  setzt (anders als § 20 StGB, dort gilt in dubio pro reo) den Nachweis voraus, dass die diagnostizierte Störung auch schon bei der Tat vorhanden war und diese mitbestimmt hat. Die dafür gegebene Begründung im ersten Gutachten (immerhin musste der Gutachter fast vier Jahre zurückblicken)  ist äußerst dünn. Das Gutachten Pfäfflin baut darauf auf, da er die rechtskräftige Entscheidung als Grundlage annimmt, also die Körperverletzung als gegeben und eben als "wahnhaft" unterstellt. Das ist dann Basis für die Gefährlichkeitsprognose, die fast immer (so auch hier) im Kern auf der vergangenen festgestellten Tat beruht.

Wenn sich nun herausstellt, das Attest stamme eigentlich vom Sohn der Ärztin (ebenfalls Arzt), nicht von ihr, dann spricht das gegen ein inhaltlich falsches Attest, aber ist ein weiteres  Symptom für die Schlampigkeit der Aufklärung im Gerichtssaal, denn im Urteil heißt es: "Attest von Dr. Madeleine Reichel..." Die Verlesung erfolgte nach § 256 Abs.1 Nr.2 StPO. Hier hat möglicherweise auch die Verteidigung "geschlafen", wenn sie nicht beantragt hat, die (angebliche) Ausstellerin der Urkunde persönlich zu laden, oder wenigstens für die Revision wie Lakotta zu recherchieren, welcher Arzt eigentlich das Attest in Person unterschrieben/ausgestellt hat.

Auch wenn die Schwarzgeldvorwürfe sich im Kern als richtig herausstellen, bedeutet das nicht, dass Herr Mollath keinen Wahn hat - das habe ich in meinen Beiträgen verschiedentlich betont. Dennoch hätte man den Wahrheitsgehalt dieser Vorwürfe prüfen müssen, allein schon, um die Glaubhaftigkeit der Aussage der Ehefrau beurteilen zu können. Wären die Vorwürfe Mollaths damals bestätigt worden, hätte sicher auch nicht im Urteil gestanden, die Schwarzgeldaffäre sei "fixe Idee" und per se wahnhaft. Man hätte also das wahnhafte Erleben Herrn Mollaths genauer einordnen können, wenn sich der Kernvorwurf gegen seine Frau als zutreffend herausgestellt hätte.

 

UPDATE 14.12.2012

Drei Journalistinnen zeichnen verantwortlich für den längeren Artikel in der ZEIT, der diese Woche erschien. Insgesamt bemüht sich der Artikel darum, eine andere Perspektive der Geschichte in den Fokus zu rücken. Das wirkt gut im Gegensatz zu vielen anderen Presseberichten, die bisher etwas einseitig die Perspektive Mollaths betont haben. Und es ist grundsätzlich  richtig, sich eine Angelegneheit von verschiedenen Seiten anzuschauen, um die ganze Wahrheit zu erfahren. Die letzte Passage dieses Artikels ist allerdings so gehässig, dass ich geradezu abgestoßen bin von der Unmenschlichkeit, die aus diesem Absatz spricht:

"Florian Streibl von den Freien Wählern hat den Hamburger Rechstanwalt Strate akquiriert. Der hat Gustl Mollath in der Psychiatrie besucht, drei Vollmachten hatte er dabei - Mollath hat nicht unterschrieben. Dabei hätte Strate nicht einmal Geld verlangt. Will Mollath etwa gar keine Wiederaufnahme? hat er sich in der Rolle des Märtyrers eingerichtet?"

Herr Mollath, der eine Verteidigerin hat, hat also nicht sofort unterschrieben, als sich ihm ein Rechtsanwalt vorstellt und anbietet, seine Verteidigung im Wiederaufnahmeverfahren zu übernehmen. Sich dies gut zu überlegen ist genau das Richtige. Jeder Mensch in der Situation Mollaths sollte sich einen solchen Schritt - einen weiteren Verteidiger zu beauftragen -  gut überlegen. Herr Mollath kennt Herrn Strate ja bis dahin nicht persönlich und daher kennt er ihn auch nicht als Kapazität auf dem Gebiet der Wiederaufnahmeverfahren. Herr Mollath hat auch nicht wie wir hier draußen die Möglichkeit, Informationen über RA Strate im Internet  einzuholen. Er weiß aber, dass Herr Strate von den Freien Wählern, einer politischen Partei, beauftragt (und bezahlt?) wird, die in Opposition zur CSU steht und deren - jedenfalls medial verbreitetes - Hauptziel es ist, die CSU-Regierung bei der nächsten Wahl abzulösen.  Er muss also auch überlegen, ob die Interessen der Freien Wähler 100% mit seinen übereinstimmen. Andererseits ist es ein generöses Angebot, von einem der besten Strafverteidiger vertreten zu werden. Ich kann mir nicht vorstellen, das RA Strate, der als integer und seriös bekannt ist, seinem (beabsichtigt) künftigen Mandanten nicht schon von sich aus eine Bedenkzeit eingeräumt hat.

Wenn nun die drei Journalistinnen Herrn Mollath  zum Vorwurf machen, er habe die Vollmachten nicht sofort unterschrieben, dann scheint es mir, als habe  ihr Artikel am Ende doch das Ziel, Mollath auf eine perfide Art in ein schlechtes Licht zu rücken. Das schadet aus meiner Sicht der Reputation dieser drei Journalistinnen mehr als derjenigen Mollaths - und es wirft in der Rückschau auch ein schlechtes Licht auf den ganzen Artikel.
Ergänzung: Nach der Stellungnahme von Mollath und RA Strate in der SZ ist der letzte Absatz des ZEIT-Artikels "Unsinn".

Weitere Ergänzung (26.12.): Ursula Prem hat RA Strate zu dieser Passage des ZEIT-Artikels befragt. Hier seine Antwort:

»Der Hinweis von Frau Rückert [Anm.: Sabine Rückert, Journalistin und Mitglied der ZEIT-Chefredaktion] auf die nicht unterschriebenen Vollmachten ist besonders deshalb anstößig, weil sie mir in dem mit ihr fünf Tage vor der Veröffentlichung in der ZEIT geführten persönlichen Gespräch zugesagt hatte, alle Zitate durch mich autorisieren zu lassen. Indem sie mich nicht als Quelle zitierte, schien sie sich offenbar der Verpflichtung zur Autorisierung enthoben zu fühlen. Ich hatte ihr lediglich deshalb von den Vollmachten erzählt, weil die Reaktion von Mollath, vor Unterzeichnung der Vollmachten zunächst noch mit der für ihn bisher tätigen Rechtsanwältin Rücksprache nehmen zu wollen, gerade ein Ausweis überlegten und auch moralisch gebundenen Handelns war. Ich bekomme im Jahr mindesten fünfzig/sechzig Briefe von tatsächlich oder angeblich Unschuldigen aus Deutschlands Knästen und geschlossenen Anstalten, von denen in vergleichbarer Situation bestimmt jeder sofort unterschrieben hätte. Gerade dass Mollath dies nicht sofort getan hat, zeichnete ihn für mich aus.« (Quelle: newsandbuy.de)

Meine Kritik an dem ZEIT-Artikel und der journalistischen Tätigeit von Frau Rückert erscheint mir vor diesem Hintergrund noch als milde.

 

UPDATE 19.12.2012

In noch einem weiteren Artikel in den Nürnberger Nachrichten (das ist dieselbe Zeitung, in der die Recherchen von  Michael Kasperowitsch  veröffentlicht wurden, die den Fall Mollath "ins Rollen" brachten) wird ein Gegenstandpunkt zum Fall eingenommen. Ausgangspunkt ist die Frage, inwieweit Psychiater durch die Öffentlichkeit in Anspruch genommen werden, wenn sie (vermeintliche) Fehler machen. Dabei wird der Fall Mollath in eine Vergleichsbeziehung zu einem nach psychiatrischen Gutachten entlassenen und dann rückfällig gewordenen Sexualstraftäter gebracht. Die Öffentlichkeit, so der Tenor des Artikels,  habe damals die Psychiater beschimpft, als der Entlassene rückfällig geworden sei. Nun aber würde die Öffentlichkeit im Fall Mollath quasi das Gegenteil beanspruchen, nämlich die Freilassung eines psychiatrisch als "gefährlich" eingeschätzten Untergebrachten.

Im Fall Bernhard S. wurden, etwa in der Überwachung, Fehler gemacht, Gustl Mollath wird derzeit als mutmaßliches Justizopfer gehandelt. Beide Fälle zeigen, dass wir, die sogenannte Gesellschaft, Prognosen verlangen, die an Hokospokus grenzen. Denn Hand aufs Herz: Wer von uns weiß, ob die eigenen Kinder die laufende Schulklasse bewältigen, zu Ladendieben werden oder wie lange es noch den Euro gibt? Und natürlich gehört die Kristallkugel nicht zum Handwerkszeug des Wissenschaftlers.

Richtig ist daran, dass psychiatrische Gutachten mit Gefährlichkeitsprognosen, selbst wenn sie fachlich und sachlich korrekt sind, immer nur eine Wahrscheinlichkeit für künftiges Verhalten prognostizieren können. Dass die Zukunft tatsächlich wie die unwahrscheinlichere Variante verlaufen kann, liegt in der Natur einer Vorhersage menschlichen Verhaltens. Aber der Vergleich des Falls Mollath mit dem genannten "Serienvergewaltiger Bernhard S." hinkt an anderen Stellen gewaltig, namentlich nicht nur hinsichtlich der Schwere der Taten, die Mollath vorgeworfen wurden, sondern auch hinsichtlich der konkreten Kritik, die an einzelnen psychiatrischen Gutachten im Fall Mollath geübt wird.

Noch ein anderer Aspekt aus dem Artikel stößt unangenehm auf. Unterstellt die Darstellung der Journalisten trifft zu, dann hat der damalige Pflichtverteidiger Mollaths gegenüber Journalisten Auskunft gegeben über Interna der Mandatsbeziehung und hat damit bewusst zum Nachteil seines damaligen Mandanten Mollath Stellung genommen. Das ist das Gegenteil dessen, wofür "Verteidigung" steht und dies kann einen schweren Pflichtverstoß als Strafverteidiger darstellen. Dass er von den Nürnberger Nachrichten falsch zitiert wurde, liegt nicht nahe, denn es sind bereits ausführlichere Angaben von ihm in der Nürnberger Zeitung publiziert, die bislang nicht dementiert wurden.

 

UPDATE 07.01.2013

Die Strafanzeige von RA Strate vom heutigen Tage hat möglicherweise zweierlei Bedeutung.

Zum einen erscheint sie insofern wichtig, als die Öffentlichkeit sich mit einem weiteren Aspekt der Mollath-Sache befasst, aus dem sich ergibt, dass man - seitens Justiz und Psychiatrie - damals (wie heute) offenbar keine Skrupel kannte bzw. kennt, Herrn Mollath entgegen anerkannten rechtlichen Maßstäben zu inhaftieren. Zu den Tatsachen, die Strate jetzt noch einmal in einem 50seitigen Schriftsatz aufbereitet zur Anzeige gebracht hat,  lag schon letztes Jahr seitens der Verteidigerin Mollaths eine Strafanzeige vor - nur damals hatte der Fall noch nicht eine solche Aufmerksamkeit erlangt, dass sich Öffentlichkeit und insbesondere die Staatsanwälte hinreichend dafür interessierten. Deshalb ist es gut, dass die Sache nun mit Verve noch einmal präsentiert wird, denn sie hat nun wesentlich mehr Chancen auf Beachtung. Die Akte Mollath hält im Übrigen noch einige "Knaller" von ähnlichem Gewicht vor. Die Strafanzeige selbst ist jedoch weder ein Wiederaufnahmegrund, noch bringt sie die Freilassung Mollaths aus der jetzigen Unterbringung unmittelbar voran - es geht schließlich um die Unterbringung zur Beobachtung im Ermittlungsverfahren, also vor der Hauptverhandlung. Die jetzige Unterbringung beruht jedoch auf einem rechtskräftigen Urteil, das durch diese Strafanzeige nicht beseitigt werden kann.

Die Strafanzeige wirft aber das Licht auf einen möglichen Wiederaufnahmegrund, der bisher nicht im Brennpunkt der Diskussion stand, nämlich dass die Tatsachengrundlagen für das entscheidende psychiatrische Gutachten  möglicherweise mittels  verbotener Vernehmungsmethoden - Strate erwähnt ausdrücklich § 136 a StPO (S.41) - erhoben wurden. 

 

UPDATE 04.02.2013

Wie Spiegel Online berichtet, hat es die zuständige Strafvollstreckungskammer den Antrag der StA abgelehnt, ein neues Gutachten einzuholen, nachdem Herr Mollath eine Begutachtung abgelehnt hat. Das Gericht sah es wohl als wenig sinnvoll an, ein psychiatrisches Gutachten ohne Mitwirkung Mollaths zu erstellen.

Dennoch kann (und müsste)  die StVK auch eine Entscheidung darüber treffen, ob Herr Mollath nach fast sieben Jahren Unterbringung  freizulassen ist.

Die Frage der (Un)verhältnismäßigkeit ist eine rein juristisch zu beantwortende, die vom Gericht jederzeit getroffen werden kann - und muss. Ich habe im November, als mein obiger Beitrag entstand, gleichwohl noch angenommen, dass die StVK mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine solche Entscheidung, obwohl sie m. E. rechtlich klar zu beantworten ist (vgl. die beiden jüngsten BVerfG-Entscheidungen zur Maßregel der Unterbringung), nicht ohne Gutachten fällen werde. Aber seither ist eine Menge passiert. Ich wundere mich inzwischen wirklich, warum Herr Mollath nicht längst in die Freiheit entlassen wird (mit entsprechender Vorbereitung auf die Freiheit nach 7 Jahren), denn mit jedem Tag wird das mögliche Unrecht größer.

Außerdem: Wenn eine Wiederaufnahme ergibt, dass von Anfang an die Unterbringungsvoraussetzungen nicht gegeben waren, ist Herr Mollath zu entlassen - auch ohne neues Gutachten. Denn einige der Unterbringungsvoraussetzungen beinhalten wiederum Fragen, die nicht ein Gutachter, sondern nur ein Gericht beantworten kann, z.B. die Frage, ob die ihm vorgeworfenene Straftaten tatsächlich von ihm begangen wurden.  Auch ein erfolgreiches WA-Verfahren erschien mir noch Ende November relativ fern liegend. Derzeit sehe ich aufgrund vieler neuer Informationen das WA-Verfahren als möglicherweise erfolgsträchtig an.

UPDATE vom 20.02.2013
RA Strate hat nun einen Wiederaufnahmeantrag gestellt und auf seiner Website veröffentlicht, hier. Kern des Wiederaufnahmegesuchs sind diverse Rechtsbeugungsvorwürfe gegen den damaligen Vors. Richter am LG, Brixner. Eine Presseerklärung von RA Strate findet sich ebenfalls auf seiner Website, hier.

Die möglichen  Rechtsfolgen eines Wiederaufnahmeantrags ergeben sich aus der Strafprozessordnung:

 

§ 368

(1) Ist der Antrag nicht in der vorgeschriebenen Form angebracht oder ist darin kein gesetzlicher Grund der Wiederaufnahme geltend gemacht oder kein geeignetes Beweismittel angeführt, so ist der Antrag als unzulässig zu verwerfen.

(2) Andernfalls ist er dem Gegner des Antragstellers unter Bestimmung einer Frist zur Erklärung zuzustellen.

§ 369

(1) Wird der Antrag für zulässig befunden, so beauftragt das Gericht mit der Aufnahme der angetretenen Beweise, soweit dies erforderlich ist, einen Richter.

(2) Dem Ermessen des Gerichts bleibt es überlassen, ob die Zeugen und Sachverständigen eidlich vernommen werden sollen.

(3) Bei der Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen und bei der Einnahme eines richterlichen Augenscheins ist der Staatsanwaltschaft, dem Angeklagten und dem Verteidiger die Anwesenheit zu gestatten. § 168c Abs. 3, § 224 Abs. 1 und § 225 gelten entsprechend. Befindet sich der Angeklagte nicht auf freiem Fuß, so hat er keinen Anspruch auf Anwesenheit, wenn der Termin nicht an der Gerichtsstelle des Ortes abgehalten wird, wo er sich in Haft befindet, und seine Mitwirkung der mit der Beweiserhebung bezweckten Klärung nicht dienlich ist.

(4) Nach Schluß der Beweisaufnahme sind die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte unter Bestimmung einer Frist zu weiterer Erklärung aufzufordern.

 

§ 370

(1) Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird ohne mündliche Verhandlung als unbegründet verworfen, wenn die darin aufgestellten Behauptungen keine genügende Bestätigung gefunden haben oder wenn in den Fällen des § 359 Nr. 1 und 2 oder des § 362 Nr. 1 und 2 nach Lage der Sache die Annahme ausgeschlossen ist, daß die in diesen Vorschriften bezeichnete Handlung auf die Entscheidung Einfluß gehabt hat.

(2) Andernfalls ordnet das Gericht die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung an.

 

§ 371

(1) Ist der Verurteilte bereits verstorben, so hat ohne Erneuerung der Hauptverhandlung das Gericht nach Aufnahme des etwa noch erforderlichen Beweises entweder auf Freisprechung zu erkennen oder den Antrag auf Wiederaufnahme abzulehnen.

(2) Auch in anderen Fällen kann das Gericht, bei öffentlichen Klagen jedoch nur mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft, den Verurteilten sofort freisprechen, wenn dazu genügende Beweise bereits vorliegen.

(3) Mit der Freisprechung ist die Aufhebung des früheren Urteils zu verbinden. War lediglich auf eine Maßregel der Besserung und Sicherung erkannt, so tritt an die Stelle der Freisprechung die Aufhebung des früheren Urteils.

(4) Die Aufhebung ist auf Verlangen des Antragstellers im Bundesanzeiger bekannt zu machen und kann nach dem Ermessen des Gerichts auch auf andere geeignete Weise veröffentlicht werden.

 

Das Spektrum reicht also von Unzulässigkeit des Antrags bis hin zur Neuauflage der Hauptverhandlung mit anschließendem Freispruch. Interessant ist das  "dazwischen liegende" Ergebnis nach § 371 Abs.2 und Abs.3 S.2. Danach kann das Gericht auch im Beschlusswege (also ohne neue Hauptverhandlung) dazu kommen, das frühere Urteil aufzuheben.

 

Ich bereite einen neuen Beitrag zum Fall vor.

DISKUSSION WOANDERS

Zu den Artikeln auf SPON und in der ZEIT vgl.  auch delegibus-Blog, zudem eine sehr eingehende Analyse auf dem Blog humana conditio

Beate Lakotta verteidigte ihren SPON-Artikel gegen die Kritik von Oliver Garcia und Thomas Stadler im SpiegelBlog. Dazu erfolgte eine Gegenrede von Oliver Garcia (hier), von Thomas Stadler (hier) und von Sascha Pommrenke (hier)

Ein neueres Interview mit Frau JuMin Merk findet sich auf telepolis

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Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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890 Kommentare

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@Robert Stegmann:

Die Besetzung der großen Strafkammer ist in § 76 GVG geregelt (http://dejure.org/gesetze/GVG/76.html). Bei schwierigen/aufwendigen Verfahren sind es 3 Berufsrichter und 2 Schöffen, bei sonstigen Verfahren sind es 2 Berufsrichter und 2 Schöffen. Die Kammer hat einen Beurteilungsspielraum. Wenn der BGH meint, sie hat bei der Beurteilung danebengehauen, dann hebt er das Urteil auf, weil zu wenige Richter mitgewirkt haben (http://dejure.org/2010,882, kommt aber selten vor).

Zum 1.1.2012 gab es eine Änderung des § 76 GVG, mit der der Gesetzgeber selbst den Kreis der Verfahren, bei denen die Fünferbesetzung den Vorrang haben soll, weiter gezogen hat. Das sind z.B. Verfahren, bei denen eine Unterbringung in Betracht kommt (wie bei Mollath).

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@M.Deeg

Ihr heutiger Beitrag ist leider der Moderation zum Opfer gefallen. Könnten Sie sich per E-Mail mit mir in Verbindung setzen? (http://dejure.org/impressum.html)

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Sehr geehrte Kommentatoren,

auf einige der zuletzt aufgeworfenen Fragen möchte ich kurz antworten.

 

1. Zu den Tatsacheninstanzen (@Wahrheitsfinder u.a.).

Die erste Hauptverhandlung gegen Herrn Mollath fand vor dem AG statt. Das AG hat dann beschlossen, ein psychiatrisches Gutachten anzufordern und hat die Sache in der Folge an das LG abgegeben. Dadurch wurde dann das LG zur ersten Instanz. Wie Herr Garcia schon schrieb: Wenn ein Strafverfahren in der ersten Instanz vor dem LG stattfindet, ist als Rechtsmittel nur die Revision (zum BGH) zulässig, eine zweite Tatsacheninstanz gibt es dann nicht mehr. Im "Normalfall" ist das auch kein Problem, da die Kammern am LG grds. schon von ordentlich ausgebildeten Richtern besetzt sind, die professionell agieren. Allerdings zeigt der Fall Mollath mit seiner Häufung an verfahrensrechtlichen, materiellrechtlichen und gutachterlichen Fehlern (und mehr?) doch, dass der gesetzliche Verzicht auf eine zweite Tatsacheninstanz  problematisch werden kann. Diese Fehlerhäufung ist so eklatant, dass es nach Akteneinsicht wohl kaum mehr einen (bayersichen oder deutschen) Strafjuristen gäbe, der hier nicht kräftig mit dem Kopf schütteln würde. Obwohl es bisher ja schon viele Stellungnahmen dazu gab, sind die Fehler bislang keineswegs erschöpfend aufgezählt worden. Wäre Herr Mollath zu diesem Zeitpunkt (Hauptverfahren, Revision) gut verteidigt worden, hätten wenigstens die gröbsten (Verfahrens-)Fehler in der Revision gerügt werden können, wenn auch ohne Erfolgsgarantie. Aber das war leider auch nicht der Fall. Verfahrensfehler sind aber grds. noch keine Wiederaufnahmegründe.

 

2. Zu der Dauer des Wiederaufnahmeverfahrens (@Joachim Bode).

Vor ca. einem Monat wurde die StA Regensburg beauftragt, das WA-Verfahren zugunsten Mollaths zu betreiben. Ein WA-Verfahren ist ziemlich kompliziert, die Akten sind dick und müssen erst einmal durchgearbeitet werden, womöglich auch noch (potentielle neue) Zeugen befragt werden etc. Zudem ist ein WA-Antrag keine Routinesache; ein korrekter Staatsanwalt sollte sich auch erst einmal ein paar StPO-Kommentare dazu durchlesen - das würde ich jedenfalls erwarten. Natürlich darf sich die Staatsanwaltschaft nicht auf Presseberichte oder gar Beiträge in Blogs verlassen und dort genannte Fakten einfach in ihren Antrag übernehmen. Soll der WA-Antrag Hand und Fuß haben (und nur dann hat er Erfolgsaussichten), dann muss er gut überlegt geschrieben werden. Die Kontrolle der Öffentlichkeit (Presse und Intertnet) soll und kann dafür sorgen, dass hier keineswegs nur ein schneller Alibi-Antrag gestellt wird. Bei allem Verständnis für Ungeduld: Ein Monat - noch dazu mit Weihnachtspause zwischendrin - ist viel zu kurz, um schon die Dauer zu kritisieren. Sollte sich zeigen - in einigen Wochen, solange wird es sicherlich dauern -, dass die Staatsanwaltschaft den WA-Antrag nicht engagiert betreibt, werde ich dies auch kritisieren. Momentan allerdings gehe ich (nicht etwa aus Lokalpatriotismus) erst einmal davon aus, dass die Regensburger Staatsanwälte es ernst meinen, auch im Interesse des Ansehens der bayerischen Justiz, das durch den Fall beschädigt ist.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Sehr geehrter Herr Professor Dr. Müller !

Herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort, die allerdings notwendigerweise  vorallem den juristischen "Status quo" wiedergibt und mich nicht zufrieden stellen kann :

Auch weil sich das Recht weiterentwickelt und vom Bundesverfassungsgericht weiter-

entwickelt werden kann. Vielleicht und hoffentlich durch die Causa Mollath !

In § 74 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz ist die Zuständigkeit der Landgerichte

konkret festgelegt. Demnach sind die Landgerichte nur für sehr schwere Straftaten,

wie Mord usw. zuständig. Die leichte oder angeblich schwere Körperverletzung fällt

 nicht  ohne weiteres darunter ! Voran gestellt ist dann allerdings in diesem Paragraphen, dass für a l l e Fälle der  w a h r  s c h e i n l i c h e n  Schuldunfähigkeit  nicht das Amtsgericht ,sondern im vornherein n u r  das Landgericht  auch als"letzte" !!!! Tatsacheninstanz zuständig ist. Kann diese gesetzliche Regelung von Gerichten auch anders interpretiert werden?

Die Zuständigkeit des Landgerichts ergibt sich ja nur, wenn die Schuldunfähigkeit tat-

sächlich w a h r s c h e i n l i c h   ist. Amtsgerichts-Richter hätte als auch in eigener

Zuständigkeit den (manipulierten) Verdacht auf Geisteskrankheit  und schwerer Körperverletzung verneinen können oder in dieser Gerichtsebene ein Gutachten und damit eine  e r s t e  und rechtsstaatliche notwendige z w e i  Tatsacheninstanzen (AG + LG) gewährleitsen können. Auch hätte m.E. , soweit ich dies beurteilen kann- das Landgericht den schnellen Übergang auf das LG verweigern können. Natürlich nur, wenn ein anderes (Rechts-) Bewußtsein vorgelegen hätte !

Hat es diesen  juristischen, justiziellen Handlungsspiel gegeben ? M.E. ist der § 74 Abs.

1 Satz 1 GVG mit der Generalklausel für Schuldunfähige bzw. die Verfahrensweise bei

Herrn Mollath und sehr vielen analog Betroffenen verfassungswidrig und dies dürfte

im Wiederaufnahmeverfahren der Öffentlichkeit bewußt werden!

Der "Verhältniskeits-Wahn" zwischen der angeblichen Körperverletzung und einer

siebenjährigen Unterbringung ist m.E. teilweise ursächlich  durch die völlig

undifferenzierte o.g. Bestimmung entstanden ! Die Generalklausel: Alleinige Zuständigkeit des Landgerichts bei wahrscheinlicher Schuldunfähigkeit könnte und sollte in einem Kausal-

zusammenhang mit den im § 74 Abs. 74 Abs. 1 Satz 2  aufgeführten schweren Verbrechen stehen und auch gesetzlich  geregelt werden oder in der Gerichts-

praxis gehandhabt werden . Verfahren vom Amtsgericht mit einer Körperverletzung

ohne schwerwiegende Folgen  sollten und dürften vom Landgericht nicht angenommer werden.

Sehr geehrter Herr Professor, auch wenn dies ein sehr komplexe Thematik ist, bitte ich

darauf adäquat und konkret einzugehen. Bitte auch viele Kommentare ! Danke !

 

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Lieber Prof. Dr. Müller,

vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Einlassung zur Dauer des Verfahrens. Ich teile Ihre Meinung.

In meinem Beitrag hatte ich allerdings weniger das Wiederaufnahmeverfahren gemeint, das  sicherlich ebenso wie alle Verfahren, die Freiheitsentziehungen betreffen, auch eilbedürftig ist, sondern das Verfahren, das die StA Nürnberg  am 27. November 2012 angekündigt hat, nämlich anzuregen, "dass man hier ein weiteres Gutachten einholt", so deren Sprecher Thomas Hammer (SZ v. 27.11.2012). In einem solchen Verfahren ist, wie Sie es eingangs des Blogs ausgeführt haben, ein (noch nicht unbedingt schriftlich abgefasstes) Gutachten erforderlich, zu dessen Ergebnis der Untergebrachte und die Staatsanwaltschaft angehört werden müssen. Anschließend können die zur Entscheidung berufenen Richter ihren Beschluß fassen. Ich sehe vor dem Hintergrund  langjähriger Berufserfahrung keinen Anlass dafür, dass ein solches Verfahren  länger als 2 oder 3 Tage dauern müsste. Wenn die Beteiligten es wollen, kann das Verfahren sogar innerhalb eines einzigen Tages abgewickelt werden. Hier gibt es meines Erachtens kaum Ermessensspielräume! Oder war ich Jahrzehnte lang zu schnell (in Freiheitsentziehungsangelegenheiten) und habe dabei etwas übersehen?

Liebe Grüße und in Bewunderung Ihres Engagements:

Joachim Bode

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Eine Entschädigung dürfte nur in Frage kommen, wenn sich rückwirkend herausstellt, dass die Unterbringung unrechtmäßig war.

Stellt man hingegen mit einem neuen Gutachten fest: Jetzt ist er geheilt, er kann entlassen werden, sehe ich wenig Möglichkeiten für eine Entschädigung. Vor allem auch, weil die Anzeigen wegen Freiheitsberaubung gegen Richter und Gutachter wohl eher im Sande verlaufen werden.

 

 

Es ist für mich schwer abzuschätzen, was die Landesregierung jetzt erreichen will. Sicherlich will man das Thema nicht im Wahlkampf haben, so dass eine Entlassung im Sommer eher unwahrscheinlich ist. Entweder wird M. bis Ostern entlassen sein, so dass die Wellen sich bis zum Spätsommer gelegt haben, oder das Verfahren wird so lange verzögert (und die Justizministerin kann dann mit Hinweis auf das laufende Verfahren alle Stellungnahmen verweigern) bis die Wahl gelaufen ist. Wir werden sehn.

(Und bitte kommen Sie mir nicht mit "Die Entscheidung über die Entlassung und deren Zeitpunkt trifft nicht die Landesregierung" - das ist zwar juristisch richtig, aber so naiv sollte keiner mehr sein, zu glauben, dass da nicht Einfluss genommen werden kann.)

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@Prof. Müller:

Welche Häufung an gutachterlichen Fehlern meinen Sie denn? In Ihrem ersten Beitrag zum Mollath-Verfahren nennen Sie nur einen Schwachpunkt, nämlich dass die Gutachter keine Kenntnis vom (angeblich) im HVB-Revisionsbericht bestätigten Wahrheitsgehalt der "Schwarzgeld"vorwürfe Mollaths hatten.

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Der Bundesgerichtshof hat in zwei Entscheidungen vom 20. Juni 2012 (Az.: XII ZB 99/12 und Az.: XII ZB 130/12) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und entschieden, dass es an einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden gesetzlichen Regelung für eine betreuungsrechtliche Behandlung gegen den natürlichen Willen des Patienten fehlt.  

 

Ist das nicht auch ein wichtiger Punkt für Herrn Mollath ?

 

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@Gast

Die BGH-Entscheidungen betreffen nicht die Unterbringung als solche, sondern Zwangsbehandlungen im Rahmen einer Unterbringung. Soweit bekannt, ist Herr Mollath keiner Zwangsbehandlung ausgesetzt. Er lehnt eine Behandlung ab und dies wird respektiert.

Die BGH-Entscheidungen beziehen sich auch nur auf zivilrechtlich angeordnete Unterbringungen. Zwangsbehandlungen im Maßregelvollzug haben eine gesetzliche Grundlage (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 2 und 3 UnterbrG - http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/bsbayprod.psml;jsession...).

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Sehr geehrter Herr Professor Müller, liebe Kommentatoren !

In meinem Beitrag : Unterbringung nur aufgrund einer gerichtlichen Tatsacheninstanz !!!

habe ich statt Unterbringung den Begriff Schuldunfähigkeit irreführend verwendet.

Bitte dies miteinzubeziehen.                                                                                                   Wenn das Amtsgericht , einen unbegründeten, angeblichen Verdacht auf angebliche

schwere Körperverletzung und Geisteskrankheit nicht verlässlich prüft, ist Tür und Tor

geöffnet manipulativ Anzeigen sofort auf die einzige Tatsacheninstanz Landgericht zu

schieben und die Rechtsfindung und Rechtssprechung zu mißbrauchen. Es kann schwerlich ein Zufall sein, dass nicht nur eine leichte Körperverletzung eingebracht wurde, sondern durch das Würgen eine schwere u.U. lebensgefährliche Körperverletzung mit der Information, dass bei diesem Verdacht nur noch das Landgericht als einzige Tatsacheninstanz die Wahr- oder Unwahrheit prüft und über das Schicksal eines

Menschen entschieden wird ! Es ist sehr widersprüchlich, dass die erste Anzeige

auf Körperverletzung in  Nürnberg ! nicht angenommen wurde und bald danach

erfolgte  eine Anzeige in Berlin !, die dann Erfolg hatte. Mir ist bewusst ,dass der blog nicht

 der Wahrheitsfindung, in dem konkreten Fall dienen kann, es wäre von großer Bedeutung,

wie  dies konkret zwischen Amts- und Landgericht in gleichgelagerten Fällen rechts-

staatlich praktiziert wird.

Weitere Fragen : In Regensburg wurde,wird über den Holocaust-Leugner  vor dem Amts-,

Land- und Oberlandesgericht verhandelt -zweifelsohne eine sehr bedeutsame Problematik.

Wie ist es möglich, dass dies Dummheit eines inhumanen Menschen über drei Instanzen

verhandelt wird und Herr Mollath in einer Tatsacheninstanz existenziell in dieser Trag-

weite geschädigt wird. In materiell-zivil-rechtlichen oft banalen Angelegenheiten werden

Streitigkeiten bis zum Oberlandesgericht ausgetragen. Die Tatsache einer "Tatsachen-instanz" in der Causa Mollath ist ungerecht und nicht menschlich.

Erbitte konkrete Antworten auch von den wachen Kommentatoren! Danke !

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Sehr geehrter Herr Prof. Mueller,

da Sie richtigerweise oben - wie auch zuvor andere Kommentatoren - die sicherlich 'suboptimale' Verteidigerleistung im Fall Mollath rügten, hier eine realitäre DARSTELLUNG, unter welchen Umständen und repressiven Zwängen Pflichtverteidiger und überhaupt Rechtsanwälte in FRANKEN arbeiten müssen, anhand soeben erschienem Pressebericht:

http://www.mainpost.de/regional/franken/Die-gepflegte-Kunst-der-Beleidig...

Es handelt sich hierbei im übrigen um meinen sehr kompetenten Pflichtverteidiger, der verhindert hat, dass ich wie Herr Mollath dauerhaft nach Paragraf 63 StGB in einer fränkischen Forensik lande!

An den Fakten und der Tatsache eines bayerischen Justizskandals ändern auch die inflationären Löschungen von Beiträgen hier nichts....

Beste Grüße,
M.Deeg

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Kennt jemand die Statistik zu Strafverfahren?

 

a) Wie oft wird der Paragraph 20 StGB (absolute Schuldunfaehigkeit) angewendet?

b) Was ist die Untergrenze hinsichtlich der Anlasstat? (ich kenne einen Fall, in dem sowohl das Strafgericht - Verfuegung, die Sache nicht zur Hauptverhandlung zuzulassen - als auch die StA der Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld bereits zugestimmt hatte). Der Betroffene aber wollte einen Freispruch. Das nachfolgende Theater kostete die Gerichtskasse einen 5-stelligen Betrag.

Es geht um Eitelkeiten von Juristen! Wehe, wenn sich ein Staatsanwalt oder Richter in einen Fall verbeisst wie ein Dobermann, der sich auch hochheben laesst, statt den Stock loszulassen.

c) Wie viele Straftaten werden von psychisch Kranken begangen und fuehren dann zu i. Begutachtungen und ii. Weggesperrt werden  gem. Paragraph 63 StGB?

 

d) Was kann zu den Gutachten gesagt werden?

1. Wie viel Zeit zur Untersuchung erhaelt der SV?

2. Wie viel Zeit erhaelt der Beschuldigte, sich mit diesem SV Gutachten auseinander zu setzen und ggf. Entgegnungen vorzutragen?

3. Wie viele Seiten umfasst solch ein Gutachten mindestens i.d.R.?

4. Trifft zu, dass keineswegs das oder die schriftlichen Vorutachten das eigentlich geltende Gutachten sebst sind? Anders gesagt, kann ein SV alles schoen umbestimmt lassen und waehrend der HV dann umschwenken und absolute Schuldunfaehigkeit als SV versichern.

5. Das mir bekannte Gutachten wurde weniger als 24 Stunden vor Beginn der HV diktiert. Es blieb ohne klaren Befund und basierte auf dem Aktenstudium (von <50% der Akte) - dies ist Zensur und offenbar sowohl erlaubt als auch gaengige Praxis - und einem einstuendigen Gespraech 23 Stunden vor Beginn der HV. Dabei wurde die Anlasstat nicht thematisiert.

 

i. Ploetzlich werden das GG und Artikel 6 (2) der MRK ausgehebelt. Denn der Beschuldigte wurde ja nicht verurteilt und es geht keineswegs um eine brutale oder perverse Tat. Zudem hatte ja ein Richter bereits entschieden, die Sache nicht zur HV zuzulassen. Aber wenn ein Staatsanwalt das Recht beugen will, dann geschieht dies eben - zum Teufel mit der StPO und der moeglichen Revision zum Landgericht! Ohne Kenntnis des Urteils zu haben - weil das Gutachten vorher erteilt wird - wird aufgrund einer hypothetischen Straftat eines bestreitenden Angeklagten dann wiederum im Urteil darauf aufgebaut und entschieden. WAS der Angeklagte tatsaechlich Jahre vorher getan hat (oder nicht), bleibt total irrelevant!!

 

ii. Belehrung des Betroffenen? Ach wozu - es geht doch auch bestens ohne sowas! 

In diesem Fall wurde dann die HV zur Begutachtung benutzt. Wobei der Angeklagte ja einserseits voll prozessfaehig sein soll, gleichzeitig aber irgendwie dem SV Innensicht ermoeglicht haben soll, ohne Bezug auf die Anlasstat (in Wort und Schrift, einschlisslich der 16 + 7 Seiten des schriftlichen vorbereitenden "Gutachtens") dann  zu beeiden, vor mehr als 3 Jahren sei "die Einsichts- und Steuerungsfaehigkeit aufgehoben" gewesen, da eine polymorphe PS mit narzisstisch-querulatorischen Zueegen vorgelegen habe. 

 

iii. Die Tat bestand in der Abgabe einer einzigen A-4 Seite mit handschriftlichen Fakten zur Untermauerung eines Insolvenzantrags ueber das Vermoegen des Arbeitgebers.

 

Nun wird es wirklich kurios. Der AG liess Strafanzeige erstatten und alle Angaben als falsche Versicherung an Eides statt gem. 156 StGB anzeigen. Diese Anzeige war nicht unterschrieben, aber ein kleines Verfahrenshinderniss bremst keinen Amtsanwalt, wenn dieser sich in einen Fall verbissen hat.

 

Der Angeklagte hatte seit Monaten keinen Lohn erhalten. Auch nannte er die Namen von 2 Kollegen in einer aehnlichen Situation. Vergeblich suchte er nach den Bilanzen im Handelsregister. Dann zitierte er noch das Urteil C-191/95 gegen Deutschland. Und ueberreichte viele Seiten mit Beweisen wie Tankabrechnungen und Fahrtenschreiber-Karten (sind >24 h Arbeitszeiten ueblich? Wenn der Chef Druck macht, vielleicht schon). Ach ja, Lohnschecks platzten, konnten also nicht eingeloest werden.

 

iv. Was geschieht dann? Die StA beauftragt die Kripo zu ermitteln!

 

Nun ruft ein KHK die Mutter des Beschuldigten an und veraengstigt die alte Frau, um Druck auf den Beschuldigten auszuueben. Sowas ist ziemlich effektiv - sollte man bei Vergewaltigern mal versuchen. Einfach im familiaeren Umfeld seitens der Kripo plaudern...

 

x. Der KHK hat nun 3 Zeugen zu befragen. Schnell kommt heraus dass in der Tat Loehne geschuldet wurden. Aber unser KHK ist mental ueberfordert (oder er hilft dem Amtsanwalt mit Vorsatz und verfolgt einen Unschuldigen). Es ging naemlich immer nur um den Ist-Zustand am Tag des einseitigen Protokolls. Stimmten die Angabemn - oder nicht?

 

y. Die anderen AN reichten Zivilklagen rin. Monate spaeter hatte der eine AN noch immer nicht seinen Dezember Lohn erhalten. Er hatte gekuendigt. (Tip: einfach nicht zahlen - bis der AN selber kuendigt)

 

z. Der andere AN wurde gar obdachlos und zog beim Beschuldigten unentgeltlich ein. (Spaeter sollte der SV dann das Fehlen jeglicher Empathie gutachterlich versichern und darlegen, der Beschuldigte koenne "andere Menschen nicht verstehen". Garniert mit einem Eid, das Gutachten sei nach dem Stand der Medizin und Wissenschaft erstellt worden bla bla. (Das komplette Gutachten existiert ja leider nicht in schriftform, aber die Allgemeinheit hat keine Vorstellung davon, was da mitunter so abgeht).

 

Nach etwa einem halben Jahr hat der Strafrichter vom Beschuldigten Beweise fuer faule Schecks erhalten und das ArbG gab ihm zu 100% Recht und bestaetigte den Fortbestand des AV. *** Die Revision scheiterte an der - schon bei der Strafanzeige - fehlenden Unterschrift des Firmenanwalts. Dies war auch ein Punkt, der laut Strafanzeige  f a l s c h  gewesen sein soll: Das AV bestehe fort. Der Typ muss ja voellig durchgedreht sein, sowas zu behaupten!!! Schliechlich versicherten  der GF und sein Firmenanwalt das Gegenteil und sie bestritten auch jegliche Unregelmaessigkeiten wie Unterschlagung von Loehnen usw.

 

Sowas passiert nicht in DE. Ein ehrbarer Unternehmer erstattet keine boesartigen Strafanzeigen. Alles klar - hier ist ein Wahnsinniger am Werk.

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Nun hatte sich der erfahrene Strafrichter sofort die Kontoauszuege des Beschuldigten beschafft und dann selber die geplatzten Schecks und das Urteil des ArbG zur Kenntnis genommen. => Vfg, die Sache  n i c h t  zur HV zuzulassen. Doch unsere StA als Teil der Justiz scheut auch keine Rechtsbeugung. Wozu in die Revison gehen - einfach weiter machen. Der Beschuldigte bekommt ja nichts mit, denn dieser Beschluss wird ja wohlweislich nicht etwas amtlich zugestellt.. Oh nein! Damit wuerde man ja fuer eine faires Verfahren sorgen. Wo kaeme man dann hin, wenn man wichtige Verfuegungen den Beschuldigten mitteilen wuerde?!?

 

Ein paar Jahre spaeter...

 

Die Staatsanwaltschaft ist genervt und merkt, sie hat mehr abgegissen, als sie kauen kann. Also nun doch der alten Verfuegung nachkommen und die Einstellung anbieten. Begruendung" "geringe Schuld". *** Es waere sehr hilfreich, angesichts der unsaeglich schlecht gemachten Strafanklage wenigstens jetzt die Schuld sauber heraus zu arbeiten

 

Pardon, was fuer Schuld? Tja, ein weiteres Mittel ist es, dei Strafanklage nicht etwa klar zu formulieren. Zum Teufel mit Artikel 6 (3) a MRK. Schliesslich ist dies noetig, um leichter das Recht zu beugen...

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Der Beschuldigte ist unbescholten und beruflich erfolgreich. Er landete als Akademiker bei einer Bank und mietete sich ein grosses Haus in der Stadt und kaufte eine Ranch in Kalifornien. (Laut BVerfG ist eine Beschwer im Alltag durch SASA usw. nachzuweisen und die Tat muss immer im Mittelpunkt von SV-Gutachten stehen. Typisch deutsche Justiz: Lauter Vorschriften, an die sich in der Praxis eh' niemand haelt! Konkret mit Bezug auf Herrn Mollath bezogen, sei gefragt:

 

Funktionierte der Mann? Konnte er arbeiten und Ferraris reparieren? (Also ich wuerde solch einen Traumwagen nur dem allerbesten Mechaniker anvertrauen und sehr schnell merken, wenn dieser extrem psychisch krank ist und in die Geschlossene gehoert). Hat er im Alltag funktioniert? Oder hockte er nur zu Hause und lieferte 1000 Beispiele fuer seinen Wahn?

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6. Wie ladet man jemand in Kalifornien?

Tja, je nachdem, ob man die vielen Vorschriften und Gesetze beachten will, oder aber eben nicht.

Kurzum: Ladung zur HV per Fax! 

 

7. 23 Stunden vor Beginn der HV ist dann ein Psychiater aufzusuchen. (Zunaechst hiess es, gehe zur Landesklinik Hiersau. aber wenn's um Rechtsbeugung geht, ist ein Gelegenheitsgutachter die bessere Wahl). Vor allem vor dem Hintergrund der Kosten. Flug aus L.A., Mietwagen, Hotel, ... das Laeppert sich schnell! Zumal ja allen Beteiligten klar war, dass ja gar keine psychische Stoerung vorlag und dass der Firmenanwalt fuers Luegen bezahlt wurde. Der Mann hatte die komplette Strafanzeige und anschliessend sehr viele "Zahlungen" falsch versichert. Wobei der SV dies haette sehen koennen, wenn er die Kontoauszuege bekommen haette. Doch dies zu verhindern gelang durch die Zensur der Akte. ** so konnte der SV dann aufzeigen, wie der Beschuldigte sich laufend gegen Angaben wehrte, die objektiv falsch waren.

So wurden Zahlungen ueber 1.201, 2 x 1.131,23 und 885,41 und 424,xx anwaltlich bescheinigt, dann aber leider nie erhalten. (Diese "Zahlungen" sind jedoch irrelevant, da die Tat ja nach 10 Minuten vorbei war. Doch wie bei herrn Mollath, lechzt die Justiz nach Wegen, jenseits von GG und der MRK ihne Strafanklage Munition fuer die Psychiatrisierung zu suchen.

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Dessen Gutachten kann der Beschuldigte nicht einmal durchlesen, als es waehrend der HV verteilt wird. (The first axiom of pressure is to deny time to think! Keine Zeit zum Nachdenken zu geben wirkt gut)

 

Es wird Psychiatrisches Sachverstaendigengutachten genannt, ist es aber de facto nicht. Mehr dazu spaeter.

 

8. Die Zeugenliste ist lang - doch fehlt der alles Verschuldende KHK. Wenn der Mann kapiert haette, dass es immer nur um den Zusatnd am Tag der Tat (des "Protokolls") ging und keine spaeteren Zahlungen relevant sein koennen, dann waere die Rechtsbeugung gescheitert. Oder eben nicht - wobei wohl kaum ein KHK sich aufgrund von Gewissensbissen mit einem Staatsanwalt anlegt). 

 

Nicht dass man ueberhaupt Zeugen gebraucht haette - denn die Sachfragen waren ja einfach und anhand der Fakten zu beantworten. (Kurzum, es gab keine einzige falsche Versicherung. Wobei es hilfreich gewesen waere, die angeblich falschen Versicherunge aufzuzuaehlen und zu nummerieren. Aber die StA liesst nicht den Artikel 6 MRK, also was soll's).

 

9. Die HV wird unterbrochen, der Beschuldigte fliegt zurueck nach L.A. 

 

Derweil ergaenzt der SV sein Gutachten um 7 Seiten. Nun wird anhand der ICD-10 Querulantenwahn sicher bescheinigt. Wie stellt man nun sicher, dass ein Beschuldigter nicht schnell ein Obergutachten erstellen laesst? Antwort: Man haelt das "Ergaenzende Sachverstaendigengutachten"  g e h e i m. So liebt es unsere Justiz - immer schoen munkeln und mauscheln, bloss nicht die desinfizierende Wirlung des Sonnenlichts zulassen).

 

10. Der SV ist in wenigen Minuten fertig. Sein eigentliches Gutachten wird ja nur muendlich vorgetragen (was fuer ein grandioser Trick unserer Justiz, die Nachpruefbarkeit zu verhindern! Gepaart mit der Anweisung an die Gerichtsschreiberin, bloss nichts zu protokollieren, ist es nahezu perfekt).

 

Der StA weiss, was der Spass kosten wird - also bietet er einen Deal an. Trage Deine 6 k uebersteigenden Kosten - oder aber Du bekommst den "Jagdschein" (woertliches Zitat).

 

Zuvor gab es noch eine Richterablehnung wegen einer sachlich nicht gerechtfertigten Begutachtung. (Der Firmenanwalt dichtete dem Beschuldigten "Aufenthalte in der Psychiatrie" an. Und trug vor, der Arbeitsrichter habe "an der Prozessfaehigkeit gezweifelt". 

 

Derselbe Anwalt erreichte die sofortige Entlassung mit seinem fax, in dem der neue AG gewarnt wurde, der Beschuldigte sei ein gemeingefaehrlicher amoklaeufer und habe "500.000.- Schaden angerichtet". *** Was sagt die RAK dazu? "Verjaehrt nach nur 3 Jahren". *** Die wahren Angaben zur Untermauerung eines Insolvenzantrags durch den Beschuldigten als Glaeubiger, die verjaehrten nicht nach 3 Jahren? Interessant!

 

11. Das Urteil

 

Was tun? Schliesslich muss der Einzelrichter ja verhindern, klar zu sagen, was denn nun die Tat gewesen sein soll. Denn es gab ja ueberhaupt keine Straftat.

 

Nun, nach gruendlicher Ueberpruefung durch das Gericht schliesst man sich dem SV an. Der Mann hatte ja nicht einmal die Haelfte der Akte erhalten und keine Ahnung ueber die Sach- und Rechtsfragen oder die Straftat(en) selbst waehrend der 10 Minuten, in denen handschriftlich die eine Seite erstellt wurde.

 

12. Das BZR loeschte die Eintragung des Paragraphen 20 StGB. Ein von einem nur als forensischen SV arbeitendem Arzt in Berlin auf Veranlassung des Beschuldigten wurde das Erstgutachten voellig "verrissen". Der Gelegenheitsgutachter hatte sich unter anderem bei den Eingangsvoraussetzungen zum Paragraphen 20 StGB verheddert. Aber der fehlende Bezug zum Urteil und der anlasstat liess ihn dennoch unter eid SASA und Querulantenwahn versichern. - Strafanzeigen gegen den Luegner blieben - was denn sonst? - ohne Erfolg. aber die StA war klug genug, das Obergutachten nicht zu bezahlen, aber 10 Seiten dazun zu verwenden. Puh, das BZR ist vom Hals und die weise Justiz vernichtet solche Unterlagen nach 5 Jahren. Zwar schreibt das BZRG eine Begutachtung vor der Loeschung vor, doch soll schliesslich Geld gespart werden... Zum Teufel auch mit diesem Gesetz. Denn ein korrupter Staatsanwalt braucht kein Obergutachten - zumal er es ja keinesfalls bezahlen will. Wenn es der Justiz passt, dass gilt ein nur mit 3 Saetzen festgehaltenes Tatgutachten und weniger als 1/5 des Obergutachtens. Toll! Es reichen also 10 von 56 Seiten, wenn es der Justiz gerade so passen sollte!

 

13. Ein OStA bescheinigte zuvor dem BZR, der Beschuldigte haette "100 Tagessaetze" als Strafmass erhalten. Aha - es spricht nun die StA fuer einen ach so unabhaengigen Richter.

 

14. Die Kosten des Obergutachtens von damals 3.500 Euro wurden nie erstattet. Die Justiz ist Weltmeister im Abwimmeln von Antraegen, die sie nicht annehmen will. (Traeumt weiter von rechtlichem Gehoer, Leute).

 

15. Irgendwann wird dann die Wiederholung der HV beantragt.

 

Was tun? Man will ja keineswegs schnell entscheiden oder gar konkret zur Sache Angaben machen oder auch nur die Stellungnahme der StA zu einem solche Antrag mit Vorwuerfen zu Rechtsbeugung dem Beschuldigten zukommen lassen. 

 

Tja, wie war das mit der Zustellung? Der Mann lebt (unbeschwert von SASA, schwerer anderer seelischer Abartigkeit) im Ausland! 

 

Zwar hat er ein Fax, aber man will ja diesmal die Sache rechtsstaatswidrig verzoegern und nicht etwa beschleuigen. Zum Teufel mit einer Ladung! Das Urteil erging vor 10 Monaten...

 

und nun wird es in einer E-mail von einem Leitenden Oberstaatsanwalt mitgeteilt. Als Reaktion auf eine DAB, da womoeglich die Nichtzustellung des Urteils in den Bereich der StA fallen koennte. (Das JuM liess verlautbaren, sowas sei quasi die innere Taetigkeit eines unabhaengigen Richters. Als ob ein dem Gesetzt tatsaechlich unterworfener Richter anordnen koennte, "dieses Urteil 3 Jahre zurueck halten"! Selbstverstanedlich wuerde ein solcher Vorgang die aeussere Taetigkeit des Richters beruehren, die sehr wohl der Dienstaufsicht unterliegen wuerde - ja wenn das JuM ... was es freilich nicht will. Fazit: Der Antrag war unrechtmaessig laut Urteil vom Februar 2012.  (Das Urteil selbst war und ist den Beschuldigten unbekannt. Warum sollte jetzt auf die Verletzung von eklatanten Grundrechten a la Art. 7 (1) MRK i.V.m. Art. 103 (Abs. 1) GG eingegangen werden?!? Denn abweichend von der Strafanklage geht es im Urteil nicht etwa um falsche Versicherung(en) an eides statt, sondern um den Konnex zwischen der Unterschlagung von Loehnen ueber Monate hin zum unerhoerten Vorgang, dass sich ein kleiner Arbeitnehmer als Glaeubiger ausgibt und ein Insolvenzverfahren beantragt. Dieses Gesetz - bitte einen Trommelwirbel vorstellen - ist speziell fuer dieses Urteil vom Einzelrichter erfunden worden! Was sind die Leute auch naiv: "Keine Strafe ohne Gesetz"?!? Bitte fragt mal den Herrn Mollath dazu!!!!!!!!!!! Pardon, es ist ja keine Strafe. Es wird ihm doch aerztlich geholfen und Alle meinten es immer nur gut mit ihm! 

 

 

Sehr geehrter Herr Wagner,

 

auf Ihre Dienstaufsichtsbeschwerde habe ich die Sachbehandlung in obiger Sache sowie die von Ihnen erhobenen Vorwürfe überprüft. Zu Maßnahmen der Dienstaufsicht besteht danach keine Veranlassung.

 

Das Amtsgericht Karlsruhe hat mit Beschluss vom 16.02.2012 Ihren Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens des Amtsgerichts Pforzheim - xxxxxxxxxx - als unzulässig verworfen. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe - Zweigstelle Pforzheim - hatte in Ihrer Stellungnahme zu Ihrem Gesuch beantragt, dieses zurückzuweisen, weil kein Wiederaufnahmegrund vorliege. Der oben genannte Dezernent der Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat sich diesem Antrag offensichtlich angeschlossen. Im übrigen hat er mehrfache Sachstandsanfragen bei Gericht und Zweigstelle Pforzheim gehalten. Die Sachbehandlung durch ihn ist von mir jedenfalls nicht zu beanstanden.

 

Soweit Sie das Verhalten des zuständigen Richters des Amtsgerichts Karlsruhe rügen, weil er Ihnen die Wiederaufnahmeentscheidung bislang nicht zugestellt habe, stelle ich anheim, sich insoweit dorthin zu wenden. Die Zustellung ist Sache des Amtsgerichts Karlsruhe.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

gez. Spitz

Leitender Oberstaatsanwalt

 

16. Seltsam, wie im Maerchen wird das Wettrennen immer von den Igeln gewonnen.

 

17. Anders als im Maerchen von Des Kaisers Neuen Kleidern wird das Kind schlussendlich von einem SV unter Eid als psychisch krank beschrieben. 

 

18. Es hatte noch eine zweite Strafanzeige gegeben (aufgrund einer Klage zum ArbG, als es um die Lohnkuerzung ging. Damals wurden xxx Arbeitsstunden so "ausgewertet", dass es genau DM 630.- wurden... Die Stempelkarten wurden dann sehr schnell "vernichtet". Aber was zaehlt ist, dass diesmal die StA sehr wohl das Verfahrenshinderniss der fehlenden Unterschrift unter die Strafanzeige erkannte.

 

Allein denselben Fehler hier zuzugeben, wuerde dem Wiederaufnahmeantrag Erfolg bescheren. 

 

19. Es waere auch toll, mal rechtlich die Vfg zu bewerten, die Sache nicht zur HV zuzulassen. Rechtssicherheit? Hoert man oft in Sachen Gustl Mollath! Wenn's aber einem Staatsanwalt passt, dann werden Verfuegungen einfach ausgesessen (zumal wenn solch ein Richter in den Ruhestand geht).

 

20. Und nun sollte mal erforscht werden, wie dieselbe Justiz mit voll ueberfuehrten psychisch kranken Straftatetern umgeht, die wegzusperren kein Interesse besteht. Aber deren Gefaehrlichkeit und Anlasstat vergleichbar waren. Wozu SV-Gutachten erstellen lassen? Wozu ueberpruefen, ob der Beschuldigte ueberhaupt "stationaer in der Psychiatrie" war?! Alles ist unwichtig, denn die Justiz entscheidet, was sie  wie macht.

 

Das Urteil wird womoeglich niemals zugestellt werden. Welch eine elegante Loesung!

 

Oder aber dieser Richter laesst nun diesen Leitenden Oberstaatsanwalt fuer sich sprechen. Schliesslich soll ja am Schein der richterlichen Unabhaengigkeit festgehalten werden!

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Nun konnte ja nie im Urteil auch nur eine einzige falsche Versicherung aufgezeigt werden. (Das LAG Stuttgart sprach dem Beschuldigten einen 5-stelligen Betrag fuer das AV, welches angeblich laengst beendet worden sein sollte laut Strafanzeige), zu. Aber die Justiz ist sehr sorgfaeltig bei dem, was sie als Fakt benutzen will und was nicht. Warum sollte dies bei Herrn Mollath anders sein?

 

 

 

Ein kurzes Märchen:

Es war einmal ein Ermittlungsverfahren, geführt mit Belastungseifer und einseitigen, zielgerichteten Ermittlungen.

Die Anklageschrift wurde von einer Staatsanwaltschaft erstellt, die vielleicht wegen der Arbeitsbelastung oder auch bewusst keinen genauen Blick für die einseitigen Ermittlungen hatte und eine Anklageschrift erstellte.

Das Gericht eröffnete eine Hauptverhandlung, die unter denkwürdigen Umständen durchgeführt wurde und es erging ein unrichtiges Urteil.

Die Verteidigung hat entweder aus Vorsatz oder Unkenntnis eine unzureichende Revision eingelegt.

Die Revision wurde verworfen. Hier gibt es verschiedene Meinungen, es könnte sein, dass eine Pflicht bestanden hätte, dennoch genauer zu prüfen, kann aber auch sein, dass diese Entscheidung rechtmäßig ist, weil allgemein bekannt ist, dass der BGH ja eben keine Tatsacheninstanz ist.

Nun ist ein unrichtiges, aber rechtskräftiges Urteil da, aufgrund dessen heute noch einem Menschen die Freiheit entzogen wird.

 

Die Unrichtigkeit ergibt sich aus dem Urteil selbst, die Beweiswürdigung ist mangelhaft.

Das Volk macht einen Aufschrei, als das Unrecht bekannt wird.

Dennoch gibt es einige wenige, die meinen, das Urteil sei in Ordnung, es habe ein Verfahren gegeben, Gerichtsentscheidungen, Gutachten u.s.w. Welche Motive haben diese Menschen, die Augen zu verschliessen? Unkenntnis? Vorsatz? Persönliche Vorteile?

 

Wer hat nun welche Aufgabe?

Wer ist überhaupt beteiligt?

Wenn die Staatsanwaltschaft nun eine Wiederaufnahme prüft, welcher Art ist das Verfahren vor Einreichung des Antrags?

Ein Justizverwaltungsverfahren? Ein Ermittlungsverfahren?

 

Die Justizministerin hat eine Dienstaufsicht über die Gerichte. Diese sollen Recht sprechen, statt dieses zu beugen.

Sobald Rechtsbeugung im Spiel ist, hat die Justizministerin eine Pflicht, hier einzuschreiten.

 

Was ist, wenn dieses unrichtige, aber rechtskräftige Urteil bestehen bleiben muss, weil die im Gesetz vorgegebenen Wiederaufnahmegründe  unzureichend sind?

Soll dann ein unrichtiges Urteil nur aus Gründen der Rechtssicherheit bestehen bleiben?

 

 

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Neue Fundstelle: Beurteilungsaufgaben Wahn und Schuldfähigkeit. Die Beurteilungkriterien des Mitherausgebers Dölling des Handbuches der Forensischen Psychiatrie wurden im Fall Mollath nicht beachtet, angewendet und eingehalten.

Zur Bedeutung des Wahns für die Beurteilung der Schuldfähigkeit nach den §§ 20 und 21 StGB.*

   "Zusammenfassung Für die Beurteilung der Schuldfähigkeit eines Täters mit Wahnsymptomatik ist zunächst zu prüfen, ob ein Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 des Strafgesetzbuches (StGB) vorliegt. Hierzu ist eine gründliche Diagnose von Art und Intensität des Wahns sowie der ihm zugrunde liegenden psychischen Erkrankung erforderlich. Ist ein Eingangsmerkmal gegeben, ist zu erörtern, wie sich der Wahn im jeweiligen Einzelfall auf die Fähigkeit des Täters zur Unrechtseinsicht und seine Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat. Hierfür kann ein Blick auf das von Winfried Brugger entwickelte anthropologische Kreuz der Entscheidung hilfreich sein."

    Diese Beurteilungkriterien des Mitherausgebers des Handbuches der Forensischen Psychiatrie wurden im Fall Mollath nicht beachtet, angewendet und eingehalten.“ **

 

* Dölling, Dieter  (2010) Zur Bedeutung des Wahns für die Beurteilung der Schuldfähigkeit nach den §§ 20 und 21 StGB. Forens Psychiatr Psychol Kriminol (2010) 4:166–169 [DOI 10.1007/s11757-010-0057-4]

** In Medienberichte:

http://www.sgipt.org/forpsy/Mollath/ipgipt/medber.htm#Zur%20Bedeutung%20des%20Wahns und

Wahnformen:

http://www.sgipt.org/gipt/psypath/Wahnform.htm#D%C3%B6lling,%20Dieter%20%20%282010%29%20Zur%20Bedeutung%20des%20Wahns

RSponsel schrieb:

Neue Fundstelle: Beurteilungsaufgaben Wahn und Schuldfähigkeit. Die Beurteilungkriterien des Mitherausgebers Dölling des Handbuches der Forensischen Psychiatrie wurden im Fall Mollath nicht beachtet, angewendet und eingehalten.

Da frage ich mich als Nichtpsychologe doch erstmal: Na und?

Ihre Ausführungen wären wesentlich erhellender, wenn Sie für diejenigen, die hier mitlesen (zumeist Juristen), wenigstens mal so ein paar Grundzüge erklären.

Wie wichtig ist dieses Buch? Ist seine Beachtung irgendwo vorgeschrieben? Gibt es auch andere in der Literatur vertretene Methoden? ...

 

Das klingt für mich jetzt erstmal so, als wenn jemand schreibt: "Entgegen der Meinung vom Palandt* hat das Gericht entschieden ..." - eine Aussage, die wohl die meisten Juristen auch mit einem "Na und?" kommentieren würde.

(*für Nichtjuristen: Der Palandt ist der am weitesten verbreitete Kurzkommentar zum BGB.)

 

4

zu #2

Die Bedeutung fehlerrelevanter Bezugsquellen

Die Fehler können in vier absteigende Rangklassen gruppiert werden, je weiter es runter geht, desto mehr muss man denken, belegen, argumentieren und schlüssig beweisen:

a)  Fehler, die nach der höheren Rechtsprechung (BverfG [a1], BGH [a2], Kammer/ OLG festgestellt [a3] sind

b)  Fehler, die klar gegen die interdisziplinären Mindestanforderungen verstoßen. Das tun z.B. alle vom Gericht bestellten vier strafrechtlichen GA im Fall Mollath.

c)  Fehler, die sich einigermaßen klar aus der Fachliteratur ergeben

d)  Spezifische Fehler, die nachvollziehbar aufgezeigt werden können und müssen [d].

 

Die stärkte rechtliche Bindung haben a, gefolgt von b, dann c und d, wobei im Einzelfall dem einen oder anderen Fehler auch ein hoher Rang zukommen kann.

[a1] Verfassungswidrige Einweisung zur Beobachtung.

[a2.1] Hypothesengeleitetes Vorgehen nach dem BGH (Aussagepsychologie) erforderlich: BGH mit Urt. vom 30. Juli 1999 - I StR 618/98 - LG Ansbach (StPO § 244 Abs. 4 Satz 2)

[a2.2] Diagnosesicherheit nach dem BGH Beschluss vom 12. 11. 2004 - 2 StR 367/04 (LG Koblenz), in: BGH: Anforderungen an ein psychiatrisches  Sachverständigengutachten NStZ 2005, 205. Randnummer 2 a) Aus den Gründen des BGH-Beschlusses: “Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann für die Anwendung der §§ STGB § 20, STGB § 21 StGB regelmäßig nicht offen bleiben, welche der Eingangsvoraussetzungen des § STGB § 20 StGB vorliegt."

[a3] Persönliche Untersuchung. Kammergericht: Kammergericht Beschluss v. 8.3.1988 - 1 W 880/88. "... Deshalb muss sich aus dem Gutachten regelmäßig ergeben, dass die Feststellungen des das Gutachten erstattenden Arztes auf einer persönlichen Untersuchung des Betroffenen beruhen, ..."

[b]  Mindestanforderungen für Schuldfähigkeits- und Prognosegutachten liegen vor.

c1) z.B. die falsche Behauptung, dass Progredienz beim Wahn eintritt, wenn er nicht behandelt wird.

c2)  oder die seit 1881-aktuell belegbare Fachmeinung zur Bedeutung der Exploration als der einzigen Methode  für das Erleben.

[d1] Manipulative Textmontage Dr. Leipziger Induktion Vergiftungswahn (Beweis durch Prof. Kröber), ziemlich wasserdicht und ein Kandidat für höchstrichterlich verbotfähig.

[d2] Sprungbefund Dr. Leipziger:

[d3] SKID-Fehler bei Pfäfflin.

 

Aus dem Zusammenhang ergibt sich meines Erachtens, dass es bei b) heißen muss: (Die) Mindestanforderungen für Schuldfähigkeit- und Prognosegutachten liegen nicht vor.

d1) steht nicht allein, wie in der Strafanzeige zutreffend ausgeführt, ist eine Tendenz nicht zu übersehen, auch noch aus den dafür ungeeignetsten beobachten, wie dem ablesen einer Telefonnummer von Aufdruck einer Verpackung einen "Hinweis" auf eine Persönlichkeitsstörung, eine Paranoia oder sonst was "Gestörtes" abzuleiten.

 

Etwas Out of topic, aber hier anzumerken: Unangenehm ist die Vorstellung, dass solches in der Praxis bei der "Findung" einer psychiatrischen Diagnose und der sich dann gegebenenfalls anschließenden gutachterlichen Stellungnahme zum Antrag auf richterliche Genehmigung zur Unterbringung und Zwangsbehandlung häufiger vorkommt.

Persönlich habe ich erlebt, dass die Behauptung einer Person, Neuroleptika hätten ernsthafte, unter Umständen tödliche Nebenwirkungen im Termin mit dem Amtsrichter zunächst vom Psychiater zurückgewiesen wurden mit der Behauptung, die neuen atypischen Neuroleptika hätten keinerlei ernsthafte Nebenwirkungen und könnten bedenkenlos lebenszeitlich eingenommen werden.  Selbst der Hinweis auf den Beipackzettel wurde zunächst abgetan mit der Bemerkung, hier gehe es ja nur der Industrie um die Risikoabwälzung.

Auch fremdanamnestisch erhobene Angaben können verfälscht und zur gefundenen Diagnose passend gemacht in wörtlicher Rede im Antrag wieder auftauchen. Bei entsprechenden Hinweisen wird in aller Ruhe mündlich korrigiert und dann weiter im Text vorangeschritten. Hinweise auf die dann erschwerte Differentialdiagnose wurden auch schon mit dem Hiunweis abgetan, dass solche Differenzierungen ja an der grundsätzlich gegebenen Indikation  der neuroleptischen Behandlung eh nichts ändern könnten.

 

Im Laufe der Jahrzehnte seit der Eingliederung  der Neuroleptika in die Behandlungsangebote der Psychiatrie ist deren Indikationsbereich eher ausgedehnt worden, mögliche Risiken einer negativen Auswirkung auf den einzelnen Krankheitsverlauf und für das weitere Leben insgesamt der von seelischen Störungen Betroffener aber wurden immer weiter zurückgedrängt, wenngleich sie in  kritischen Beiträgen  auf dieser oder jener größeren Fortbildungsveranstaltung immer wieder eine randständige Zulassung erhalten. Der Mainstream denkt anders, die zunehmend direkt von der Industrei gesponserten wissenschaftlichen Arbeiten sind hinsichtlich Auswahl der Themen und Art und Weise ihrer Publikation einer Selektion unterworfen, das allein führt schon zu einer" Fälschung mit Statistik" auf hohem Niveau, selbst wenn die einzelnen Arbeiten wissenschaftlich einwandfrei sind.

 

Einem, der sagt, er könne diese Welt, diese Gesellschaft, sich selbst oder andere nur aushalten mit einem gewissen Alkoholspiegel, wird man auf die Risiken seines Verhaltens hinweisen, auch wenn man den "Schnaps auf den Schreck" nicht gänzlich ablehnt. Bei psychotischen Störungen und der Einnahme von Neuroleptika ist das ganz anders, da sind halt die Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen. Irritierend ist nur, dass die Rate derer, die nach einiger Zeit wieder ausgeglichen oder zumindest ausgeglichener werden, mit der Zunahme der Neuroleptika-Verordnungen abnimmt. Zu beobachten ist das  sowohl im zeitlichen Verlauf in bereits entwickelten Ländern, als auch im Vergleich von Ländern mit unterschiedlichen Möglichkeiten für das Gesundheitssystem, auf Neuroleptika zuzugreifen. Statt der Entwicklung einer differenzierteren Behandlung wird eher geschaut, was man außer den traditionellen Krankheitsbildern sonst noch alles mit Neuroleptika und anderen zentralnervös wirkenden Substanzen behandeln könnte, zumindest in Form einer "Begleitmedikation".

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RA Strate hat wegen der nach § 81 StPO erfolgten Unterbringungen von Herrn Mollath (im Juli 2004 und im Februar/März 2005) Strafanzeige wegen Freiheitsberauibung gegen den anordnenden Richter am AG und den Chefarzt des Bezirksklinikum Bayreuth erstattet. Dieselben Vorwürfe lagen schon im vergangenen Jahr einer Strafanzeige der (anderen) Rechtsanwältin Mollaths gegen den Arzt zugrunde. Eine Verfolgung dieser Strafanzeigen war im August 2012 von der StA Bayreuth sowie der GenStA Bamberg gemäß § 152 Abs.2 StPO abgelehnt worden. Strate bezeichnet diese Entscheidungen nunmehr als "skandalös", "unglaublich" und "rechtsbeugend". Man kann gespant sein, ob der neuerlichen Strafanzeige unter dem Eindruck der jetzt bekannt gewordenen zahlreichen Mängel und Verfahrensfehler in der Sache mehr Erfolg beschieden sein wird. 

Link zur (50seitigen) Strafanzeige.

 

Es ist wirklich einmalig wie man auf dieser Plattform Einblick in einen Fall bekommt, der bisher nur wenigen Bürgern zu Teil wurde. Meistens Personen aus der Justiz bzw. Strafverteidigern.

 

Ich möchte dafür meinen ausdrücklichen Dank an Herrn Prof. Dr. Henning Ernst Müller und den Verantwortlichen beim Beck Verlag aussprechen. Vielen Dank nochmals. 

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Strates Strafanzeige verbreiten!

 

Die dankenswerter Weise verlinkte Strafanzeige des Kollegen Dr. Strate belegt (Seite 47 und 50) die Arbeitsweise der StA bis hinauf zum General. Durch lapidare, inhaltsleere Bezugnahmen wird der Gehalt früherer Anzeigen unterlaufen. Die neue Strafanzeige macht das nunmehr unmöglich. Da sie auch für den Laien gut verständlich ist, sollte sie weite Verbreitung in der Bevölkerung finden.

 

Es ist entlarvend, wie (Stichwort: rechtsbeugende Erzwingungshaft) Strate das - abzuschaffende - System (wie bereits vor ihm Wilhelm Schlötterer, in: Macht und Missbrauch) an das Licht zerrt.

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In der Strafanzeige des Verteidigers sind sowohl Beobachtungen durch das Pflegepersonal als auch von ärztlichem Personal geschildert.

 

Persönlich beauftragt war doch ein Arzt mit der Erstellung des Gutachtens. Dieser Arzt stellt dann ohne Untersuchung ein Gutachten aus und gibt in der Hauptverhandlung einen Befund an.

 

Ein Gutachter hat doch Befundtatsachen selbst zu erheben. Wie kann ein Gutachten erstellt werden, ohne selbst einen Befund erhoben zu haben?

 

Beobachtungen des Pflegepersonals können doch nur sehr bedingt in das Gutachten einfliessen.

 

Leider schweigt die Anzeige über die Erhebung einer Fremdanamnese.

 

 

 

 

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Ich las mal, statistisch sei jeder Mensch etwa 4 Wochen in seinem Leben psychisch krank. Anders als Hannibal Lecter im Film konnte Herr Mollath sehr wohl Attacken aller Art versuchen. Und? Jahr fuer Jahr, keine Fremdgefaehrdung. Keine psychotischen Schuebe. Kein Bettnaessen oder was auch immer zu den Begleiterscheinungen gehoeren koennte.

Nach all den Jahren (seit der Anlasstat, die nicht sauber bewiesen werden konnte) sollte eine Ueberpruefung der Sache doch binnen Stunden oder Tagen moeglich sein. Angesichts der Arbeitsueberlastung wurde doch auch zuvor kaum viel Zeit aufgewendet...

 

Gibt es denn keine Verjaehrung fuer Anlasstaten, die zum Wegsperren den Weg frei machen? Selbst Moerder kommen irgendwann wieder frei!

 

Aus meiner Sicht schuetzt das GG auch Herrn Mollath vor staatlichen Eingriffen jenseits einer Strafanklage. Doch Gutacter koennen wohl beliebig nutzen, was auch immer ihnen gerade passt. Demnach sei Herr Mollath also hochgradig wahnhaft-krank, unveraendert wie vor x Jahren bei der angeblichen Anlasstat?!?

 

Wir brauchen spezielle Versicherungen fuer Gutachter und Richter, die dann fuer fairen Opferausgleich sorgen. Die USA sind da weiter. Irgendwann muss auch hier mal das schwere Unrecht beendet und Herr Mollath entlassen werden - selbst wennn die juristische Aufarbeitung noch Jahre dauern sollte!

 

 

@Lieschen Müller:
Es heißt ja in § 81 StPO Unterbringung zur Beobachtung. Und eigentlich nicht Unterbringung zum Zweck eines Explorationsgesprächs. Der Gutachter kann schließlich kaum 3 Wochen lang 24 Stunden am Tag wach bleiben, um den Untergebrachten rund um die Uhr persönlich zu beobachten. Als Anknüpfungstatsachen kann der Gutachter selbstverständlich auch Erkenntnisse verwenden, die andere gewonnen haben, seien es Zeugenaussagen, ärztliche Behandlungsunterlagen, Stationsberichte o.ä.

 

Wer nicht beobachtet werden will, darf nach BVerfG (grundsätzlich) nicht untergebracht werden. Etwas unklar ist, ob das BVerfG Ausnahmen zulassen will, wenn ein geeignetes Konzept vorliegt. In Rdnr. 20 heißt es recht apodiktisch: ohne Zustimmung darf nicht untergebracht werden, in Rdnr. 21 schreibt das BVerfG dann zur Geeignetheit eines Beobachtungskonzeptes und zu milderen Mitteln.

Offenbar gibt es auch nach dem BVerfG einen verbleibenden Anwendungsbereich des § 81 StPO  für eine Unterbringung trotz verweigerter Explorationsbereitschaft /Bereitschaft zum Erdulden einer Beobachtung. Wie der  aussieht, ist aber etwas rätselhaft.  

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@ klabauter: Lesen Sie doch mal die ersten Seiten der Strafanzeige Strates, dann lernen Sie auch, dass die von Ihnen angeregte Rund-um-die-Uhr-Beobachtung gar nicht zulässig wäre.

Da - anders als vom BVerfG gefordert - auf kein Beobachtungskonzept im Einweisungsbeschluss hingewiesen wird, ist dieser rechtswidrig.

Und welche psychologischen Erkenntnisse aus der Beobachtung gewonnen werden sollen, dass Mollath in seinem Zimmer Weißbrot mit Käse isst und Tee trinkt und sogar im Speisesaal (!!!) isst (Wahnsinn!), bleibt wohl das Geheimnis des Schlechtachters.

Wenn es nicht so traurig wäre ... diese "Begutachtung" hat das Potential, verfilmt zu werden, und zwar à la "Schtonk".

Der Skandal weitet sich aus, je mehr man sich damit befasst. Jeder naehert sich dem Fall auf seine Weise. Doch jene Menschen, die zu Recht in einer Geschlossenen untergebracht sind, unterscheiden sich dann doch massgeblich von Herrn Mollath.

 

Es wurden ja nicht willkuerlich Fremde wie Mitarbeiter des Krankenhauses beschuldigt. Dies waere doch "normal" bei einem tatsaechlich Wahn habenden Kranken?

Auch bestuerzt mich der Umgang mit der Zeit. Selbst ein tobener Volltrunkener koennte schon nach Tagen ausgenuechtert und einsichtig sein. Manchmal wird man vielleicht kurz laut und beherrscht sich dann. Herr Mollath ist ja geradezu vorbildlich in seinem beherrschtsein. (Wer weiss, wie z.B. der fuers Wegsperren verantwortliche SV oder der Richter nach mehr als 6 Jahren damit umgehen wuerden. Selbst Weinkraempfe und Suizidversuche waeren fuer mich als Laien verstaendlich).

Millionenfach leiden Menschen am Zerbrechen von Ehen und Partnerschaften. Was vielleicht noch 3 Monate danach eine heftige emotionale Reaktion ausloesen koennte, laesst einen dann nach vielleicht 24 Monaten kalt. Mit Verlaub, aber die Auswirkung verstrichener Zeit nicht im Gutachten zu behandeln ist ein schrecklicher Fehler! Nicht ohne Grund gibt es doch die Verjaehrung! It's water under the bridge. Nicht so bei  Untergebrachten, wie?!?

^^^^^^^^^^^

Ganze Seilschaften halten doch zusammen. Es waere ja schlimm, wenn die Justiz auf einmal zugeben wuerde, heillos versagt zu haben. Selbst eine Justizministerin, die diesen Fall als extremes Unrecht einschaetzen wuerde, duerfte nicht ohne gravierende Folgen gegen das Unrecht vorgehen. Biblisch ausgedrueckt: "wer nicht mit mir ist, ist gegen mich. Und wer nicht mit mir sammelt, der zersteuet". Sie haette dann die gesamte Justiz gegen sich! Geht es doch um das bewahren des Anscheins, es gehe immer rechtens zu...

@ Name

 

RA Strate nennt dieses Wegsperren nicht nur rechtsbrüchig, sondern verfassungswidrig

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Der belgische Mörder und Sexualstraftäter und der andere Delikte begangen hat, will nach 8 Jahren entlassen werden und hat laut Fokus gute Aussichten dafür.

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Marc_Dutroux

http://www.focus.de/panorama/welt/belgisches-gericht-entscheidet-ueber-freilassung-kindermoerder-dutroux-koennte-bald-wieder-frei-sein_aid_888343.html

 

Und Herr Mollath ist bald 8 Jahre in der Psychiatrie. 

 

Wo ist da die  Verhältnismäßigkeit ?

 

Oder war / ist Herr Mollath gefährlicher als Dutroux ?

 

 

5

@Mein Name.
WIe Sie meinem Beitrag entnehmen können, wollte ich Lieschen nur darauf hinweisen, dass der Gutachter sicherlich nicht alles, was er seinem Gutachten zugrundelegt, selbst höchstpersönlich unmittelbar wahrnehmen muss, sondern sich auch auf die Aufzeichnungen Dritter stützen kann. Darum, ob so eine Rund-um-die Uhr-Beobachtung überhaupt zulässig ist, ging es mir daher offensichtlich auch nicht. Danke, dass Sie micht darauf hinweisen, was ich alles bei RA Strate lernen kann.

Ich kann z.B. auch bei Herrn Strate lernen, dass er profunde hellseherische Fähigkeiten hat, wenn er auf S. 41 schreibt, der Richter habe die zitierte Entscheidung  des BVerfG gekannt.

Und zum Weißbrot: Mollath hatte angeblich zuerst die Nahrungsaufnahme verweigert und biodyn-Lebensmittel verlangt. Dass dann solche "Nichtigkeiten" (Strate) vom Personal notiert werden, dürfte vielleicht auch damit zusammenhängen, dass man bei einem Probanden , der ankündigt, die angebotenen Speisen zu verweigern und multiple Allergiene behauptet auch darauf achtet, ob gesundheitliche Risiken wegen des selbst verordneten Nahrungsentzugs oder einer allergischen Reaktion eintreten (können). Aber sicher habe ich keine Ahnung davon, wie gleichgültig dem Personal einer Forensik der Gesundheitszustand der Probanden und Patienten ist.

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klabauter schrieb:

Ich kann z.B. auch bei Herrn Strate lernen, dass er profunde hellseherische Fähigkeiten hat, wenn er auf S. 41 schreibt, der Richter habe die zitierte Entscheidung  des BVerfG gekannt.

Natürlich weiß auch Herr Strate nicht, ob der betreffende Richter die Entscheidung tatsächlich gelesen hat. Aber würden Sie der Einlassung des Richters glauben schenken, er habe nun einmal die für ihn bindende (!) Rechtsprechung zu dem von ihm angewandten Gesetz nicht gekannt? Dann müsste er ja Recht sprechen, ohne jemals einen Gesetzeskommentar benutzt zu haben! Das ist für mich eine eher beängstigende Vorstellung, die ich im Übrigen für sehr unwahrscheinlich halte. Eine Einstellung des Verfahrens gegen einen Richter wegen Unkenntnis des Rechts (iura novit curia ;-)) würde ich allerdings gerne einmal lesen...

 

Beste Grüße

S.

Nur mal so als Querverweis. So läuft es mitunter in Bayern:

>>>Das Mammutverfahren aber steckte von Anfang an voller Merkwürdigkeiten. Ohne Furcht vor den einflussreichen Verdächtigen entwirrten Oberstaatsanwalt Jörg Hillinger und sein Kollege Winfried Maier das komplexe Schmiergeldsystem. Kaum hatten sie die korrupten Machenschaften aufgedeckt, erwirkten sie Haftbefehle gegen Schreiber, die Thyssen-Manager und Pfahls – und forderten eine Hausdurchsuchung bei Strauß.

Da aber hatten die hartnäckigen Fahnder die Rechnung ohne Generalstaatsanwalt Hermann Froschauer gemacht: Der mächtige Jurist, der gute Kontakte in die politische Spitze des Freistaats unterhielt, pfiff seine frechen Ermittler erbost zurück und verzögerte die Festnahmen im Amigo-Kartell.

Was dann geschah, nährte in Bayern bösartigste Gerüchte. Am gleichen Tag starb Hillinger auf einer Dienstfahrt zu einer Konferenz im schwäbischen Dillingen – sein Wagen bohrte sich frontal in einen 26-Tonnen-Holzlaster. Ohne seinen Fürsprecher stand Maier auf verlorenem Posten – und wurde schließlich von dem spektakulären Fall wegbefördert. Er nahm drei Karrierestufen auf einmal und urteilte fortan als gut dotierter Richter am Münchner Oberlandesgericht.<<<   http://www.focus.de/politik/deutschland/affaere-schutzengel-auf-erden_ai...

...
AFFÄRE: Schutzengel auf Erden - weiter lesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/politik/deutschland/affaere-schutzengel-auf-erden_ai...
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Befundtatsachen sind selbst zu erheben.

Beauftragt mit Gutachtenerstellung war eine Person, keineswegs die Klinik.

Also hat diese Person die Befunde persönlich zu erheben und das Gutachten zu erstellen.

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@Lieschen: Stimmt leider so nicht. Sie verwechseln Befundtatsachen und sonstige Anknüpfungstatsachen. Die Beobachtungen des Pflegepersonals sind eben sonstige Anknüpfungstatsachen für das Gutachten, und die muss der Gutachter nicht selbst unmittelbar  wahrgenommen haben.

Ich male mir gerade aus, was Sie und andere hier über den Erstgutachter schreiben würden, wenn Mollath in der Psychiatrie verschiedene psychologische Tests gemacht hätte, bei denen Null Aggressions- und Gefährdungspotential  herausgekommen wäre und der psychiatrische Gutachter diese Testergebnisse schlichtweg ignoriert oder gar nicht erst erwähnt hätte, weil er sie nicht persönlich erhoben hat.

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Befundtatsachen sind vom Gutachter selbst zu erheben.

GM hat den Kontakt verweigert.

Somit gibt es keine Befundtatsachen für ein Gutachten.

 

Ein persönlich zu erstellendes Gutachten bestehend nur aus sonstigen Anknüpfungstatsachen ist ???

4

@Wiss MA Sobotta:

Warum schreibt er das dann ohne jeden Beleg in die Strafanzeige?

 

Zu der Fundiertheit der Strafanzeige und der behaupteten Kenntnis des Amtsrichters noch ein paar kleine Überlegungen:

Blicken wir doch einmal in ein paar Kommentare, die ein Rechtsanwender zur Verfügung hat und was er dort so finden kann:

 

1. Zur Bindungswirkung.
Im Mitarbeiterkommentar des BVerfG (also der wiss. MA des Bundesverfassungsgerichts) ging der Kommentator in der 1. Auflage 1992  noch von einer fehlenden Bindungswirkung stattgebender Kammerentscheidungen  aus. Erst in der 2. Auflage 2005 (also nach der Entscheidung des Amtsrichters) unter § 31 Rdnr. 55  bejaht  der neue Bearbeiter  die Bindungswirkung von Kammerentscheidungen. Als "aA" zitiert er dabei in der Fußnote 166  so unbedeutende Personen wie einen A. Vosskuhle.

2. Interessanterweise ist diese also angeblich  "bindende Entscheidung" , zwar in den Beck- Standardkommentaren KK StPO und Meyer-Goßner zitiert, aber nicht mit der bedeutsamen, angeblich  "bindenden" Kernaussage, sondern nur allgemein unter der Rubrik "Verhältnismäßigkeit". Zur Frage der verweigerten Untersuchung steht z.B. im KK (§ 81 Rdnr 5, habe gerade nur den Stand 2008) sehr stark verdünnt: "Bei fehlender Bereitschaft...ist die Unterbringung nur zulässig, wenn gleichwohl ein verwertbares Ergebnis zu erwarten ist"  (nebst Fundstelle der BVerfG-Entscheidung).

Ich halte es daher für eher gewagt, zu unterstellen, dass

1. die Entscheidung des BVerfG mit Stand 2004 überhaupt bindend war bzw. man davon ausgehen musste. Die Problematik, ob der Kammerentscheidung eine entsprechende Senatsentscheidung vorangegangen sein muss, um überhaupt Bindungwirkung über den Einzelfall hinaus zu haben, s. BGH NJW 2006, 1529 Rdnr.44, ignoriert Strate ohnehin. Die Kammer des BVerfG behauptet dies zwar in ihrer Entscheidung vom 09.10.2001  eingangs unter Rnr. 9, führt zur angeblich durch Senatsentscheidungen "geklärten" Frage der Unerlässlichkeit bei § 81 StPO  aber unter Nr. 19 nur eine weitere Kammerentscheidung an.

2. ein Rechtsanwender, der nicht zwingend jede einzelne Entscheidung im Kopf haben muss und der bei einem Blick  in einen Standardkommentar zur Bindungswirkung findet: nein und bei einem Blick in einen Standardkommentar  zur StPO weder etwas zu ausführlichen Begründungsanforderungen an ein Behandlungskonzept noch zu einer angeblich bindenden Grundregel: keine Unterbringung wenn keine Bereitschaft zur Untersuchung/Beobachtung findet, wissentlich eine rechtswidrige Entscheidung trifft.

Wo sonst für alles und jedes Belege gefordert werden und das Urteil des LG Nürnberg-Fürth zu recht z.B. wegen einer sehr  dünnen Beweiswürdigung zur Körperverletzung Mollath/Exfrau  kritisiert wird, sollte man sich vielleicht auch ebenso kritisch mit den Argumenten der Mollath-Vertreter auseinandersetzen, zumal wenn ein Anwalt von einer offenbar im Wahlkampf steckenden Partei beauftragt wird und zudem - was seine Aufgabe ist - notwendigerweise einseitiger Interessenvertreter ist.

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@klabauter, 8.1.2013

Jeder Rechtsanwender kennt das  im Grundgesetz enthaltene Verhältnismäßigkeitsgebot, unter dem  Auslegung und Anwendung auch des § 81 StPO stehen. Die von Strate in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts läßt selbst bei oberflächlicher Lektüre erkennen, dass Literatur und Rechtsprechung dies nicht nur zum § 81 StPO schon seit mehr als 4 Jahrzehnten berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund kann ich die oben in Bezug genommene Einlassung nur als Nebelbombe bezeichnen.

 

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In Ergänzung zu Herrn Bodes Antwort:

@klabauter

Und den einschlägigen (wenngleich nicht unmittelbar bindenden, doch immerhin die verfassungsrechtlich zwingende Auslegung des § 81 StPO klarstellenden) Beschluss des BGH, der bei beck-online immerhin 9 direkte Treffer und eine Vielzahl von Zitaten in Kommentaren auswirft, unterschlagen Sie gleich ganz. Ich habe den Eindruck, dass Sie den Sachverhalt keineswegs unvoreingenommen würdigen.

Allgemein finde ich den Vorgang, den RA Dr. Strate dokumentiert, schlicht unfassbar und wundere mich, dass er bisher nicht viel mehr Staub aufgewirbelt hat. Hier zeigen sich die Abgründe der Justiz wie der Psychiatrie gleichermaßen. Geradezu kafkaesk sind die Passagen, in denen der rechtliche Laie Mollath (zutreffend!) darauf beharrt, dass seine Unterbringung rechtswidrig sei und er sich nicht werde untersuchen lassen, und der Stationsarzt im Hinblick auf diese Weigerung konzediert, Mollath sei „vernünftigen Argumenten nicht zugänglich“. Ist heutzutage paranoid-querulatorisch gestört, wer einer (vielfach abgeschlagenen, aber gleichwohl fast täglich erneuerten) "Bitte" nach körperlicher und psychiatrischer Untersuchung nicht nachkommt, weil er dazu von Rechts wegen in keiner Weise verpflichtet ist?

 

Man stelle sich auch einmal die Richter am BVerfG vor, die sich in der aaO zitierten Verfügung der Bayreuther Staatsanwaltschaft erklären lassen müssen, dass entgegen verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung "Sinn und Zweck der Unterbringung gemäß § 81 StPO gerade die Exploration von Beschuldigten, die diese nicht freiwillig durchführen lassen" sei. In meinen Augen ist das Dynamit, das die Verteidigung wohl nicht ohne Grund jetzt öffentlich macht (vgl. auch das vielsagende Update von Prof. Müller v. 07.01.). Ich bin gespannt, was da noch kommt. Als Justizminister würde ich umgehend dienstrechtliche Schritte gegen den Richter und die Staatsanwältin einleiten...

Zum Sachverhalt, der nun zu einer Strafanzeige von RA Strate führte, hatte ich in http://blog.delegibus.com/2012/11/28/justiz-im-wahn-wahn-2/ folgendes geschrieben:

Am 22. April 2004 verfügte Richter am Amtsgericht Eberl gemäß § 81 StPO eine psychiatrische Einweisung Mollaths für bis zu sechs Wochen zur Untersuchung, obwohl – oder gerade weil – Mollath eine Untersuchung verweigerte. Da nach ständiger Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 29. September 1993 – 2 StR 355/93; OLG Oldenburg, Beschluß vom 3. Januar 2006 – 1 Ws 1/06) in einem solchen Fall die Unterbringung unzulässig ist, dürfte die Anordnung in einem solchen Maße rechtswidrig und verfassungswidrig (BVerfG, Beschluß vom 9. Oktober 2001 – 2 BvR 1523/01) gewesen sein, daß man vorsichtig die Frage stellen kann, ob sich Richter Eberl wegen Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung strafbar gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 – 2 StR 610/11). Die Frage sei hier aber nur unter folgendem Gesichtspunkt gestellt: Hätte nicht dieselbe Staatsanwaltschaft, die von Amts wegen einem Anfangsverdacht der Rechtsbeugung nachgehen muß, nicht im laufenden Verfahren zugunsten des Angeklagten einschreiten und durch eine Stellungnahme den Beschluß zu verhindern versuchen müssen? Oder, wenn sie erst nachträglich von ihm erfahren haben sollte, seine Aufhebung beantragen müssen? Hier liegt bereits nahe, daß verfahrensrechtliche Absicherungen – zumindest eine schriftliche Stellungnahme der Staatsanwaltschaft – fehlen, um zu verhindern, daß – wie hier geschehen – ein Richter zum willfährigen Ausführungsorgan der Wünsche eines Psychiaters wird. Jedenfalls ist es klar, daß der Gesetzgeber die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung formulierten verfassungsrechtlichen Grenzen des Anordnungsrechts in den Gesetzeswortlaut des § 81 StPO aufnehmen sollte.

Ob man dem Richter wirklich Rechtsbeugung (diese ist im Sinne der bekannten "Sperrwirkung" ja auch Voraussetzung für eine Freiheitsberaubung) vorwerfen kann, da bin ich nach wie vor zurückhaltend. Aber eines Gute hat die öffentlichkeitswirksame Strafanzeige vielleicht: Sie kann eine Warnfunktion für alle in der Strafjustiz Tätigen erfüllen, sie kann "generalpräventiv" wirken. Als vorläufiger Ersatz für die von mir vorgeschlagene Ergänzung des Gesetzeswortlauts.

Zu der genannten BVerfG-Entscheidung im Falle Schmider/Flowtex (http://dejure.org/2001,1617) ist noch mehr zu sagen: Das BVerfG hatte sich dort aus prozessualen Gründen nur mit der Beschwerdeentscheidung des OLG Karlsruhe befaßt. Als das Verfahren später in die Revision ging, las der BGH den Richtern des LG Mannheim die Leviten. Diese hätten, so der BGH, mit Erlaß und Umsetzung des Unterbringungsbeschlusses in solchem Maße das Recht verletzt, daß Anlaß zur Besorgnis der Befangenheit bestand. Das Urteil wurde aus diesem - in der Rechtsprechung des BGH ausgesprochen seltenen - Grund aufgehoben (http://dejure.org/2002,833).

Vertiefende Überlegungen zu den verfassungsrechtlichen Grenzen von § 81 StPO hat RA Hellmuth Pollähne in R&P 2006, 212 (http://www.psychiatrie-verlag.de/fileadmin/storage/dokumente/Zeitschrift..., S. 50) angestellt.

5

@klabauter

Hier irren Sie sicher nicht: Es sind in der Tat "kleine Überlegungen" (Haarspaltereien?).

4

 @Wiss MA Sobota:
Ich bin froh, dass Sie nicht Justizminister sind, da Sie offenbar auf Gewaltenteilung und richterliche Unabhängigkeit nicht viel Wert legen. Aufgrund einer bloßen Strafanzeige (wie war das mit der Unschuldsvermutung gleich noch?) dienstaufsichtliche Maßnahmen eines Ministers gegen einen Richter wegen einer - möglicherweise - rechtsfehlerhaften Entscheidung zu fordern , dürfte mit § 26 I DRiG und mit Art. 97 I GG nicht so ganz vereinbar sein.

Die Richter am BVerfG müssen sich auch erklären lassen, dass sie nicht in der Lage sind, eine Entscheidung des OLG Frankfurt richtig zu lesen (siehe beckblog: Karlsruher Leseschwäche). Ungeachtet dessen, dass der von Ihnen zitierte Satz keineswegs grundfalsch ist. Denn

1. wenn der Beschuldigte sich freiwillig untersuchen lässt, braucht es gar keine Anordnung, siehe einen beliebigen Kommentar zu § 81 StPO.

2. hat das BVerfG keineswegs entschieden, dass die Unterbringung bei Weigerung unzulässig ist, sondern dass sie nur dann zulässig ist, wenn sie trotz Weigerung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig i.e.S. ist (weil sie keine aktive Mitwirkung voraussetzt) und das Untersuchungskonzept keine Totalbeobachtung erforderlich macht. Ob es bei dieser Sichtweise überhaupt noch Fälle geben kann, in denen eine unfreiwillige Unterbringung möglich ist, darüber lässt das BVerfG die "Fachgerichte" im Unklaren.

3. hat auch der BGH in der von Herrn Garcia verlinkten Entscheidung entscheidend darauf abgestellt, dass - und das war bei Mollath eben nicht so-  bereits ein von der StA beauftragtes Gutachten vorgelegen hatte und die Kammer die Unterbringung zum Zweck eines neuen Gutachtens angeordnet hatte.  
Siehe

- den vom HRRS-Mitarbeiter verfassten Orientierungssatz Nr. 4"Die Anforderungen an die Darlegungen zur Unerlässlichkeit sind dabei höher, wenn bereits eine Exploration durchgeführt worden ist. (Bearbeiter)"

- Rdnr. 13 der BGH-Entscheidung zur fehlenden Vertretbarkeit einer Unterbringung, wenn ein Erstgutachten nach 6tägiger Exploration und testpsychologischer Untersuchuchung vorliegt.

-Nr. 19 der BGH_Entscheidung:  "Zwar darf generell nicht von einer Untersuchung eines Beschuldigten allein deshalb Abstand genommen werden, weil dieser seine Mitwirkung verweigert."

3

@klabauter

Jetzt unterstellen Sie mir aber dann doch etwas, das ich so weder geschrieben noch gemeint habe. Selbstverständlich gilt für die Beteiligten die Unschuldsvermutung. Einer Einleitung eines dienstrechtlichen Verfahrens steht diese aber nicht entgegen, denn die Strafanzeige von RA Dr. Strate enthält zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, die zusätzlich zum strafrechtlichen Ermittlunsgverfahren ein entsprechendes Aufsichtsverfahren rechtfertigen. Ein ähnlich freihändiger Umgang mit der Rechtsprechung des BVerfG hat kürzlich immerhin dazu geführt, dass eine Richterin aus Würzburg zur Stellungahme ins Minsterium einbestellt wurde. Der Status als Richter ist nämlich kein Persilschein, auch wenn die Rechtsprechung zum § 339 StGB manchmal diesen Eindruck erwecken kann...

Was Sie im Übrigen schreiben, ist ja schön und gut, ändert aber nichts daran, dass der Bayreuther Richter lediglich formelhaft die Verhältnismäßigkeit der Unterbringung erklärt ("... war erforderlich.. [...] Verhältnismäßigkeit angesichts der Massivität der ... Vorwürfe gewahrt.") und sich in keiner Weise mit der einschlägigen Rechtsprechung auseinandersetzt. Wie selbstverständlich wird die Höchstdauer von 6 Wochen angeordnet - der Zusatz, dass Mollath bei Erreichen des Untersuchungszwecks zu entlassen sei, ist wenig hilfreich, weil als Zweck der Begutachtung einzig auf die Exploration abgestellt wird (zu der Mollath vom Richter selbst trotz Freiwilligkeit und mehrfach erklärter Weigerung zuvor aufgefordert (!) wurde; wenn daraufhin die zwangsweise Unterbringung angeordnet wird, bezeichnet RA Dr. Strate dies mE zutreffend als "Aussageerzwingungshaft"). In keiner Weise wird dargelegt, inwieweit eine (nach der Rechtsprechung per se nur teilweise zulässige) Beobachtung des Probanden für die Begutachtung erforderlich sei. Das wäre auch reichlich schwierig geworden, denn in der Psychiatrie gilt meines Wissens die Exploration als "Schlüssel der Begutachtung", sodass kein seriöser Vertreter dieses Fachs behaupten würde, dass er allein anhand der Beboachtung in einer zudem noch künstlichen Umgebung wie einer psychiatrischen Klinik eine verlässliche Diagnose stellen kann.

Ihre Zitate sind im Übrigen grob irreführend, denn wie auch der BGH aaO Rn. 19 a.E. betont, ist der dortige Beschluss auch deshalb rechtswidrig, weil er sich zu all diesen Punkten überhaupt "nicht verhält". Das gilt mE in gleichem Maße für den Bayreuther Beschluss. Diese Sorgfalt muss man in einem Rechtsstaat verlangen, wenn es um die mehrwöchige Inhaftierung eines (bis dahin unbescholtenen) Menschen geht! Aber es freut mich für Sie, wenn Sie das alles so gar nicht beunruhigt.

@ Wiss MA Sobota:

 

1. Es geht in der Strafanzeige nicht um einen "Bayreuther Beschluss" und einen "Bayreuther Richter" sondern um einen Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg. Und um die Ablehnung von Ermittlungen gegen den Richter und den Arzt durch die StA Bayreuth.

 

2. Dass die GenStA Nürnberg das Verfahren abgibt, ist keineswegs interessant. Ebensowenig wie der GBA für die Anzeige Mollaths wegen Steuerhinterziehung  zuständig war, ist die GenStA Nürnberg für Strafanzeigen gegen Richter und Ärzte zuständig oder für die Dienstaufsicht über die GenStA Bamberg und die StA Bayreuth. Von daher ist die Anzeige ausgerechnet bei der GenStA Nürnberg reiner Zinnober und Effekthascherei (warum wohl geistert sie gleich im Volltext durchs Netz?);  wieso soll der GenStA Nürnberg das Schreiben von Strate nach München leiten zwecks Dienstaufsicht über Bamberg, das könnte Herr Strate mit einer einfachen Fotokopie selber machen.

 

3.Soweit SIe auf die vom BGH beanstandeten Begründungsmängel hinweisen: Begründungsmängel führen nicht zu einem Freiheitsberaubungsvorsatz.  

 

Würden Sie sich auch einmal zur Frage äußern, was Sie zur von Strate behaupteten Bindungswirkung stattgebender Kammerentscheidungen (mit Rechtsstand 2004) und zur von Strate behaupteten Kenntnis des Amtsrichters von der BVerfG-Entscheidung meinen (im merkur-Interview, das ein anderer Kommentator verlinkt hat,  schwächt Strate schon ab: muss gekannt haben) ?

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klabauter schrieb:

@ Wiss MA Sobota:

 

1. Es geht in der Strafanzeige nicht um einen "Bayreuther Beschluss" und einen "Bayreuther Richter" sondern um einen Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg. Und um die Ablehnung von Ermittlungen gegen den Richter und den Arzt durch die StA Bayreuth.

 

2. Dass die GenStA Nürnberg das Verfahren abgibt, ist keineswegs interessant. Ebensowenig wie der GBA für die Anzeige Mollaths wegen Steuerhinterziehung  zuständig war, ist die GenStA Nürnberg für Strafanzeigen gegen Richter und Ärzte zuständig oder für die Dienstaufsicht über die GenStA Bamberg und die StA Bayreuth. Von daher ist die Anzeige ausgerechnet bei der GenStA Nürnberg reiner Zinnober und Effekthascherei (warum wohl geistert sie gleich im Volltext durchs Netz?);  wieso soll der GenStA Nürnberg das Schreiben von Strate nach München leiten zwecks Dienstaufsicht über Bamberg, das könnte Herr Strate mit einer einfachen Fotokopie selber machen.

 

3.Soweit SIe auf die vom BGH beanstandeten Begründungsmängel hinweisen: Begründungsmängel führen nicht zu einem Freiheitsberaubungsvorsatz.  

 

Würden Sie sich auch einmal zur Frage äußern, was Sie zur von Strate behaupteten Bindungswirkung stattgebender Kammerentscheidungen (mit Rechtsstand 2004) und zur von Strate behaupteten Kenntnis des Amtsrichters von der BVerfG-Entscheidung meinen (im merkur-Interview, das ein anderer Kommentator verlinkt hat,  schwächt Strate schon ab: muss gekannt haben) ?

 

zu 1) Wie Sie in Beitrag 10 lesen können, habe ich meinen Fehler selbst bemerkt und korrigiert, aber vielen Dank, dass Sie mich noch einmal so charmant darauf hinweisen.

 

zu 2) Natürlich handelt es sich hier um ein taktisches Vorgehen der Verteidigung. Allerdings "geistert" besagtes Schriftstück nicht durchs Internet, sondern wurde von RA Dr. Strate ganz offiziell auf seiner eigenen Homepage veröffentlicht.

 

zu 3 u. 4) Kein Mensch kann anderen Menschen in den Kopf schauen und den Vorsatz sicher feststellen. Hier handelt es sich naturgemäß um eine normative Zuschreibung. Meist nähert man sich über die Wissenskomponente an, denn je sicherer ich um etwas weiß, desto naheliegender ist es, dass ich mich mit dem Erfolg abfinde, wenn ich die Handlung dann trotzdem ausführe (vgl. dolus directus II, sog. Wissentlichkeit). Dabei ist es auch in der Rechtsprechung üblich, den Bildungsgrad eines Täters zu seinen Lasten zu berücksichtigen (s. etwa den berühmten Jamba-Fall in NStZ 1996, 380, in dem der BGH dem Angeklagten vorhält: "Daß der sehr intelligente, als Ingenieur ausgebildete Angekl. bei seinem ungezielten Stich auf den Körper des über ihn gebeugten Mannes die damit verbundene Lebensgefahr nicht erkannt hat, liegt ganz fern."). Übertragen auf einen Richter wird man nun schwerlich davon ausgehen können, dass er die Auslegung der anzuwenden Normen nicht kennt (wobei Nichtkenntnis natürlich den Vorsatz ausschließen würde; eine solche Einlassung eines Richters wäre schon bemerkenswert, kommt aber tatsächlich vor: BVerfG BeckRS 2010, 54627.). Bindungswirkung hin oder her (ich bin kein Experte im Verfassungsrecht und habe auch nicht die Muße, in dieser Sache Kommentare zu wälzen), hier geht es um eine Anwendung des § 81 StPO in einer Weise, die grundlegende verfassungsrechtliche Garantien ignoriert (§ 136a StPO, nemo tenetur-Grundsatz, Art. 1 I GG). Um zu bemerken, dass eine "Aussageerzwingungshaft" grob rechtswidrig ist, braucht man die Urteile nicht gelesen zu haben. Aber ich maße mir natürlich nicht an, darüber abschließend zu urteilen, was auch nicht meine Aufgabe ist.

Was die subjektive Seite der Rechtsbeugung angeht, teile ich die Auffassung von Prof. Erb, der für die Schaffung eines Tatbestandes der leichtfertigen Rechtsbeugung (und die Einrichtung einer unabhäniggen Stelle zur Ermittung in Fällen von Justizunrecht) plädiert. Auf diese Weise würde man die Beweisschwierigkeiten einer vorsätzlichen Rechtsbeugung vermeiden und das Unrecht einer groben Fahrlässigkeit (insbesondere in Fällen des richterlich angeordneten Freiheitsentzugs) rechtfertigte immer noch eine Strafandrohung - gerade auch, was eine effektive negative Generalprävention angeht, die man der aktuellen Form des § 339 StGB und seiner Auslegung durch den BGH (Tathandlung und Beratungsgeheimnis bei Kollegialentscheidungen) schwerlich bescheinigen kann.        

Auf der Webseite von Gustl Mollath steht jetzt, dass das Verfahren wegen Sachbeschädigung am 11.8.2005 von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde, gem. § 154 StPO.

Und dann war es genau dieses Verfahren, welches die Allgemeingefährlichkeit begründete.

Auf eine Beschwerde wurde es wieder aufgenommen.

http://www.gustl-for-help.de/chronos.html

 

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@Holger :
Die Staatsanwaltschaft kann vorläufig eingestellte Verfahren (s. Nr. 66) der Chronologie grds. jederzeit wieder aufnehmen, falls überhaupt die Sachbeschädigungen, wegen derer am 11.8.05 eingestellt wurde, identisch sind mit denen, die angeklagt wurden

Lesen Sie vielleicht auch Nr. 69 der Chronologie.

 

@Sobota:

Vermutlich haben wir einigermaßen gleichzeitig zur Bayreuth-Frage kommentiert, Ihre Ergänzung war noch nicht sichtbar, als ich angefangen habe zu schreiben.

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Exploration als Schlüssel der Begutachtung

Richtig, Herr Sobota. Und die Exploration ist deshalb unverzichtbar, weil  erstens zu den Voraussetzungen des § 63 StGB die Schuldunfähigkeit gehört. Und für deren Feststellung gilt zweitens: :

Es ist grundsätzlich nicht möglich durch eine Beobachtung in einem psychiatrischen Krankenhaus - und dauere sie auch noch so lange – Erkenntnisse über Verfassung und Befinden zu Tatzeiten zu gewinnen, die länger zurückliegen, wenn der Proband die persönliche Exploration verweigert.

Es gibt keinen Weg, Erkenntnisse über das Erleben eines Menschen zu gewin­nen, wenn er die Mitwirkung verweigert. Daher ist es nicht nur aus rechtlicher Sicht ein verbotener Weg, er ist auch aus forensisch-psychopathologischer Sicht unmöglich. Sofern schriftliche Aufzeichnungen, Tagebucheinträge, Briefe über Befinden und Verfassung zu den Tatzeiten vorlägen, wäre eine Einweisung unnötig.

Es sollte eigentlich jedem einleuchten: worüber man nichts weiß, davon kann man auch nichts sagen und erst recht nicht gutachten. Fast jeder Mensch mit einem IQ >90 weiß das, nur die meisten unserer para-psychopathologischen forensischen Psychiater nicht. 

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Sehr geehrter Herr Bode,

Sie schreiben:

Sie bemerkten am 30.11.2012, es wäre noch eine Beschwerde vor dem OLG Bamberg anhängig.

Betrifft diese wieder - wie bereits 2011 geschehen - die Überprüfung und Verlängerung der Unterbringung? Und könnte dies der Grund sein, warum das Bundesverfassungsgericht seit der Erhebung der Verfassungsbeschwerde im Januar 2012 nichts von sich hören läßt (Unzulässigkeit der VerfBeschw., weil Rechtsweg  nicht erschöpft)? Dann könnte ja das BVerfG seine Entscheidung von Jahr zu Jahr ewig vor sich her schieben, oder? Das kann doch so nicht stimmen....

Merkwürdig, dass Karlsruhe gegen eine entsprechende Entscheidung des OLG Bamberg vom 10.1.2012 bereits mit Beschluss vom 4. Oktober 2012 (BVerfG 2 BvR 442/12, OLG Bamberg / LG Bayreuth,) die Aufhebung wegen Verfassungswidrigkeit verfügt hat. Mollaths Verfassungsbeschwerde ist nämlich "älter"....

Und das OLG Bamberg könnte ja, da es die Entscheidung aus Karlsruhe längst vor sich auf dem Tisch liegen haben dürfte,  die Beschwerde von Mollath "verfassungsgemäß" entscheiden...

Soweit ich aus "gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen" gehört habe, hat sich das unbenannte Rechtsmittel (Gegenvorstellung?) vor dem OLG gegen die letztjährige Überprüfungsentscheidung inzwischen erledigt.

Die Verfassungsbeschwerde wäre unzulässig, wenn der Rechtsweg nicht erschöpft ist - damit können, wie Sie richtig bemerken - nicht die regelmäßigen Überprüfungen nach § 67e StGB gemeint sein. Die rechtskräftige Entscheidung mit ihrer möglicherweise grundgesetzwidrigen Folge "Unterbringung" muss dennoch mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden können, auch wenn die weitere Unterbringung ohnehin jährlich überprüft wird. In welcher Reihenfolge das BVerfG Beschwerden "abarbeitet", weiß ich nicht. Sicherlich hängt die Reihenfolge auch von der Komplexität der Angelegenheit, dem Umfang der Akten etc. ab. Ich halte es auch für möglich, dass die derzeit angekündigten Wiederaufnahmeanträge zumindest faktisch die Dringlichkeit der Verfassungsbeschwerde beeinflussen. Aber ich bin kein Verfassungsprozessrechtler.

Ohnehin: Aus den von mir schon mehrfach genannten Gründen (insbes. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) erscheint die Freilassung Herrn Mollaths überfällig und könnte (auch ohne das BVerfG) jederzeit nach § 67d VI StGB durch das zuständige Gericht verfügt werden. Dies mag im Moment nicht wahrscheinlich erscheinen, kann aber dennoch als indirekte Folge der öffentlichen Diskussion erfolgen - es erfahren ja auch immer mehr Richter und Staatsanwälte in Bayern langsam, was ihre Kollegen da angerichtet haben und noch geschehen lassen, zum Nachteil des Ansehens der bayerischen Justiz insgesamt; auch das erzeugt einen gewissen Druck.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

Prof. Müller:

 

meinen Sie wkrklich, daß BVerfG betreibt Aktenstudien?

 

MfG Harry

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