Netter Versuch
von , veröffentlicht am 10.05.2013Er war Vater einer nichtehelichen Tochter geworden, für die er brav Kindesunterhalt zahlte.
Trotz Leistungsfähigkeit erbrachte er für die Kindesmutter jedoch keinen Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB. Die Mutter ging daraufhin zum Jobcenter und erhielt von dort für 3 Jahre Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 11.678 €.
Das Jobcenter verlangte von dem Vater - aus übergegangenem Recht der Kindesmutter - die Zahlung von Betreuungsunterhalt im Umfang der von ihm erbrachten Leistungen.
Da fiel ihm ein, dass er der Frau vor der Geburt des Kindes ein Darlehen über 12.500 € gewährt hatte, das diese noch nicht zurückgezahlt hatte. Also erklärte er die Aufrechnung.
Vergeblich.
Durch 3 Instanzen musste sich der Mann belehren lassen, dass gegen eine Unterhaltsforderung eine Aufrechnung nicht möglich ist.
Gemäß § 394 BGB findet eine Aufrechnung nicht statt, soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist. Gemäß § 850 b I Nr. 2 ZPO ist eine Unterhaltsrente eine solche nicht pfändbare Forderung.
Der BGH: Durch das Aufrechnungsverbot sollen nicht nur die wirtschaftlichen Lebensgrundlagen des Unterhaltsberechtigten, sondern auch die Sozialsysteme geschützt werden, die beim Wegfall dieser Lebensgrundlagen für das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten einzustehen hätten. Könnten sich die Träger der Grundsicherung nicht auf das Aufrechnungsverbot berufen, stünde es dem Unterhaltsverpflichteten frei, den Unterhaltsberechtigten durch Zahlungsverweigerung zur Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu zwingen, um anschließend durch Aufrechnung private Forderungen gegen den Unterhaltsberechtigten zu Lasten der Allgemeinheit beizutreiben. Dies widerspreche auch dem Grundsatz des Nachrangs von Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
BGH v. 08.05.2013 XII ZB 192/11
(unausgesprochen lässt der BGH, dass böswillige Eltern solche angeblichen Darlehen auch zum Zwecke der Schädigung der Sozialkassen erfinden könnte)
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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6 Kommentare
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<blockquote>Blockzitat</blockquote><blockquote>Blockzitat</blockquote><blockquote>Blockzitat</blockquote><blockquote>Blockzitat</blockquote><blockquote>Blockzitat</blockquote><blockquote>(unausgesprochen lässt der BGH, dass böswillige Eltern solche angeblichen Darlehen auch zum Zwecke der Schädigung der Sozialkassen erfinden könnte)</blockquote>
Warum böswillige Eltern?
Wenn dann könnten das alle Unterhaltspflichtigen versuchen, also auch Kinder die ihren Eltern Unterhalt schulden.
Ob diese Menschen dann als böswillig zu bezeichnen wären würde ich aber Stark verneinen, es werden auch keine Steuertrickser als bösswillig bzeichnet die legale Steuertricks anwenden um damit die Staatskassen zu schädigen.
Mfg
hard
klabauter kommentiert am Permanenter Link
@hard
Ein erfundenes (vulgo: nicht ausbezahltes) Darlehen wäre kein legaler "Trick" , sondern böswillig; nichts anderes hat Herr Burschel geschrieben.
tom engel kommentiert am Permanenter Link
das JC hat der KM die leistungen ausbezahlt ??? ist das ein witz ??? auf welcher rechtlichen grundlage ?
Name kommentiert am Permanenter Link
Steht doch oben: SGB II
"Die Mutter, die vom Antragsgegner zu keinem Zeitpunkt Betreuungsunterhalt verlangte, hat Leistungen nach dem SGB II - auch für das Kind - von der Antragstellerin erhalten."
http://openjur.de/u/165722.html
Benno Weiser kommentiert am Permanenter Link
@Mein Name
Aha, wenn man hier von "böswillig" reden kann, dann liegt das eher bei der Mutter: Sie hat laut dem Urteilstext einfach kurzerhand und böswillig ihre Bedürftigkeit zu Lasten der Allgemeinheit erfunden indem sie "zu keinem Zeitpunkt Betreuungsunterhalt verlangte". Sie wäre verpflichtet gewesen, im Sinne des im SGBII zugrunde liegenden Gedanken der Ausschöpfung der Selbsthilfemöglichkeiten eben vorrangig diesen angeblichen Betreuungsunterhaltsanspruch geltend zu machen. So hat sie ihr Prozessrisiko auf die Allgemeinheit übertragen und auch die Berechnung der Höhe (die nicht Urteilsgegenstand war) aus reiner Bequemlichkeit dem Staat überlassen.
Damit bringt sie den Unterhaltsschuldner um die Möglichkeit, die Höhe des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt nach zivilrechtlichen Gesichtspunkten zeitnah prüfen (zu lassen oder zu können) und er hat auch kaum Möglichkeiten die "Bewilligungspraxis" des Sozialleistungsträgers zu kontrollieren. Dass sie auf diesem Umweg ihn möglicherweise noch um die Rückzahlung der Darlehensschuld bringt, stünde auf einem extra Blatt.
Diese "weibliche" Tour hat nun also staatstragenden BGH-Segen....
Name kommentiert am Permanenter Link
@ Benno Weiser: glauben Sie ernsthaft, dass ein Gericht einen Betreuungsunterhalt festsetzt, der unter den Hartz4-Sätzen liegt, wenn festgestellt wird: "Die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners steht nicht im Streit"?
Abgesehen davon hätte das Prozessrisiko auch bei einer zivilrechtlichen Forderung an den Unterhaltspflichtigen die Allgemeinheit übernommen, u. zw. über VKH.
Der Unterhaltspflichtige ist also, was die Höhe des Unterhalts angeht, am billigsten gefahren.
Und für intelligent genug, um das Risiko einzuschätzen, einer Person ohne Einkommen und Vermögen ein Darlehen ohne Sicherheiten zu geben, halte ich ihn übrigens auch.