VG Köln: Pornosammler haben Anspruch auf Kopien vergriffener Sexfilme. – Gegen die Bundesprüfstelle!

von Prof. Dr. Marc Liesching, veröffentlicht am 26.09.2014

Das Verwaltungsgericht Köln hat mit Urteil vom 22.9.2014 (Az. 13 K 4674/13, BeckRS 2014, 56576) einem Privatsammler einen Anspruch auf die Fertigung und Herausgabe einer Kopie eines indizierten Sexfilmes gewährt.  Dieser Anspruch ergebe sich aus dem Informationsfreiheitsgesetz. Der Kläger hatte angegeben, der Sexfilm sei vergriffen und könne von ihm nicht anderweitig besorgt werden.

Das Gericht sah das auch so. Der Sexfilm sei schließlich eine „amtliche Information“ und werde „zu amtlichen Zwecken aufbewahrt“. Überdies würden neben dem Urheberrecht auch Belange des Jugendschutzes vorliegend nicht berührt, da die Abgabe der Sexfilmkopie ja an einen erwachsenen Privatsammler erfolge. Auch das Motiv des Antragstellers, möglicherweise nur seine privaten Sammlerneigungen zu befriedigen, sei unerheblich. Nachforschungen darüber, ob der Antragsteller „vertrauenswürdig“ ist oder nicht (etwa im Hinblick auf die Weitergabe oder digitalisierte Verbreitung auf youtube), habe die Bundesprüfstelle nicht anzustellen.

Ich habe die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in diesem Verfahren vertreten, erlaube mir als Prozessbevollmächtigter aber – ungeachtet des Berufungszulassungsverfahrens – eine vorläufige Bewertung im Hinblick auf die erheblichen Konsequenzen des Urteils, derer sich die entscheidende Kammer offenbar nicht bewusst war.

Ein Großteil der von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indizierten Medien sind „vergriffen“ und auf dem „Markt“ nicht mehr verfügbar. Dies betrifft insbesondere fast alle antisemitischen und NS- oder Hitler-glorifizierenden Medien, daneben aber auch pädophile Medieninhalte wie insbesondere Darstellungen Minderjähriger in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung nach § 15 Abs. 2 Nr. 4 JuSchG.

Bei Zugrundelegung der Auffassung des Gerichts sind diese Medien nun sämtlichst von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien auf Antrag rechtsextremistisch orientierter oder pädophil geneigter Antragsteller zu kopieren und auszuhändigen. Sollten indizierte Pornos, pädophil-orientierte Posendarstellungen Minderjähriger, antisemitische und NS-glorifizierende Medien vergriffen sein, böte sich für Interessierte nach dem Urteil also stets der Rückgriff auf die „Kopieranstalt“ der Bundesprüfstelle an – und dies selbstverständlich kostengünstiger als im vormaligen Handel. Siehe hierzu nunmehr auch den Bericht des Tagesspiegel.

Über diese Auswirkungen der Rechtsauffassung der Kammer finden sich keine Ausführungen in den Urteilsgründen. Da eine mündliche Verhandlung in diesem Verfahren nicht stattgefunden hat, sind mögliche Erwägungen des Gerichts, die über die Urteilsgründe hinausgehen, nicht bekannt.

UPDATE 01.10.14:
Den Volltext der Urteilsgründe finden Sie in beck-online (BeckRS 2014, 56576).

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40 Kommentare

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Einer Weitergabe nationalsozialistischer Machwerke oder kinder-/jugendpornographischer sowie gewaltverherrlichender Schriften dürfte durch das StGB in hinreichender Weise vorgebeugt werden, so daß sich das von Ihnen angedeutete Szenario nicht verwirklichen dürfte. Man denke etwa an:

§ 184a StGB (Verbot der Verbreitung gewalt- oder tierpornographischer Schriften)

- § 184b StGB (Verbot von Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften; dies gerade angesichts der aktuellen Bestrebungen, den Bereich der Strafbarkeit auszudehnen)

- § 86 StGB (Verbot des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, hier insbesond. nach § 86 Abs.1 Nr.4 StGB)

Soweit die Schriften "lediglich" indiziert sind und keine gesetzeswidrigen Inhalte enthalten, dürften sie auch an Erwachsene abgegeben werden, so daß das Argument, die Verbreitung sei per se nicht hinzunehmen, nicht greifen kann.

 

Bedenken hätte ich an anderer Stelle:

Nun ist das Informationsfreiheitsgesetz nicht gerade Kern meiner anwaltlichen Tätigkeit, es erscheint mir aber fraglich, ob das jeweilige Machwerk eine "amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung" ist. Ein indizierter Film dient doch wohl kaum amtlichen Zwecken. Amtlichen Zwecken kann m.E. allenfalls der behördliche Schriftverkehr dienen, welcher sich mit der Indizierungsentscheidung befaßt. Wird § 2 IFG so viel weiter ausgelegt?

Ergeben sich zudem keine Bedenken aus § 6 IFG (Schutz geistigen Eigentums)? Auch wenn das jeweilige Machwerk nicht (mehr?) im Handel erhältlich ist, gibt es schließlich einen Urheber, welcher wenig begeistert sein könnte, daß sein Werk nun kostenfrei bezogen werden kann.

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Sehr geehrter Herr Müller,

Ihr erster Einwand ist leider nicht zutreffend. Fast alle indizierten Medien sind unterhalb der Strafbarkeitsschwelle der §§ 86, 130, 131, 184b und 184c StGB. Dies gilt insbesondere (noch) für die Posendarstellungen Minderjähriger nach § 15 Abs. 2 Nr. 4 JuSchG, wie ich im Beitrag ausgeführt habe. Das könnte sich durch die Sexualstrafrechtsreform jetzt ändern, allerdings muss der Entwurf ja noch durch den Bundestag und die Ausschüsse; wenn man zynisch ist, könnte man im Lichte des VG Köln Urteils sagen: Ein IFG-Antrag bei der BPjM ist angesichts der Sexualstrafrechtsreform die letzte Gelegenheit, an die indizierten Posendarstellungen nach § 15 Abs. 2 Nr. 4 JuSchG zu kommen. Auch die indizierten antisemitischen und NS-glorifizierenden Inhalte liegen aufgrund subtilerer Formulierungen überwiegend noch unterhalb der straftatbestandlichen Volksverhetzung und sind nur aufgrund Jugendgefährdung indiziert. Auch solche Schriften müssten nach dem Urteil in Kopie an jeden Erwachsenen herausgegeben werden - ungeachtet seiner Motive und Hintergründe.

Ihre Bedenken hinsichtlich des Vorliegens einer amtlichen Information teile ich völlig. Dies wurde auch im Verfahren schriftsätzlich vorgetragen, jedoch vom Gericht anders gesehen. Das Urheberrecht sah die Kammer aufgrund der Annahme der Urheberrechtsschranke einer Privatkopie nach § 53 UrhG als nicht verletzt an. Dies können Sie dann dem Urteilsvolltext entnehmen, der hoffentlich bald online verfügbar sein wird.

Beste Grüße und danke für Ihren Beitrag. ML

Hm....

 

a) Gegen wen soll ich die Indizierung richten oder besser was soll mit einer Indizierung bezweckt werden?

 

b) Wo liegt der Unterschied in dem Fall im Vergleich zu der Anfrage an eine Bibliothek zum Ausleihen oder Einsehen eines indizierten Mediums?

 

Meines Wissens bedeutet eine Indizierung eben nicht, dass auch ERWACHSENEN das Medium vorzuhalten ist, sondern eine Indizierung sollte sich alleine auf den Jugenschutz beziehen, daher die Frage: Warum die Aufregung?

Aus der Sicht ist so ein Urteil zu begrüßen.....es sei natürlich man hat im Hinterkopf das man im Jugenschutz ein Mittel eines verkappten Erwachsenenschutzes sieht......und bei so Äußerungen "ungeachtet seiner  Motive und Hintergründe" klingen bei mir die Alarmglocken, eben weil es den Staat ersteinmal nichts angeht aus welchem Motiv und mit welchen Hintergründen eine erwachsene Person so ein Medium haben möchte. 

 

bombjack

 

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Heißt das, es werden Bücher und Zeitungen und Fotos und Filme indiziert (und beschlagnahmt?), obwohl sie gar nicht gegen das Strafgesetzbuch verstoßen, also nach dem Strafgesetzbuch legal wären bzw. sind?

 

Das wäre, was die grundgesetzlich geschützt Kunstfreiheit und Pressefreiheit und Meinungsfreiheit angeht, wohl durchaus bedenklich.

 

Ein Recht auf Akteneinsicht, wenn ein solches denn im konkreten Einzelfall bestünde, macht im Regelfall wohl nur dann wirklich Sinn, wenn die Akteneinsicht auch die Kenntnisnahme des konkreten Gegenstandes des Verfahrens mitumfasst.

 

Ein bloß rein privat motivierter Privatsammler, der keine historische oder rechts- oder medien- oder kunst- oder kulturhistorische Dokumentation oder Sammlung anfertigen will, und der auch nicht kuturhistorisch oder rechtswissenschaftlich oder wenigstens populärwissenschaftlich forscht, und auch nicht beabsichtigt sich politisch zu betätigen oder die Verwaltungsvorgänge politisch oder rechtlich kritisch zu bewerten oder zu kommentieren, sondern dem es ausschließlich und alleine um sein reines intimes Privatvergnügen geht, der begeht aber vielleicht Rechtsmißbrauch, wenn er ohne überhaupt irgendwelche legitimen oder billigenswerten Interessen einen Anspruch geltend macht, der letztendlich dem Steuerzahler eine Menge Geld kosten wird.

In solchen Fällen sollte der Auskunftsbegehrende zumindest die tatsächlichen Kosten der Auskunftserteilung zu tragen haben.

Dann wird sich die Zahl derartiger quasi völlig willkürlicher Auskunftsbegehren wahrscheinlich schon von alleine reduzieren.

 

  

 

 

 

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Arnold schrieb:

Ein bloß rein privat motivierter Privatsammler, der keine historische oder rechts- oder medien- oder kunst- oder kulturhistorische Dokumentation oder Sammlung anfertigen will, und der auch nicht kuturhistorisch oder rechtswissenschaftlich oder wenigstens populärwissenschaftlich forscht, und auch nicht beabsichtigt sich politisch zu betätigen oder die Verwaltungsvorgänge politisch oder rechtlich kritisch zu bewerten oder zu kommentieren, sondern dem es ausschließlich und alleine um sein reines intimes Privatvergnügen geht, der begeht aber vielleicht Rechtsmißbrauch, wenn er ohne überhaupt irgendwelche legitimen oder billigenswerten Interessen einen Anspruch geltend macht, der letztendlich dem Steuerzahler eine Menge Geld kosten wird.

Vielleicht muss sollte ich in einem Rechtsstaat aber gar keine "legitimen" und "billigenswerten" Interessen nachweisen müssen, um Medien zu sammeln und zu konsumieren. Vielleicht begeht ja der Staat Rechtsmissbrauch durch seine Strategie des Unter-den-Teppich-Kehrens, Dämonisierens und Aussperrens, die den Steuerzahler letztendlich eine Menge Geld kostet?

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Außerdem ist es ja sicherlich notwendig, das Aktenzeichen der Indizierung im Film ständig gut lesbar einzublenden, um dem Informationssuchenden die Zuordnung zum betreffenden Vorgang zu erleichtern. Beit Fotos analog als großes Wasserzeichen ...

Nur eine von vielen Möglichkeiten, die von Rahmen des IFG gedeckt sind und dennoch Sammler abschrecken. Haben Juristen denn gar keinen Einfallsreichtum?

P.S.: bei indizierten Fotos ist der Schaden für die abgebildeten Personen bereits angerichtet (falls es denn überhaupt einer war) und man muss um jeden pädophil Veranlagten froh sein, der seinen Trieb mit dem Betrachten von Fotos "managt".

Mein Name schrieb:

Außerdem ist es ja sicherlich notwendig, das Aktenzeichen der Indizierung im Film ständig gut lesbar einzublenden, um dem Informationssuchenden die Zuordnung zum betreffenden Vorgang zu erleichtern. Beit Fotos analog als großes Wasserzeichen ...


Das ist in der Theorie sicherlich ein sinnvolles vorgehen, wenn tatsächlich hier die Gefahr bestünde, dass die Bundesprüfstelle zum "on demand"-Dienst werden könnte.

Allerdings dürfte die entsprechende Bearbeitung der Filme auch nicht ganz ohne Aufwand sein.

 

Vielleicht sollte die Bundesprüfstelle die Akteneinsicht vor Ort gewähren, die Plätze für die Filmansicht kann man ja dann nach Stunden abrechnen. ;)

Begrüßenswerte, wenn auch womöglich folgenschwere Entscheidung. Ein paar Gedanken:

- Der Grund des Interesses des Antragstellers spielt keine Rolle. Das ist doch gerade der Witz der Informationsfreiheitsgesetze: Sie gewähren Jedermannsrechte. Akteneinsicht, die unter dem Vorbehalt eines "guten" Grundes steht, ist der - offen gesagt - Willkür der Behörde und gelegentlich auch Gerichte ausgesetzt. Zweck dieser Gesetzes ist es doch gerade, Transparenz zu schaffen, ohne dass sich der Bürger für die Auskunft rechtfertigen muss.

- Ob die Filme, Bilder usw. selbst dem Auskunftsanspruch unterfallen, erscheint fraglich, erscheint mir aber dann doch gegeben zu sein. Erst einmal erscheint es nicht naheliegend, jenseits der Akte über das Verfahren auch die konkreten Gegenstände des Verfahrens unter das Einsichtsrecht zu fassen. Es macht aber durchaus Sinn: Ohne die Filme selbst sind die Akten gar nicht verständlich, jedenfalls nicht bei der Prüfstelle. Würde - nur als Beispiel - jemand untersuchen wollen, wie sich die Bewertung der Prüfstelle im Lauf der Jahre verändert, könnte er das nur aus den Berichten nicht. Was 2014 als "sexuell betonte Pose" bezeichnet wird, mag etwas ganz anderes sein, als man 1974 darunter verstanden hat. Das aber ergibt sich nur aus dem Film-, Bild- und sonstigen Material.

- Wenn Material nicht strafbar, sondern lediglich indiziert ist, sehe ich kein Problem darin, es an erwachsene Antragsteller herauszugeben - auch wenn es um rechtsradikales, pornographisches oder gewaltverherrliches Material geht. Es ist nicht Sache der Verwaltung oder Rechtsprechung, Normen über die Abgabe und Werbung gegenüber Jugendlichen so auszuweiten, dass ein Akteneinsichtsrecht gegenüber Erwachsenen beschnitten wird.

- Die Rechtslage stellt den Sinn der BPJM in Frage, wie der Autor zutreffend darstellt. Ähnlich wie bei der "geleakten" BPJM-URL-Liste (s. http://www.heise.de/newsticker/meldung/BPjM-Index-jugendgefaehrdender-We...) wird der Index so von einer "Verbotsliste" zu einer "Empfehlungsliste" (die erst einmal allerdings nur Erwachsene erhalten). Dass eine (polemisch verkürzt:) "Zensurbehörde" aber durch ein Gesetz über Verwaltungstransparenz in Frage gestellt werden würde, liegt auf der Hand - trotzdem hat der Gesetzgeber das Informationsfreiheitsgesetz erlassen. Transparenz geht dann wohl Jugendschutz. Ist das etwas schlechtes? Finde ich persönlich nicht - und die Meinung des Gesetzgebers haben wir da ohnehin zu akzeptieren.

 

 

 

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Nun kam es doch zu einigen Missverständnissen in den Blog-Kommentaren. Daher zur Klarstellung: Das Sammeln von pornografischen oder sonstigen Medien sei jedem gestattet. Hiergegen wendet sich die Kritik nicht. In Frage gestellt wird lediglich, ob die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ein On-Demand-Dienst für solche vergriffenen pornographischen, NS-glorifizierenden oder pädophil-orientierten Posendarstellungen sein kann, die sie zuvor aufgrund Entscheidungen ihrer Gremien indiziert hat.

Insofern werden auch nicht Sammler sexuell-orientierter Medien mit Nazis gleichgesetzt. Allerdings gehören zu dem Index neben pornographischen Inhalten vor allem auch Posendarstellungen Minderjähriger, welche nach der Sexualstrafrechtsreform bald absolut pönalisiert sein könnten und zudem auch NS-glorifizierende und diskriminierende Medien. Nach dem Urteil des VG Köln sind auch diese Medien auf Antrag an jedermann herauszugeben.

Liesching schrieb:

In Frage gestellt wird lediglich, ob die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ein On-Demand-Dienst für solche vergriffenen pornographischen, NS-glorifizierenden oder pädophil-orientierten Posendarstellungen sein kann, die sie zuvor aufgrund Entscheidungen ihrer Gremien indiziert hat.

 

Warum nicht, wenn die Stelle diese Medien archiviert, warum soll sie diese nicht auf Anfrage herausgeben müssen (sofern die Sache kostendeckend verläuft)?

Schließlich sammlen siehe Pflichtexemplar http://de.wikipedia.org/wiki/Pflichtexemplar#Umfasste_Medien Bibliotheken auch "Schundliteratur".....was spricht dagegen wenn auch indiziertes Material von der BPjM herausgegeben werden muss? 

Liesching schrieb:

Insofern werden auch nicht Sammler sexuell-orientierter Medien mit Nazis gleichgesetzt. Allerdings gehören zu dem Index neben pornographischen Inhalten vor allem auch Posendarstellungen Minderjähriger, welche nach der Sexualstrafrechtsreform bald absolut pönalisiert sein könnten und zudem auch NS-glorifizierende und diskriminierende Medien. Nach dem Urteil des VG Köln sind auch diese Medien auf Antrag an jedermann herauszugeben.

 

a) Solange die nicht pönalisiert sind.....sind sie legal.....und solange bei  NS-glorifizierende und diskriminierende Medien keine Taten im Sinne der StgB-§ vorliegen ist auch die Verbreitung legal....daher kein Problem....

 

b) Sie schrieben in Ihrem Posting #2: [....]Auch solche Schriften müssten nach dem Urteil in Kopie an jeden Erwachsenen herausgegeben werden - ungeachtet seiner Motive und Hintergründe.[...] und das beinhaltet für mich eine gewisse u.U. moralische Wertung....

 

c) Es steht der BpjM frei ihren Bestand an indzierten Medien einer Staatsbibliothek (Nationalbibliothek) zur Verfügung zu stellen, dann ist sie ihre Sorgen um die Anfrage von Bürgen die so ein Medium sich ansehen wollen los....

 

bombjack

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Hier hat sich offensichtlich die Mandatstätigkeit auf die Neutralität ausgewirkt. Immerhin ist bei jedem staatlichen Handeln noch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung anzustellen. Die wird wohl bei der Verbreitung von Material verhindern, das die Persönlichkeitsrechte der von Ihnen genannten Personenkreise eingreift oder volksverhetzendes Potenzial hat. Und von einem On-Demand-Dienst zu sprechen ist angesichts der Serviceunfreundlichkeit und Trägheit der deutschen Behörden geradezu absurd. Außerdem gibt es ja immer noch Gebühren für derartige Anfragen.

Ich kann mich den übrigen Kommentatoren nur anschließen - endlich wirkt die Behörde mal effektiv im Dienste der Bürger! Zugang zu verwaisten Werken, das ist praktizierte Kulturförderung.

Hier noch einige Hintergrundinformationen zur Effektivität dieser Prüfstelle: https://scusiblog.org/blog/2014/09/09/neue-domain-und-alte-zensurlisten/

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Kann den Vorpostern nur zustimmen. Die Bewertung scheint hier etwas tendenziös zu sein. Wenn es bald strafbar wird, bestimmte Bilder zu verbreiten, ist es eben auch erst bald strafbar und ist noch erlaubt. Nach Eintritt des Verbotes mögen die Ermittlungsbehörden vielleicht überlegen, bei der Prüfstelle einmal nachzufragen, wer denn dort alles inzwischen verbotene Medien abgerufen hat. Aber vorher die Herausgabe zu verweigern, erscheint problematisch.

Herr Liesching, verstehen Sie bitte mich und - wie ich annehme - die anderen Poster nicht falsch: Niemand hier wird unzulässige Pornographie oder rechtsradikales Material oder deren Verbreitung schätzen. Aber das sind moralische Dünkel, kein rechtliches Verbot.

Einen Widerspruch zwischen der Aufgabe der Prüfstelle und dem Einsichtsrecht kann man eigentlich nur annehmen, wenn man den Zweck der Prüfstelle - Jugendschutz - vergisst. Gerade das ist höchst problematisch: Unter der Flagge des Jugendschutzes greift die Prüfstelle auch massiv in den Erwachsenenmarkt ein. Bereits das kann man kritisieren, den Jugendschutz lediglich als Vorwand sehen, moralisch unerwünschtes Material faktisch zu verbieten. Dem muss man nicht folgen. Keinesfalls aber sollte man sich der Gefahr aussetzen, diesem Vorwurf weiteren Vorschub zu leisten, indem man dann eben genau das tut und rein moralische Dünkel in eine rechtliche Abwägung bei einer Entscheidung gegenüber Erwachsenen einbringt. Genau das ist nicht überzeugend.

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Anders als die Bundesprüfstelle ist aber Zweck von Bibliotheken ihre Bestände öffentlich zugänglich zu machen. Ich sehe schon die Gefahr, dass Ressourcen der Behörde für sachfremde Zwecke eingesetzt werden müssen, sollte das Urteil Bestand haben. Bei Büchern besteht im Übrigen keine urheberrechtliche Problematik, da bei der Leihe keine Vervielfältigung erfolgt.
Das Auskunftsrecht auf eine Einsichtnahme vor Ort zu beschränken bringt nichts, da der Antragsteller nach § 7 Abs. 4 "Ablichtungen und Abschriften" fertigen lassen kann. Meines Erachtens widerspricht ein derartiges Auskunftsbegehren dem Zweck des Gesetzes, wonach die Teilhabe am demokratischen Prozess verbessert und Transparenz geschaffen werden soll (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 6f.). Man kann auch bezweifeln, ob im vorliegenden Fall überhaupt eine "amtliche Information" gegeben ist.

Von einer Behörde kann aber jedenfalls nicht die Weitergabe von Medien verlangt werden, die (vgl. § 15 Abs. 2 JuSchG)

- den Krieg verherrlichen,

- Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen und ein tatsächliches Geschehen   wiedergeben, ohne dass ein überwiegendes berechtigtes Interesse gerade an dieser Form der Berichterstattung vorliegt,

- besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt beinhalten, die das Geschehen beherrschen,

- Kinder oder Jugendliche in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen oder

- offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden.

Derartige Medien sind von Gesetzes wegen bemakelt.

Würde man im vorliegenden Fall den geltend gemachten Anspruch bejahen bejahen, müssten etwa auch Filmförderungsfonds und Medienanstalten (vielleicht sogar der öffentlich-rechtliche Rundfunk) bei ihnen gespeicherte Filme und Sendungen zur Verfügung stellen.

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@ Gert Lauken

Bitte um Entschuldigung, aber das müssen Sie bitte erläutern. Wo enthält § 15 Abs. 2 JuSchG ein Verbot, einem Erwachsenen irgendwelche Medien zuzusenden?

Medien unterliegen doch wohl keinem Verbreitungsverbot gegenüber Erwachsenen, nur weil sie "offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden." Allein die nach § 15 Abs. 1 JuSchG aufgelisteten Verbreitungsformen sind dann untersagt - und dazu zählt eine Einsichtnahme eines Erwachsenen nicht.

 

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@Leser: Ich denke, es wäre sehr verwunderlich, wenn öffentliche Stellen zur Weitergabe von Inhalten verpflichtet wären, die gegen die Menschenwürde verstoßen, den Krieg verherrlichen, Kinder aufreizend darstellen etc. Ihre Schlussfolgerung trifft nicht zu: Nur weil diese Inhalte für Erwachsene nicht "verboten" sind, heißt das nicht, dass eine Behörde diese Inhalte wie Videothek eine weiterbreiten sollen muss.

Das Problem ist, im IFG einen Ansatzpunkt für dieses einzig richtige und mit dem Grundgesetz (Art. 1 Abs. 1: "Die Würde des Menschen ... zu achten und zu schützen ist Aufgabe aller staatlicher Gewalt") vereinbare Verständnis zu finden. Im Zweifel muss aber das Gesetz verfassungskonform ausgelegt werden. Es ist ein Unterschied, ob der Staat die Verbereitung derartiger Inhalte duldet und seine aus den Grundrechten abgeleitete Schutzpflicht auf bestimmte Altersgruppen beschränkt oder ob er selbst dazu verpflichtet sein soll, sich durch Weitervebreitung an Verletzungen der Menschenwürde zu beteiligen.

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Gert Lauken schrieb:

@Leser: Ich denke, es wäre sehr verwunderlich, wenn öffentliche Stellen zur Weitergabe von Inhalten verpflichtet wären, die gegen die Menschenwürde verstoßen, den Krieg verherrlichen, Kinder aufreizend darstellen etc. Ihre Schlussfolgerung trifft nicht zu: Nur weil diese Inhalte für Erwachsene nicht "verboten" sind, heißt das nicht, dass eine Behörde diese Inhalte wie Videothek eine weiterbreiten sollen muss.

Das Problem ist, im IFG einen Ansatzpunkt für dieses einzig richtige und mit dem Grundgesetz (Art. 1 Abs. 1: "Die Würde des Menschen ... zu achten und zu schützen ist Aufgabe aller staatlicher Gewalt") vereinbare Verständnis zu finden. Im Zweifel muss aber das Gesetz verfassungskonform ausgelegt werden. Es ist ein Unterschied, ob der Staat die Verbereitung derartiger Inhalte duldet und seine aus den Grundrechten abgeleitete Schutzpflicht auf bestimmte Altersgruppen beschränkt oder ob er selbst dazu verpflichtet sein soll, sich durch Weitervebreitung an Verletzungen der Menschenwürde zu beteiligen.

 

 

Ähm....kennst Du das Magazin "Soldier of Fortune" http://en.wikipedia.org/wiki/Soldier_of_Fortune_(magazine) war zumindest in den 1990er Jahren indiziert....und ja ich konnte es mir als Erwachsener in der Staatsbibliothek ausleihen...

Okay...eine Bibliothek hat wie Du geschrieben hast, die Aufgabe ihre Bestände öffentlich zugänglich zu machen, nur ist eine Bibliothek keine öffentliche Stelle?

 

Ferner lege ich Dir den Art 5 GG Abs. 1 den letzten Satz ans Herz...und nein die Einschränkungen im JuschG gelten eben für Erwachsene nicht.....und zu "gegen die Menschenwürde verstoßen, den Krieg verherrlichen, Kinder aufreizend darstellen" zeigst Du mir die Urteile zu diesen Medien die ein Verbreitungsverbot beinhalten, da existieren nämlich einige im StgB die diese von Dir genannten Sachen abdecken, wie z.B. der  § 130 Volksverhetzung, § 130a Anleitung zu Straftaten und § 131 Gewaltdarstellung...d.h. fällt ein Medium nicht unter diese und andere StgB Paragraphen dann greift auch nicht die Einschränkung "Vorschriften der allgemeinen Gesetze" im Art 5 Abs. 2, eben weil bis auf das JuschG die Medien gegen keine Vorschriften verstoßen....

 

Außerdem werden die Inhalte nicht verbreitet.....sondern auf eine gezielte Abfrage einem Erwachsenen zur Verfügung gestellt....das wäre zu Vergleichen mit einem Buchhändler der explizit von einem Erwachsenen nach einem indizierten Titel gefragt wird und diesen für ihn dann bestellt.... 

 

bombjack

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Ob dies nicht eine absurde Einzelfallentscheidung bleibt, die - wenn nicht in der Revision - so doch in der nächsten Instanz wieder aufgehoben wird ? Ferner gefällt mir die - jetzt wohl juristisch gültige - Wortwahl nicht, die doch mehr verschleiert als verdeutlicht. Unter "pädophil-orientierten Posendarstellungen" fallen also auch noch-nicht-mal Pornos mit Jugendlichen, bzw. mit vielleicht sogar Volljährigen, deren Volljährigkeit vor Gericht angezweifelt wird? Auch rührend, wie sich der deutsche Gesetzgeber um die Strafbarkeit von NS Filmen bemüht, aber die Nazi Täter nicht auslieferte, noch gegen sie Anklage erhob, trotz aus dem Ausland zugeschickter Beweismittel und Bergen von Akten. Aber zurück zum Fall: Einmal wird das Informationsfreiheitsgesetz hier doch zu weit ausgelegt, zweitens kann man eine Privatkopie nur von einem erworbenen Trägermedium ziehen, welches keinen Kopierschutz hat. Vielleicht will der Urheber sein Werk gar nicht mehr verbreiten, vielleicht aber auch später nur mit Kopierschutz auf den Markt bringen, so daß hier eine Privatkopie gar nicht möglich wird.

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@ Bombjack,

über Detailkenntnisse in diesem Bereich verfüge ich in der Tat nicht. Aufgabe der Bundesprüfstelle ist es, Jugendliche zu schützen und nicht pornographische und Gewaltfilme etc. an Jugendliche rauszurücken. Selbst wenn dieses Urteil des VG Köln Bestand hätte, dann würde der Gesetzgeber eingreifen, da bin ich sicher.

Auch empfehle ich eine vollständige Lektüre des Art. 5 GG, dessen Abs. 2 lautet: "Diese Rechte finden ihre Schranken in… den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend ...“ Deswegen ist der Verweis auf das Zensurverbot in diesem Zusammenhang fehl am Platze.

Verzeihen Sie bitte, dass ich Ihre Aussage, Sie hätten „Soldier of Fortune“ in einer „Staatsbibliothek“ ausleihen können, anzweifele, denn laut Zeitschriftdatenbank wurde die Zeitschrift an keiner „Staatsbibliothek“ geführt.

 

GL

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Gert Lauken schrieb:

Verzeihen Sie bitte, dass ich Ihre Aussage, Sie hätten „Soldier of Fortune“ in einer „Staatsbibliothek“ ausleihen können, anzweifele, denn laut Zeitschriftdatenbank wurde die Zeitschrift an keiner „Staatsbibliothek“ geführt.

 

Suchen müsste man können:

 

[...]

Titel: Soldier of fortune : SOF ; the journal of professional adventurers. - Boulder, Colo. : Soldier of Fortune Magazine Nachgewiesen 11.1986 -
ISSN: 0145-6784

BAW <24> Stuttgart WLB

Bibliothek: BAW <24> Stuttgart WLB
Grundsignatur: BZ 05524
Bestand: 11.1986 - 24.1999
Bestandslücken: [N=11.1986,5-8u.10-11;17.1992;19.1994,2-7u.12;23.1998,4-5]
Fernleihe: ja

[...]

 

Man beachte den Begriff Fernleihe...und so habe ich diverse Jahrgänge in der Bibliothek meiner Heimatstadt bekommen.....

 

Ferner ein Verweis auf das Zensurverbot ist nicht fehl am Platze, eben weil der Jugendschutz Erwachsene nicht betreffen soll....

 

bombjack

 

 

 

 

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Korrektur: Natürlich muss es heißen: "Aufgabe der Bundesprüfstelle ist es, Jugendliche zu schützen und nicht pornographische und Gewaltfilme etc. an Erwachsene rauszurücken."

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Nach § 9 Abs. 3 IFG kann der Auskunftsantrag abgelehnt werden, wenn der Antragsteller die begehrte Informationen in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann.

In der Kommentarliteratur heißt es - und dies zeigt, wie absurd es wäre, hier eine Auskunftspflicht der BPjM zu bejahen -, dass die Behörde gem. § 25 VwVfG den Ast. bei der Suche nach der Information zielgerichtet und zielgenau unterstützen muss (Schoch § 9 Rn. 44). Interessant wäre es auch zu erfahren, wann eine Beschaffung pornografischer und anderer indizierter Inhalte aus allgemein zugänglichen Quellen zumutbar. Muss jetzt die BPjM, die ja nur auf Antrag tätig wird und bisher keine Marktbeobachtung betreibt, jetzt genau ermitteln, wo die indizierten Inhalte auf dem Markt erhältlich sind.

Sind wir doch einmal ganz ehrlich: Dies alles zeigt, dass der Gesetzgeber diesen nun vom VG Köln entschiedenen Fall nicht mitbedacht hat.

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@ Gert Lauken

Bei allem Respekt, aber Ihre Argumente gehen an der Diskussion vorbei. Sie vertreten, was im Gesetz Ihrer Auffassung nach stehen müsste, nicht was dort steht. Dazu können Sie ja gern eine Meinung haben - habe ich auch. Aber zur rechtlichen Beurteilung ist auf die geltenden Gesetze abzustellen, nicht auf die, wie sie der Richter/die Behörde gerne hätte.

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Hallo Bombjack, natürlich habe ich die Württembergische Landesbibliothek gefunden (wie ich das durch Verwendung der Anführungszeichen deutlich gemacht habe) und auch der Begriff Fernleihe ist mir als in diesem Bereich Tätiger bekannt. Weitere Ausführungen verkneife ich mir mal.

Soweit der Jugendschutz eingreift, liegt keine Zensur vor. Eine Zensur liegt auch nicht darin, dass eine Behörde jugendgefährdende Inhalte nicht an Erwachsene herausgibt.

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Gert Lauken schrieb:
Eine Zensur liegt auch nicht darin, dass eine Behörde jugendgefährdende Inhalte nicht an Erwachsene herausgibt.
Art. 5 GG lesen: "Jeder hat das Recht, [...] sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten."

Konkretisiert im IFG, unter das auch die BPJM fällt und das somit eine "allgemein zugängliche Quelle" ist. Die Jugendschutz-Einschränkung in Art. 5 (2) ist nicht auf Erwachsene anwendbar. Hier können nur die Einschränkungen des StGB (§§ 86a, 130f., 184a ff.) greifen; das Medium muss also einem rechtskräftig angeordneten Verbreitungsverbot bzw. Beschlagnahmebeschluss auf Grundlage der o.a. Paragraphen unterliegen.

P.S.: Wikipedia-Eintrag zu Rule 34

P.P.S.: Das Urteil als PDF

"Hallo Bombjack, natürlich habe ich die Württembergische Landesbibliothek gefunden (wie ich das durch Verwendung der Anführungszeichen deutlich gemacht habe)"

Möchten Sie jetzt Haarspalterei betreiben, ob das fragliche Magazin in einer "Staats-" oder einer "Landes-"bibliothek auszuleihen ist?

Und klicken Sie mal auf den Link, den ich Ihnen oben gepostet habe. Und jetzt sagen Sie uns bitte noch einmal, es sei unvorstellbar, dass der Staat auch Medien zur Verfügung stellt, die er nicht billigt.

So etwas ist das Alltäglichste der Welt. Auch und gerade der Unsinn wird zur Einsicht überlassen, um ihn als solchen zu entlarven. Wenn man "Mein Kampf" zur Verfügung stellt, dann doch wohl auch irgendeinen Pornofilm, den man vor zwanzig Jahren einmal als irgendwie jugendgefährdend bewertet hat.

Googlen Sie mal "Rule 34", vielleicht relativiert das die Sittenwächter-Ambitionen etwas.

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Der Vergleich zu "Mein Kampf" hinkt. Zum einen ist Ihnen gewiss bekannt, dass der Freistaat Bayern alles Erdenkliche unternimmt, um - jedenfalls auf deutschem Boden - eine Neuauflage des Werkes bis zum Ablauf der Schutzfristen zu verhindern. Zum anderen kann das in Rede stehende historische Exemplar in der Bremer Bibliothek nur vor Ort eingesehen und nicht entliehen werden. Im vom VG Köln entschiedenen Fall geht es indes darum, ob dem Antragsteller eine Kopie des Films für private Zwecke zur Verfügung gestellt und nach Hause geschickt werden muss. Im Übrigen besteht ja wohl ein Unterschied zwischen einer Bibliothek und einer "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften", zu deren Aufgabe ja schlechterdings die Weitergabe der von ihr indizierten Werke nicht gehören kann.

Auch wenn sie es nonchalant übersehen, indizierte Inhalte bedeuten eine Verletzung der Menschenwürde. Der Begriff der Jugendgefährdung orientiert sich auch an der UN-Kinderrechtskonvention, nach deren Art. 19 der Staat Kinder vor "schlechter Behandlung oder Ausbeutung einschließlich des sexuellen Missbrauchs zu schützen" hat. Damit lässt sich wohl kaum vereinbaren, wenn die BPjM Medien abgibt, die Kinder geschlechtsbetont und aufreizend darstellen (vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 4 JuSchG), und damit Kinder der Gefahr aussetzt, ungewollt zum Gegenstand sexueller Befriedigung und damit sexueller Ausbeutung zu werden. Und diese Gefahr kann eben auch dann bestehen, wenn noch kein Straftatbestand erfüllt ist.

Im Übrigen bin ich bereits oben auf den Gesetzezweck eingegangen, der maßgeblich eine Verbesserung der demokratischen Teilhabe und der Transparenz vorsieht. Dazu gehört aber nicht die Befriedigung von (obskuren oder auch nicht obskuren) Sammelleidenschaften.

Auch wenn es Sie enttäuschen wird: Die ober- oder höchstrichterliche Rechtsprechung wird dieses Urteil kippen oder der Gesetzgeber wird einschreiten.

Ihren Hinweis auf Rule 34 habe ich nicht verstanden.

2

"Auch wenn sie es nonchalant übersehen, indizierte Inhalte bedeuten eine Verletzung der Menschenwürde."

Eine weitere Diskussion auf diesem fachlichen Niveau erübrigt sich meines Erachtens.

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Zitat Gert Lauken:

"Eine Zensur liegt auch nicht darin, dass eine Behörde jugendgefährdende Inhalte nicht an Erwachsene herausgibt."

Äh, und warum verlangt der Jugendschutz, dass auch Erwachsene vor jugendgefährdendem Material geschützt werden müssen? Müsste man dann nicht auch Alkohol und Tabak für Erwachsene verbieten?

 

 

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Hier liegen doch einige Missverständnisse vor.

 

1. Behördenakten und sonstige behördliche Informationen sind natürlich keine allgemein zugänglichen Quellen. Zugänglich werden sie erst im Rahmen des IFG, sofern die Information eben gerade nicht aus allgemein zugänglichen (also aus anderen) Quellen erlangt werden kann (§ 9 III IFG). 

 

2. Die Verweigerung einer Auskunft durch eine Behörde stellt keine Zensur dar. Mit Zensur iSd Grundgesetzes sind nur vor Veröffentlichung eines Mediums ergehende Verbotsmaßnahmen gemeint, die nicht durch die in Art. 5 II GG genannten Belange gerechtfertigt sind (Stichwort: keine Vorzensur). Es stellt demnach auch keine Zensur dar, wenn der Staat bei ihm vorhandene Informationen nicht herausgibt (ob berechtigt oder unberechtigt). 

 

3. Der Staat hat gem. Art. 6 I (und eventl. Art. 2 II) GG Schutzpflichten gegenüber Kindern und Jugendlichen. Der Gesetzgeber hat eine weite Einschätzungsprärogative, wie er diese Schutzpflichten ausübt. Im Bereich der Medien wird diese staatliche Schutzpflicht durch das JuSchG und den JMStV konkretisiert.

 

Äh, und warum verlangt der Jugendschutz, dass auch Erwachsene vor jugendgefährdendem Material geschützt werden müssen?

 

Dass die Schutzpflicht gegenüber Erwachsenen nicht greift, bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass der Staat verpflichtet ist, jugendgefährdende Inhalte an Erwachsene abzugeben. Diesen Fall hat der Gesetzgeber bei Verabschiedung des IFG nicht bedacht.

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Gert Lauken schrieb:
Dass die Schutzpflicht gegenüber Erwachsenen nicht greift, bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass der Staat verpflichtet ist, jugendgefährdende Inhalte an Erwachsene abzugeben. 
Auf welcher (Rechts-)Grundlage - außer Ihrer persönlichen Meinung - basiert diese Behauptung?

Mein Name schrieb:

Gert Lauken schrieb:
Dass die Schutzpflicht gegenüber Erwachsenen nicht greift, bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass der Staat verpflichtet ist, jugendgefährdende Inhalte an Erwachsene abzugeben. 
Auf welcher (Rechts-)Grundlage - außer Ihrer persönlichen Meinung - basiert diese Behauptung?

Auf der allgemein geteilten Rechtsauffassung, daß das IFG über die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG (also dem verfassungsrechtliche Minimum) hinausgeht. Andernfalls hätte es zwischen 1949 und dem Erlaß des IFG einen verfassungswidrigen Zustand gegeben.

Herr Lauken hatte auf Ihre Argumentation mit Art. 5 GG erwidert.

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Auf welcher Grundlage meine Ansicht basiert?

Ich stütze mich auf das Gesetzesverständnis eines anerkannten Anwalts, Rechtslehrers und Kommentators des Jugendschutzrechtes: Prof. Dr. Marc Liesching. Und auf die Verfassung.

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Gert Lauken schrieb:
Und auf die Verfassung.
Aus welchem GG-Artikel leiten Sie her, dass Erwachsene keinen Zugang zu jugendgefährdendem Material haben sollen? Das IFG macht hier aus gutem Grund keinen Unterschied: es wäre verfassungswidrig.

OG schrieb:
Auf der allgemein geteilten Rechtsauffassung, daß das IFG über die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG (also dem verfassungsrechtliche Minimum) hinausgeht. Andernfalls hätte es zwischen 1949 und dem Erlaß des IFG einen verfassungswidrigen Zustand gegeben.
Sie verwechseln hier Verfassungswidrigkeit mit einem Paradigmenwechsel, der in Gesellschaften üblich ist (Körperverletzung war z.B. schon immer strafbar, dennoch wird Gewalt gegen eigene Kinder erst seit ca. 35 Jahren geahndet; einen ähnlichen Wandel gibt es bei der Frage, was eine Familie ist und wer eine Ehe bzw. Lebenspartnerschaft schließen kann). Das IFG hat die Bundesbehörden vom Grundsatz her zu einer allgemein zugänglichen Quelle gemacht (§ 1 (1) S. 1 IFG) und somit den Geltungsbereich des Art. 5 GG erweitert.

Mein Name schrieb:

Aus welchem GG-Artikel leiten Sie her, dass Erwachsene keinen Zugang zu jugendgefährdendem Material haben sollen? Das IFG macht hier aus gutem Grund keinen Unterschied: es wäre verfassungswidrig.

Bitte lesen Sie meine obigen Beiträge: Natürlich dürfen Erwachsene Zugang zu jugendgefährdendem Material haben. Ich schrieb es bereits mehrfach: Das bedeutet aber nicht, dass Behörden (!) derartiges Material zur Verfügung stellen müssen. Und natürlich kann das IFG Unterschiede machen: Bereits jetzt schützt § 3 IFG besondere öffentliche Belange, bei deren Vorliegen ein Informationszugang verweigert werden kann.  Der Gesetzgeber könnte wegen Art. 6 Abs. 1 GG auch ausdrücklich bei jugendgefährdenden Inhalten (oder überhaupt Informationen ähnlicher Art, wie etwa Filme, die bei den Landesfilmfonds

Mein Name schrieb:
Das IFG hat die Bundesbehörden vom Grundsatz her zu einer allgemein zugänglichen Quelle gemacht (§ 1 (1) S. 1 IFG) und somit den Geltungsbereich des Art. 5 GG erweitert.

Diese Ansicht ist abwegig. Das  wird bereits daraus deutlich, dass § 9 Abs. 3 IFG von "allgemein zugänglichen Quellen" spricht und damit nicht bei den Behörden vorhandene Informationen meint. Das IFG erweitert im Übrigen nicht den Geltungsbereich des Art. 5 GG. Das wäre eine Verfassungsänderung, die sich nach den Vorgaben des Art. 79 GG bemisst. Man merkt, dass Sie kein Jurist sind, sorry. Ich beende deshalb auch diese Diskussion.

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Vervollständigter Satz: Der Gesetzgeber könnte wegen Art. 6 Abs. 1 GG auch ausdrücklich bei jugendgefährdenden Inhalten (oder überhaupt Informationen ähnlicher Art, wie etwa bei Filmen, die bei den Landesfilmfonds archiviert sind) einen Informationszugang ablehnen. Der für die Differenzierungierung nach Art. 3 Abs. 1 GG erforderliche sachliche Grund wäre gegeben, die Unterscheidung auch verhältnismäßig.

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