Erstaunliches aus Stuttgart
von , veröffentlicht am 29.12.2014Das OLG Stuttgart hat seiner Entscheidung vom 02.12.2014 (11 UF 173/14) folgenden amtlichen Leitsatz beigefügt:
§ 1626a BGB enthält keine gesetzliche Vermutung oder ein Leitbild dahingehend, dass die gemeinsame elterliche Sorge gegenüber der Alleinsorge vorzugswürdig ist.
Aus der Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 1626 a BGB:
Das Familiengericht überträgt den Eltern die elterliche Sorge gemeinsam, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Anders als nach der Übergangsregelung des BVerfG im Beschluss vom 21. Juli 2010 ist keine positive Feststellung erforderlich, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl entspricht. Liegen keine Gründe vor, die gegen die gemeinsame elterliche Sorge sprechen, sollen grundsätzlich beide Eltern gemeinsam sie tragen.
Dies ist das Leitbild des Entwurfs. Die danach vorgesehene nur negative Kindeswohlprüfung bringt die Überzeugung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich den Bedürfnissen des Kindes nach Beziehungen zu beiden Elternteilen entspricht und ihm verdeutlicht, dass beide Eltern gleichermaßen bereit sind, für das Kind Verantwortung zu tragen (BVerfGE 107, 150 ff., 155). Es entspricht dem Kindeswohl, wenn ein Kind in dem Bewusstsein lebt, dass beide Eltern für es Verantwortung tragen, und wenn es seine Eltern in wichtigen Entscheidungen für sein Leben als gleichberechtigt erlebt. Diese Erfahrung ist aufgrund der Vorbildfunktion der Eltern wichtig und für das Kind und für seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit prägend……
Angesichts des gesetzlichen Leitbildes, das nunmehr nach Möglichkeit die in gemeinsamer Verantwortung ausgeübte Sorge beider Elternteile vorsieht, ist zu verlangen, dass konkrete Anhaltspunkte dafür dargetan werden, dass eine gemeinsame Sorge sich nachteilig auf das Kind auswirken würde.
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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4 Kommentare
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Aus der Entscheidung (Rdnr. 14 ff.):
Hans-Otto Burschel kommentiert am Permanenter Link
danke @ meine Name für das Zitat.
Das mag in dem Einzelfall ja zutreffend sein, trotzdem rechtfertigt das m.E. Nicht den Leitsatz
Gastmann kommentiert am Permanenter Link
Was ist denn ein "Leitbild"? Könnte das Gericht eine Rechtsfolge, die sich - unterstelltermaßen - mit § 1626a Abs. 2 BGB nicht tragfähig begründen ließe, auf ein in der Entwurfsbegründung behauptetes "Leitbild" stützen?
Name kommentiert am Permanenter Link
Gern geschehen.
Sehe ich auch so; der Beschluss hätte auch ohne diese unhaltbare Behauptung so ergehen können - sogar mit ausdrücklichem Hinweis auf das Leitbild. Ich kann nur vermuten, dass sich da ein Minderheitenmeiner profilieren wollte.