Betrüger des Tages
von , veröffentlicht am 28.06.2018Heute Morgen um 6:10 Uhr erhalte ich eine E-Mail von Anthony H., einem Übersetzer, einem Einzelkämpfer, der nach einer Zusammenarbeit sucht und meint:
My fields of specialization are Advertising, Agriculture, Anthropology, Aquaculture, Automotive, Banking and Financial, Bioengineering and Biomedical Engineering, Computer and Information Sciences, Computer Engineering, Computer Games and Gambling, Electronic Games, Games of Chance, Education, Environmental Science, Ethnic and Cultural Studies, Forestry, Linguistics, Literature, Medicine – Public Health Education and Promotion, Music History and Literature, Nuclear Engineering, Sport and Fitness, Tourism and Travel, Women Studies.
Hier mal diese Liste in etwas übersichtlicher Form:
- Advertising
- Agriculture
- Anthropology
- Aquaculture
- Automotive
- Banking and Financial
- Bioengineering and Biomedical Engineering
- Computer and Information Sciences
- Computer Engineering
- Computer Games and Gambling
- Electronic Games
- Games of Chance
- Education
- Environmental Science
- Ethnic and Cultural Studies
- Forestry
- Linguistics
- Literature
- Medicine
- Public Health Education and Promotion
- Music History and Literature
- Nuclear Engineering
- Sport and Fitness
- Tourism and Travel
- Women Studies
Das ist Unsinn. Kein Einzelkämpfer kann sich auf fünfundzwanzig drastisch unterschiedliche Bereiche spezialisiert haben, deren jeweilige Anfangsbuchstaben zusammen mehr als die Hälfte des Alphabets abdecken. Wer das einem glauben machen will, verlangt zu viel. Er meint nichts anderes, als dass wir uns noch in der Renaissance befänden.
Nun: Nach einer kurzen Recherche hat es sich herausgestellt, dass Anthony H. aller Wahrscheinlichkeit nach ein Betrüger ist. … Ich will nicht wissen, was diesen Menschen dazu verleitet hat, sich als Einzelkämpfer mit fünfundzwanzig unterschiedlichen Spezialisierungen auszugeben, und was ihn zu dem Irrglauben verführt hat, dass diese »Selbstdarstellung« Teil einer vernünftigen Marketing-Strategie sei – vor allem, wenn die erste seiner Spezialisierungen Advertising sein soll.
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben
11 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenGast kommentiert am Permanenter Link
Marktschreierische Werbung oder übertriebene Anpreisungen begründen keinen "Betrug".
Peter Winslow kommentiert am Permanenter Link
Sie haben wohl nicht auf das gelinkte Wort »Betrüger« geklickt? Da landet man auf einen früheren Beitrag, in dem dieser Scam etwas erläutert wird. Und wenn Sie mir nicht glauben wollen, so können Sie hier klicken:
http://www.translator-scammers.com/translator-scammers-directory.htm
Gast kommentiert am Permanenter Link
Das hilft mir bei dem hiesigen "Betrüger" nicht weiter. Ich sehe bisher nur einen "Einzelkämpfer" (das ist nichts schlimmes), der sich überqualifiziert anpreist (das ist auch nichts schlimmes). Prinzipiell schätzt sich so ziemlich jeder als mehrfach qualifizierter ein, als er tatsächlich ist, was man hier am Forum täglich vielfach beobachten kann. Das sind aber alles keine "Betrüger", sondern nur bemitleidenswerte GesellenInnen...
Peter Winslow kommentiert am Permanenter Link
Hilft es Ihnen, dass dieses Phänomen als bekannten Scam gilt oder dass die Mail-Adresse dieses Herrn bei translator scammers und andere Webseiten hinterlegt ist, und zwar als known scammer? Sie beharren nur auf den Einzelfall Ihrer Erfahrung und sehen daher den Wald vor lauter Bäume nicht.
Tim Beckhaus kommentiert am Permanenter Link
Der Kollege hat Recht. Leider wollen Sie das nicht wahrhaben.
Zum Betrug gehört die Täuschung, der darauf beruhende Irrtum, die darauf beruhende Vermögensverfügung und der stoffgleiche Vermögensschaden. Hinzu kommen muss, dass der Täter hinsichtlich aller(!) Tatbestandsmerkmale mit Vorsatz handelt.
Bei dem von Ihnen geschilderten und recht überschaubaren Sachverhalt ist doch schon fraglich, ob eine Täuschungshandlung vorliegt. Was aber ganz offensichtlich nicht der Fall ist: Ein Irrtum wurde gar nicht erregt (weil Sie nämlich ganz schön clever sind).
Ein Betrug liegt also nicht vor. Zu überlegen ist, ob ein versuchter Betrug gegeben ist. Dazu müsste der (mutmaßliche) Täter aber unmittelbar angesetzt haben. Das Schreiben und versenden einer E-Mail ist aber nur eine Vorbereitungshandlung und damit straffrei.
Sie sollten Ihr Glück also vielmehr im Zivilrecht versuchen. Tipp: Beantragen Sie gegen den "Betrüger" eine einstweilige Verfügung auf Unterlassen.
Peter Winslow kommentiert am Permanenter Link
Es ist mir wirklich nicht eingefallen, dass der Herr seinen Kommentar als Lektion im Strafrecht meint, wenn es klar ist, dass ich den Begriff hier in etwas weiterem Sinne meine: nämlich fast umgangssprachlich. Im englischen redet man hier von einem scam (siehe die obigen Links). Wenn Sie die obigen Links angeschaut haben, haben Sie auch gesehen, dass diese Versuche wie der von Anthony H. eine Art Idendity theft und phishing-Versuch darstellen. Vielleicht ist das streng genommen kein Betrug. Also:
Gerne habe ich's wahr, dass meine Verwendung des Begriffs nicht der gestezlichen Definition dieses Begriffs entspricht. So war er nicht gemeint, das sieht doch jeder. Das macht seinen Kommentar aber nicht besser. Er hat also nicht auf den Einzelfall seiner Erfahrung beharrt; das gebe ich nun als Dummheit meiner Seite zu. Er hat ledigig den Beitrag wissentlich missverstanden, und ich bin da reingefallen. Es ist nicht das erste Mal, that I've made a fool of myself. Won't be the last either, wie ich mich kenne.
Waldemar R. Kolos kommentiert am Permanenter Link
Ich habe Sie auch so verstanden, dass Sie jetzt nicht von dem rechtlich qualifizierten Betrug geredet haben, sondern vielmehr von dem, was man umgangssprachlich in etwa unter Schwindel versteht. Im Diesel-Skandal redet auch die Welt vom Betrug und niemand stört sich daran, obwohl es keineswegs gesicherte Erkenntnisse dafür gibt, dass es tatsächlich einer i.S.v. 263 StGB war.
Tim Beckhaus kommentiert am Permanenter Link
Dieselbetrug:
1. Täuschungshandlung = Implementierung manipulativer Software
2. Darauf beruhender Irrtum = Vorstellung bei Kauf des Diesel-PKW, der Wagen hätte entsprechenden niedrigeren Verbrauch
3. Vermögensverfügung = Kauf des KFZ und entpsrechende Bezahlung
4. Vermögensschaden = Diesel PKW ist deutlich weniger Wert, weil höherer Spritverbrauch, zudem Gefahr, dass PKW ungünstiger besteuert wird.
Also:
Wenn Sie so mir nichts, dir nichts zwei Sachverhalte miteinander vergleichen wollen, prüfen Sie vorab, ob sie tatsächlich miteinander vergleichbar sind.
Peter Winslow kommentiert am Permanenter Link
Auch wenn es amüsant ist, gegenseitige Herausforderungen anzugucken, habe ich mitzuteilen:
Ich bin im Urlaub und meine Frau schmipft schon jetzt mit mir, dass ich diese Kommentare lese und als Spaß bezeichne. Machen Sie's mir bitte wert und bleiben Sie bei der Sache: Also: Beweisführung (mit oder ohne Satire/Polemik) oder Schweigen.
dr.ruebenach@ar... kommentiert am Permanenter Link
Das ist eine böswillige Unterstellung! Ich habe in einem juristischen Forum darauf hingewiesen, dass Ihre juristische Beurteilung, dass ein "Betrüger des Tages" aufgereten sei, aufgrund der von Ihnen mitgeteilten Tatsachenlage unhaltbar ist (vgl. Fischer, StGB, 58. A., § 263 Rdnr. 10).
Sie sollten sich lieber mit dem Übersetzen als mit dem Verfassen juristischer Texte befassen.
Alexander Würdinger kommentiert am Permanenter Link
An der Bezeichung von Anthony H. als "Betrüger" gibt es gleich in mehrfacher Hinsicht etwas auszusetzen: Der erste Einwand gegen diese Bezeichnung liegt auf der Hand: Wir sollten doch aus der Debatte rund um die Formulierung des § 211 StGB "Mörder ist, wer ..." gelernt haben, dass man mit der Personalisierung von Vorwürfen sehr, sehr vorsichtig sein sollte. Der zweite Einwand besteht darin, dass man die "Bezeichnung als "Betrüger" leicht in dem Sinne (miss)verstehen kann, es sei die Erfüllung des Tatbestands des § 263 StGB durch Anthony H. gemeint. Spätestens an diesem Punkt wird die Verdächtigung ihrerseits sehr, sehr verdächtig.
Nein, ich denke, Anthony H. legt lediglich ein leider sehr weit verbreitetes Geschäftsgebaren an den Tag: Er ist - nach seiner Selbstdarstellung - "Spezialist" für alles und jedes. Im anwaltlichen Berufsrecht ist die (Selbst)Bezeichnung als "Spezialist" inzwischen neben dem Fachanwaltstitel prinzipiell zugelassen. Das kann man begrüßen oder verdammen. Jedenfalls hat sich die
(Selbst)Bezeichnung als "Spezialist" auf diese Weise etabliert.
Auf der anderen Seite ist es natürlich richtig, diese Art von Geschäftsgebaren (öffentlich) anzuprangern.