Experten-Studie verlangt: Keine Anwendung der Warenkaufrichtlinie auf Vieh- und Tierkauf

von Christiane Graß, veröffentlicht am 07.05.2020

 

 

Ein vom Ausschuss für Tierzucht-, Tierschutz- und Tierseuchenrecht der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht und dem Justitiariat der FN in konzertierter Aktion einberufener Expertenkreis hat sich mit den Auswirkungen der Warenkaufrichtlinie auf Vieh- und Tierkauf auseinandergesetzt. Das Ergebnis dessen Untersuchung liegt nun in einer ausführlichen Stellungnahme vor, die das Thema unter rechts-, veterinär- und agrarwissenschaftlichen Gesichtspunkten beleuchtet. Die Experten der drei Fakultäten kommen zu dem Ergebnis, dem deutschen Gesetzgeber, der die Warenkaufrichtlinie 771/2019/EU bis zum 01.07.2021 in nationales Recht umzusetzen hat, die Empfehlung zu geben, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, alle Lebewesen dem sachlichen Anwendungsbereich der Warenkaufrichtlinie zu entziehen. Die Experten verweisen darauf, dass sich diese Rechtspraxis in unserem EU-Nachbarland Frankreich bereits seit einigen Jahren insoweit bewährt hat, als im französischen Kaufrecht alle landwirtschaftlichen Nutztiere nicht dem sachlichen Anwendungsbereich der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie unterliegen. Sollte dem deutschen Gesetzgeber ein Gleichschritt mit den französischen Nachbarn nicht gelingen, wird es zwangsläufig durch die Umsetzung der Warenkaufrichtlinie zu einer weitgehenden ein- oder gar zweijährigen Garantiehaftung im Vieh- und Tierhandel kommen. Abgesehen davon, dass eine solche Fristenregelung diametral den Erkenntnissen der tiermedizinischen Wissenschaft zuwiderliefe, hätte dies nach den Befürchtungen der Experten tierschutzrechtliche Auswirkungen, weil derartige kaufrechtliche Regelungen dem Käufer zumindest die Möglichkeit einräumen, sich wie ein Fernabsatzkäufer der Verantwortung für das Tierwohl zu entziehen. Die ausführliche Stellungnahme des Expertenkreises ist in der rechtswissenschaftlichen Zeitschrift Agrar- und Umweltrecht (AUR 05/2020, S. 171-179) sowie der veterinärwissenschaftlichen Zeitschrift Deutsches Tierärzteblatt abgedruckt und kann im Übrigen auf der Internetseite des Instituts für Landwirtschaftsrecht der Georg-August-Universität Göttingen (http://www.uni-goettingen.de/de/625064.html) eingesehen werden.

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