OLG Bamberg: Zur Einzelermächtigung im gesamtvertretungsberechtigten Vorstand

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 03.07.2020

Das OLG Bamberg hat mit Beschluss vom 25. März 2020 (4 W 21/20, BeckRS 2020, 8126) entschieden, auf welche Weise einem von zwei gemeinschaftlich vertretungsbefugten Vorstandsmitgliedern für ein bestimmtes Geschäft Alleinvertretungsmacht erteilt werden kann.

Einzelermächtigung zur Besorgung einer Grundbuchangelegenheit

Gegenstand der Entscheidung ist die von einem Mitglied eines zweiköpfigen Genossenschaftsvorstands für das andere Vorstandsmitglied ausgestellte Vollmachtsurkunde. Danach sollte das ermächtigte Vorstandsmitglied befugt sein, die Gesellschaft in einer bestimmten Grundbuchsache allein zu vertreten. Allgemein waren beide Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich vertretungsbefugt.

Mitwirkung des Ermächtigten an der Ermächtigung erforderlich

Nach der Entscheidung des Senats erfüllt die Vollmachtsurkunde nicht die Voraussetzungen einer wirksamen Einzelermächtigung gemäß § 25 Abs. 3 S. 1 GenG. Danach – und nach der wortgleichen, vom Senat ausdrücklich in Bezug genommenen Parallelregelung in § 78 Abs. 3 S. 1 AktG für den AG-Vorstand – können zur Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte ermächtigen. Erteilt werden müsse diese Ermächtigung, so der Senat, durch so viele Vorstandsmitglieder, wie für eine wirksame Vertretung erforderlich sei. Auch der Ermächtigte selbst könne an der Ermächtigung mitwirken. Er müsse sogar mitwirken, wenn der Vorstand ohne ihn nicht vertretungsbefugt sei. Das gelte insbesondere, wenn der Vorstand – wie hier – nur aus zwei jeweils gesamtvertretungsbefugten Mitgliedern bestehe.

Einseitige Ermächtigung durch Co-Vorstandsmitglied nicht ausreichend

Nicht zutreffend sei dagegen die teilweise in der Literatur angestellte Erwägung, nach der die Einzelermächtigung erteilt werde, indem einzelne Vorstandsmitglieder dem Ermächtigten die ihnen jeweils zustehende Gesamtvertretungsbefugnis punktuell zur Ausübung überließen – der Ermächtigte also bereits dann ausreichend ermächtigt sei, wenn seine eigene Vertretungsmacht und für ihn einseitig erteilte Ermächtigungen zusammengenommen die Voraussetzungen der im Normalfall bestehenden Gesamtvertretungsmacht erfüllten. Nach Ansicht des Senats wäre die hier beabsichtigte Einzelermächtigung daher von beiden Vorstandsmitgliedern gemeinsam zu erteilen gewesen.

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