LAG Düsseldorf: § 17 KSchG gilt auch bei krankheitsbedingten Kündigungen

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 21.10.2021
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1689 Aufrufe

Entlässt der Arbeitgeber innerhalb von 30 Tagen eine größere Anzahl von Arbeitnehmern und überschreitet er dadurch die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG, muss er der Agentur für Arbeit vor der Kündigung eine Massenentlassungsanzeige erstatten. Anderenfalls sind die Kündigungen unwirksam. Die Anzeige ist auch dann zu erstatten, wenn die Kündigungen nicht aus betriebs-, sondern aus personenbedingten Gründen, im Streitfall: wegen häufiger Kurzerkrankungen, erklärt wird. Das hat das LAG Düsseldorf entschieden und damit die Berufung der Arbeitgeberin gegen das klagestattgebende erstinstanzliche Urteil abgewiesen.

Die Arbeitgeberin betrieb am Düsseldorfer Flughafen den Luftsicherheitsdienst (Kontrolle der Reisenden, des Gepäcks etc.). Der Krankenstand der Beschäftigten ist überdurchschnittlich hoch. Insgesamt 34 Flugsicherheitsassistenten mit besonders häufigen Kurzerkrankungen kündigte sie zwischen dem 25.11. und dem 22.12.2020. Eine Massenentlassungsanzeige erstattete sie nicht.

Die ersten Kündigungsschutzklagen der betroffenen Arbeitnehmer hatten jetzt auch zweitinstanzlich Erfolg:

Die (...) Kündigung scheitert bereits an der fehlenden Massenentlassungsanzeige. Nach dem Wortlaut, der Systematik und dem Sinn und Zweck von § 17 KSchG besteht die Anzeigepflicht gegenüber der Agentur für Arbeit auch bei krankheitsbedingten Massenentlassungen. Die ausdrückliche Anregung im Gesetzgebungsverfahrens, personen- und verhaltensbedingte Entlassungen von der Anzeigepflicht auszunehmen, hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen.

Die Revision wurde nicht zugelassen, da diese Erwägung für den Erfolg der Klage nicht allein tragend war. Die vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Anforderungen für krankheitsbedingten Kündigungen aufgrund häufiger Kurzzeiterkrankungen waren nicht erfüllt. Die konkreten Krankheitszeiten begründeten zur Überzeugung des Gerichts nicht die notwendige negative Gesundheitsprognose. Der Beklagten unzumutbare wirtschaftliche Belastungen lagen nicht vor.

LAG Düsseldorf, Urt. vom 15.10.2021 - 7 Sa 405/21, Pressemitteilung hier

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