OLG München präzisiert das Verbot der Unter-pari-Emission

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 03.10.2023

Das OLG München hat entschieden, dass ein Hauptversammlungsbeschluss vor Eintragung im Handelsregister gemäß § 241 Nr. 3 Var. 2 AktG wegen Verstoß gegen Gläubigervorschriften nichtig ist, wenn die einzubringende Sacheinlage den im Beschluss angegebenen Wert nicht aufweist (Beschluss vom 15. März 2023, 7 AktG 5/22 e)

Entscheidung im Freigabeverfahren

Streitgegenstand war ein Hauptversammlungsbeschluss, mit dem eine Sacheinlage zu einem angegebenen Wert von 15,6 Mio. Euro in Form von Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft in eine AG eingebracht werden sollte. Minderheitsaktionäre hatten die Werthaltigkeit angezweifelt und Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen erhoben. Die Gesellschaft stellte einen Freigabeantrag gemäß § 246a AktG.

Unter-pari-Emission ist Nichtigkeitsgrund

Zwar hat das Gericht im Freigabeverfahren nur zu prüfen, ob die Klagen offensichtlich unbegründet sind. Der Senat stellt jedoch grundsätzlich fest, dass bei einem Verstoß gegen das Verbot der Unter-pari-Emission des § 9 Abs. 1 AktG – vor der Eintragung – ein Nichtigkeitsgrund nach § 241 Nr. 3 Var. 2 AktG gegeben ist. Damit folgt das Gericht der überwiegenden Literaturmeinung und legt einen strengeren Maßstab an als der BGH im Jahr 1959. Damals hatte der BGH entschieden, dass eine Sacheinlageversprechen bei Überbewertung nur dann nichtig ist, „wenn ein grober, offensichtlicher Verstoß gegen gesunde, kaufmännische Grundsätze vorliegt“ (BGH, Urteil vom 16. Februar 1959, II ZR 170/57).

Kein schutzwürdiges Vollzugsinteresse

Hier war die Werthaltigkeit der Sacheinlage im Zeitpunkt des Freigabeverfahrens noch Gegenstand einer vom Registergericht beauftragten Prüfung, deren Ergebnis noch nicht vorlag. Der Senat stellt fest, dass eine Freigabeentscheidung zwar grundsätzlich auch möglich ist, wenn noch kein gerichtliches Gutachten vorliegt. Vorliegend waren aber auch keine anderen Belege wie etwa Atteste von Wirtschaftsprüfern vorgelegt worden, so dass der Senat kein schutzwürdiges Vollzugsinteresse der Gesellschaft erkennen konnte.

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