Ende der Schonzeit (Vorsicht Schleichwerbung)
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Nach dem Inkrafttreten des FamFG am 01.09.2009 war streitig, ob in Verfahren, die vor dem 01.09.2009 anhängig geworden und nach dem 01.09.2009 entschieden worden sind, altes Rechtsmittelrecht (= Berufung, einzulegen beim OLG) oder neues Rechtsmittelrecht (Beschwerde, einzulegen beim AG) anzuwenden ist. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., Einl. FamFG Rdnr. 54 und Prütting/Helms, FamFG, 2009, Art. 111 FGG-RG Rdnr. 5 vertraten die Auffassung, neues Recht sei anzuwenden.
Und so geschah es:
In einem vor dem 01.09.2009 eingeleiteten Scheidungsverfahren wurde das Verbundurteil am 03.12.2009 zugestellt. Die Berufungsfrist (§ 517 ZPO) endete somit am Montag, den 04.01.2010.
Am 29.12.2009 sandte der Bevollmächtigte des Antragstellers einen mit „Beschwerde“ überschriebenen Schriftsatz an das AG, wo er um 15.42 Uhr einging und an diesem Tage nicht mehr bearbeitet wurde.
Am Folgetag, dem 30.12.2009, verfügte die Familienrichterin die Versendung der Akte an das OLG. Dies wurde wegen des dienstfreien Silvestertages, des Neujahrstages und des anschließenden Wochenendes erst am 04.01.2010 ausgeführt. Schließlich traf die Akte am 07.01.2010 bei dem OLG ein.
Das OLG Hamm hat die Berufung mit Beschluss vom 06.05.2010 als unzulässig verworfen und den Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen.
Der Senat betrachtet den Streit spätestens mit den Entscheidungen des BGH vom 25.11.2009 (NJW 2010, 440, bespr. von Norpoth, FamFR 2010, 37) und vom 01.03.2010 (FGPrax 2010, 102) nicht nur als entschieden, sondern geht noch einen Schritt weiter: Es stelle ein anwaltliches Verschulden dar, die Berufung nicht beim OLG, sondern beim AG eingelegt zu haben.
Das Urteil des BGH vom 25.11.2009 sei ab dem 18.12.2009 in die Homepage des BGH eingestellt worden, so dass der Bevollmächtigte des Antragstellers rechtzeitig vor Fristablauf hiervon hätte Kenntnis nehmen können. Im Übrigen hätten auch Zöller und Prütting/Helms auf die Streitfrage hingewiesen. Notfalls hätte der Anwalt zweigleisig fahren müssen.
OLG Hamm, Beschluss vom 06.05.2010 - 2 UF 4/10 in FamFR 2010, 398 (mit Anmerkung von mir)