Im echten Norden wird nicht mehr gefaxt
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
"Der echte Norden" - das ist nach eigener Aussage Schleswig-Holstein. Die dortige Arbeitsgerichtsbarkeit hat bereits zum 1.1.2020 die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs eingeführt (hier im BeckBlog). Das musste jetzt eine Klägerin erfahren, die beim ArbG Lübeck erstinstanzlich unterlegen war und deren Prozessbevollmächtigter am letzten Tag der Berufungsfrist Berufung per Telefax eingelegt hatte. Das Original des Schriftsatzes erreichte das LAG Schleswig-Holstein zwei Tage später. Das Gericht hat die Berufung als unzulässig verworfen:
Seit dem 01.01.2020 gilt vor allen Schleswig-Holsteinischen Arbeitsgerichten § 46g ArbGG. Das ergibt sich aus der Landesverordnung über die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 13.12.2019 (Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig-Holstein vom 23.12.2019, Seite 782; im Folgenden: Landesverordnung). Danach können die dort genannten Personen, insbesondere also Rechtsanwälte, Syndikusrechtsanwälte und Behörden, die dort genannten Schriftsätze usw. nur noch elektronisch einreichen. Diese Pflicht betrifft auch ältere Verfahren und solche, die vom Gericht noch in Papierform geführt werden. Die Pflicht gilt auch für Parteien und Parteivertreter, die nicht aus Schleswig-Holstein kommen. Durch die Landesverordnung konnte § 46g ArbGG schon vor dem 01.01.2022 in Kraft gesetzt werden. ... § 46g ArbGG gilt nicht nur im Urteilsverfahren vor den Arbeitsgerichten, sondern auch im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht.
Da sich Letzteres aber allenfalls der Gesetzgebungsgeschichte, nicht aber dem Gesetz selbst entnehmen lässt - § 46g ArbGG steht im Unterabschnitt "Erster Rechtszug" - hat das LAG sicherheitshalber die Revisionsbeschwerde zum BAG zugelassen.
LAG Schleswig-Holstein, Beschl. vom 25.3.2020 - 6 Sa 102/20, BeckRS 2020, 10446